25. August 2021 in Prolife
„Wir wollen Sex, aber keine Kinder. Und darum ziehen wir mit den Antibabypillen, den ‚Pillen danach‘ und den Abtreibungspillen auch unsere Umwelt in Mitleidenschaft.“ Gastbeitrag von Helmut Steeb
Bad Blankenburg (kath.net) kath.net dokumentiert die schriftliche Vorlage des Vortrags von Hartmut Steeb, „Kind als Gabe“, beim Kongress des „Instituts für natürliche Empfängnisregelung“ in Bad Blankenburg am 15.8.2021 in voller Länge:
Kind als Gabe
„Kinder sind eine Gabe des Herrn und Leibesfrucht ist ein Geschenk“. Dieses programmatische Wort aus Psalm 127,3 steht wie ein Fremdkörper in unserer Gesellschaft. Nicht wenige scheinen diese Gabe als „giftiges Geschenk“ anzusehen und die „Leibesfrucht“ als Belastung. Stimmt das Wort trotzdem? Ich will meine Antworten dazu in 9 Schritten entfalten:
1. Kinder sind doch Störenfriede
Diesen Eindruck kann man in unserer „Corona-Zeit“ wirklich gewinnen. Sie wurden als Gefahr für die Alten benannt. In einem Arbeitspapier des Bundesinnenministeriums zur ausgerufenen Corona-Pandemie wurde schon früh festgehalten, dass zur Abwendung der Sorglosigkeit eine Drohkulisse für Kinder aufgebaut und man sie an ihre Verantwortung erinnern müsse: Man müsse deutlich machen: Wenn du deine Hände nicht wäschst, können deine Eltern Corona bekommen und sterben (nicht veröffentlichtes internes Arbeitspapier) Noch immer gibt es – trotz widersprechender Gutachten - die Meinung, dass gerade die Kindertagesstätten und Schulen für die Verbreitung des Virus besonders verantwortlich wären bzw. man meint, Kinder auch in die Verantwortung für die meines Erachtens fragwürdige „Herdenimmunität“ einspannen zu müssen. Ich sage darüber hinaus provozierend: Dass man inzwischen diese Einrichtungen nur noch ungern schließt, hängt leider nicht an einer veränderten wertschätzenden Sicht im Blick auf die Kinder und die von ihnen ausgehende minimale Gefährdung; sie ist vielmehr von der Notwendigkeit gesteuert, dass man Kinder nicht mehr nur in die Familien verbannen kann, weil dann die Eltern nicht mehr frei sind zur außerfamiliären Berufsausübung.
Dankenswerterweise hat die absurde Auffassung der Lehrerin Verena Brunschweiger (noch) keine Mehrheit erlangen können, dass es ein guter von jedem selbst zu bringender Beitrag gegen den Klimawandel und für das Erhalten eines erträglichen Klimas sei, keine Kinder zu gebären (https://www.focus.de/familie/kind/verfasserin-des-buches-kinderfrei-statt-kinderlos-autorin-brunschweiger-kein-baby-bekommen-der-umwelt-zuliebe_id_10417152.html). Sarkastisch wird man formulieren müssen, dass das ein sehr erfolgreiches langfristiges Konzept wäre. Spätestens in 110 Jahren werden wir dann ein viel gesünderes Klima haben, wenn auch ohne Menschen.
Kinder sind aber offenbar viel alltäglicher Störenfriede für eine ungebremste sexuelle Entfaltung. Wir wollen Sex, aber keine Kinder. Und darum ziehen wir mit den Antibabypillen, den „Pillen danach“ und den Abtreibungspillen auch unsere Umwelt in Mitleidenschaft. Denn wenn es um die persönliche Sexpraktiken geht wird der vielbeschworene „Green Deal“ schnell und dauerhaft vergessen. Ich sage provozierend: Wer seine sexuelle Lust leben will ohne die grundsätzliche Bereitschaft für Kinder, der gleicht jenen, die Fruchtbäume alleine um ihrer schönen Blüten Willen pflanzen, aber die daraus erwachsenden Früchte verrotten lassen oder vernichten.
Kinder sind störend für die Selbstverwirklichung von Frauen und Männern, die lieber anderen Berufsaufgaben nachgehen, die an ihrer Karriere arbeiten, weil das mehr Selbsterfüllung bringt. Ja, es ist heute schwer geworden, mit einem einzigen durchschnittlichen Gehalt eine Familie zu ernähren, vor allem, wenn man mithalten will: Zweitwagen, Urlaube, viel Wohnraum und noch viel mehr. Und darum gilt heute die Tendenz, gegebenenfalls vorhandene Kinder dann doch möglichst schnell und möglichst lange vom häuslichen familiären Umfeld entfernt in Kindertagesstätten und Ganztagesschulen unterzubringen. Darum lässt man sich oft auch zu gerne einreden, dass das gut für Sozialisation und die Bildung der Kinder wäre.
2. Kinder werden verzweckt
Es gibt viele gut gemeinten Slogans wie „Kinder sind unsere Zukunft“. „Gut gemeint“ ist freilich oft nicht wirklich gut. Denn wer so redet und schreibt macht bewusst oder unbewusst deutlich, dass es nicht in erster Linie um die Kinder geht, sondern um die eigene Zukunft.
Ca. 20 Jahre war ich ehrenamtlich in der kirchlichen Jugendarbeit tätig, inmitten der Großstadt Stuttgart. Einige Jahre nahm ich Elternverantwortung in der zentralsten Grundschule in Stuttgart-Mitte wahr, auch als Vorsitzender des Elternbeirats und der Schulkonferenz. Oft habe ich Eltern erlebt, die „das Beste“ für ihre Kinder wollten und sie als „Musterschüler“ überforderten und überförderten. Man konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es nicht um die Kinder und die Förderung ihrer Begabungen ging, sondern um die eigene Ehre der Eltern, entweder auf Grund ihres Standes oder auch, weil sie selbst das nicht erreichen konnten; jetzt sollten es ersatzweise ihre Kinder.
Mein ältester Sohn hat mir – ich denke, er war 13 – eine klare Lektion erteilt. Ich wollte absolut, dass er in anderen Klamotten am Sonntag zur Kirche ging als er sich ausgesucht hatte. Den heftigen Wortwechsel hat er wohl damit zu Ende gebracht, dass er sagte (sinngemäß): „Es geht dir doch gar nicht um mich. Du willst nur, dass dem Steeb sein Junger anders daher kommt. Es geht dir um dich.“ Damit will ich nicht sagen, dass man mit seinen Kindern nicht auch über angemessene Kleidung reden kann und soll. Aber was ist die Motivation zum Reden?
Sehe und beobachte ich es richtig, dass es heute bei uns eigentlich nur noch „Wunschkinder“ gibt? Kinder werden dann gewollt, für uns, für unser Leben, für unser Wohlfühlen. Und deshalb gibt es die „Konfliktschwangerschaften“ wenn sich da plötzlich ein Kind ungeplant einstellt. Und wenn das Kind nicht in die Lebensplanung passt, dann tritt oft ein Automatismus in Kraft, der am Ende in Deutschland, nach der offiziellen Statistik, jährlich 100.000 mal zum Tod führt, schon vor der Geburt. Nach den Angaben der WHO, gibt es jährlich 73 Millionen Abtreibungen weltweit, das ist mehr als alle Toten von bereits Geborenen, etwa 60 Millionen.
Und schließlich: Wir alle sind gewiss noch geschockt von den Bildern und Nachrichten der sexuellen Kindesmissbräuche in neuerer Zeit. Dass solches so lange unentdeckt laufen konnte kann man doch auch nur verstehen, dass Kinder oft übersehen werden. Zweifellos ist das auch die schlimmste Form einer „Verzweckung“ von Kindern.
3. Kinder werden gebraucht
Alles hat ja mindestens zwei Seiten: Auch wenn ich eben sagte, dass „Kinder sind unsere Zukunft“ nur „gut gemeint“ sei, stimmt die Aussage in einem größeren Sinn natürlich doch. Denn klar ist, dass es ohne Kinder auch keine menschliche Zukunft geben kann. Nur die ersten beiden Menschen, die „Prototypen“, sind nicht als Kinder geboren sondern als erwachsene Menschen von Gott selbst geschaffen worden. Seither aber wird menschliches Leben durch die Zeugung von Mann und Frau weitergegeben. Der lebendige Gott, der Schöpfer Himmels und der Erde, hat seine von ihm geschaffenen Menschen so begabt, dass Mann und Frau in ihrer geschlechtlichen Gemeinschaft, einander zugetan, zugleich in der Hochform menschlicher Freude Gottes Gebot erfüllen. Es ist der erste Satz den nach biblischem Bericht Gott zu den Menschen sagte: „Seid fruchtbar und mehret euch, füllet die Erde und machet sie euch untertan, und herrschet….“ (1. Mose 1,28). Gott hat die Welt geschaffen. Er hat die Menschen als Krone seiner Schöpfung in die Welt gesetzt. Ihnen, den Menschen, hat er den Auftrag gegeben, diese Welt zu beherrschen, zum Guten hin weiter zu entwickeln, sie zu bebauen und zu bewahren (1. Mose 2,15). Und das sollten die beiden auf Dauer nicht alleine tun, sondern dazu soll die Kraft Ihrer Liebe und Zuneigung genützt werden, um damit zugleich auch die Vermehrung und den Fortbestand der Menschheit zu gewährleisten. Kinder werden gebraucht, nicht um „unserer“ Zukunft willen, sondern weil es Gott für die Zukunft dieser Welt und seiner Schöpfung so geordnet hat. Es stimmt schon: Ohne Kinder gibt es keine Zukunft! Darum: Wer Kinder zeugt beteiligt sich an Gottes Schöpfungshandeln. Er ist gehorsam seinem Auftrag. Und es stimmt auch: Natürlicheres und Nachhaltigeres menschliches Handeln gibt es nicht, als in dieser Weise einen festen Grundstein für ein gesundes Fortbestehen zu legen.
4. Kinder sind Kinder
Kinder sind nicht einfach nur „Menschen im Werden“, die wie in einer lebendigen Baumschule auf ihre spätere Verwendung etwas gehegt und gepflegt werden. Kinder sind vollwertige Menschen ohne Wenn und Aber. Jeder Tag eines Kindes ist gleichwertig wie der Tag eines Erwachsenen. Natürlich denken Eltern und Großeltern und Verwandte öfter mal daran, was aus ihnen einmal werden wird. Aber es gilt, sie nicht in dem Bild zu sehen, das unseren Visionen entspricht, sondern sie heute, an jedem Tag, wert zu schätzen. „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Diese klassische Formulierung und Festlegung in den Grundstatuten unseres gesellschaftlichen Miteinanders (Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz) macht einerseits deutlich, wer zuallererst für die Kinder verantwortlich ist, nämlich ihre Eltern – und da dachte man damals zuerst und ganz offenbar an die natürlichen Eltern – und dass „Pflege“ und „Erziehung“ durchaus zwei Begriffe sind, die man nicht gegeneinander austauschen kann. Kinder brauchen Pflege. Jede Mutter und jeder Vater weiß das von den ersten Stunden deren Lebens, nachdem sie das Licht der Welt erblickt haben. „Pflege“ heißt, den Kindern wohlzutun, ihnen das zu geben, was sie brauchen, vom Stillen über die erste Windel bis zur Nestwärme. Natürlich hat eine gute Pflege auch schon erziehenden Charakter; sagen uns doch die Fachleute, wer nicht geliebt (und gepflegt) werde, könne später auch nicht selbst lieben. Die erfahrene Liebe wird sich widerspiegeln. Gute Pflege und gute Erziehung wird den Gaben, den Talenten, die in den Kindern vorhanden sind, Raum geben, sie sich entfalten lassen, nach allen Möglichkeiten stärken und fördern. Dabei gerät die Zukunft nicht aus dem Blick, aber es geht Tag für Tag um die Gegenwart. Wer selbst Kinder hat, der weiß darum. Der weiß auch darum, wie anstrengend ein Leben mit und für Kinder sein kann.
Meiner Frau und mir sind 10 Kinder geschenkt worden. Für sie 24 Stunden am Tag zur Verfügung zu stehen, 7 Tage und 7 Nächte in der Woche, 365 Tage im Jahr, ständig in Bereitschaft, auch im Urlaub. Da gilt kein Arbeitszeitgesetz mit maximal 10 Stunden Arbeit am Tag; da gibt es keinen garantierten Feierabend, kein Recht auf „home office“ mit der Vorstellung ungestörten Arbeitens, keinen Urlaubsanspruch, kein Krankengeld. Ist das eine Vollzeitbeschäftigung? Jedenfalls betrachte ich Menschen, die sich so vollzeitlich für Kinder einsetzen – und das sind fast immer die Mütter – als die Hochleistungsträger unserer Gesellschaft. Und der Undank der Gesellschaft gegenüber diesen Müttern, ja teilweise die Verachtung gegenüber diesem Lebensmodell, ist „himmelschreiend“. Nach meiner Beobachtung gibt es keinen anderen Berufsstand mit so vielen Herausforderungen, quantitativ und qualitativ. Dennoch ist „Hausfrau und Mutter“ kein anerkannter Beruf; er kommt in keinem Formular vor, frau gilt dann sogar als „nicht berufstätig“, obwohl die natürliche Berufung zur Mutter als Hauptberuf gerade prädestiniert ist.
Kinder sind Kinder, von Anfang bis zum Ende, von früh bis spät, rund um die Uhr. Ihnen in ihrer jeweiligen Lebensaltersstufe die Wertschätzung, Pflege, Erziehung und Unterstützung zu geben, ist die Erst-Aufgabe der Eltern und ihnen gebietet von jedermann die Wertschätzung, im Jetzt!
Und diese Wertschätzung ist uns auch von Jesus bekannt. Für die Einführung einer Altersgrenze für persönliche Audienzen bei ihm hatte er nichts übrig. „Lasset die Kinder und wehret ihnen nicht zu mir zu kommen; denn solcher ist das Reich der Himmel“ (Matthäus 19,14) war eine klare Positionierung gegenüber der sogenannten „Religionsmündigkeit“. Es gibt kein zu früh zu Jesus zu kommen. Man kann auch Kinder nicht zu früh zu ihm bringen. Er schätzt sie hochwertig ein, als Kinder!
5. Kinder sind Vorbilder
Und Jesus geht ja einen großen Schritt weiter, indem er sie geradezu als Vorbilder hinstellt, Vorbilder für den Glauben. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen“ (Matthäus 18,2.3). „Kinder und Narren sagen die Wahrheit“, sagt das alte Sprichwort. Das ist sicher einer der Gründe, weshalb Jesus uns Kinder als Vorbilder vor Augen stellt, also die Ehrlichkeit ohne „political correctness“. Gerade raus mit der Sprache. Aber gewiss auch im Hinblick auf das Urvertrauen zum Vater, in Glaubensfragen also zum himmlischen Vater. Sie trauen ihm problemlos alles zu, alles zu können, alles möglich zu machen. Sie lassen sich darum auch gerne von ihm verwöhnen, suchen gerne seine Nähe. Wenn der Vater da ist, ist alles gut. Da kann man auch die Angst abgeben, die Sorgen hinter sich lassen. Die Demut, andere um Hilfe zu bitten, gerade wenn sie merken, dass das „das kann ich selbst“ dann doch nicht zum Erfolg führt. Die absolute Freiheit, sich beschenken zu lassen, auch die Unmittelbarkeit und große Neugier sofort zu erfahren, was sich hinter den Geschenkpapieren verbirgt. Kinder leben im Hier und Heute und Jetzt. Natürlich haben sie auch Träume „Wenn ich einmal groß bin“; aber diese Lebensträume hindern sie nicht, das Jetzt auszukosten, zu leben. Viele Gründe, dass sich glaubende Menschen an Kinder ein Vorbild nehmen.
Kinder sind deshalb auch Schleifsteine für unser Leben. Sie haben ein Gespür für Echtheit und lassen falsche Motive nicht gelten. Es gehört auch zum Urerlebnis meiner Erziehungsaufgabe, als mein Ältester zu mir sagte: „Gebt euch doch nicht so viel Mühe mit der Erziehung. Wir werden sowieso nur so wie ihr!“
6. Kinder haben Würde
Ich liebe das deutsche Grundgesetz, vor allem die ersten Artikel, die dort festgelegten Grundrechte für jeden Menschen, im Kern Freiheitsrechte. Sie sind, analog zu den Apokryphen, „der Heiligen Schrift nicht gleich zu achten, aber doch wert zu lesen“ (Martin Luther). Nach der Erfahrung mit dem diktatorischen menschenverachtenden Regime des „Dritten Reiches“ mit seinen unsagbaren Praktiken der Ent-Menschlichung, hat man sehr bewusst die Frage nach dem Menschenbild obenan gestellt und lässt das Grundgesetz mit den unübertreffbaren Sätzen beginnen: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz).
Früher titelte man wegen ihres Amtes oder ihrer Herkunft herausgehobene besondere Menschen als „Würdenträger“. Aber in Wirklichkeit sind alle Menschen Würdenträger, gleichermaßen. Auch wenn die alte deutsche Sprache noch Steigerungen kannte, wie „Hochwürden“, sie haben bei aller Ehrerbietung gegenüber allen Menschen, bei aller Achtung vor den besonderen Amts- und Verantwortungsträgern, keinen Platz. Die „Würde“ kennt keine Steigerung und keine Verniedlichung. Selbst wir Schwaben, die in ihrer demütigen Haltung gerne hinter viele Worte zur Relativierung ein „le“ ansetzen: Bei Würde und würdig müssen sie kapitulieren. „Würdele“ geht nicht!
Dieses Leben voller Würde beginnt mit der Zeugung, naturwissenschaftlich gesprochen mit der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle. Danach kommt nichts mehr von außen hinzu. Das menschliche Leben beginnt von diesem Zeitpunkt an sich a l s menschliches Leben zu entwickeln, nicht z u m Menschen. Es gibt darum keinen logischen und wissenschaftlich festzulegenden Zeitpunkt der Menschwerdung danach. Auch wenn man vereinfachend bei der natürlichen Empfängnis erst vom Zeitpunkt der Einnistung in die Gebärmutter das neue Kind feststellt und diesen Zeitpunkt als Beginn bezeichnet (aus der Sicht der Mutter beginnt dann die Schwangerschaft), so weiß man aus der weit entwickelten Embryologie natürlich längst, dass der entscheidende Start des menschlichen Lebens davor liegt, eben bei der Verschmelzung. Das in einer Sternstunde des demokratischen Rechtsstaates in Deutschland, anlässlich neu aufgekommener und aufkommender medizintechnischer Möglichkeiten künstlicher Befruchtungen einstimmig im Deutschen Bundestag 1990 verabschiedete Embryonenschutzgesetz stellt folgerichtig die Schutzwürdigkeit des menschlichen Lebens auch schon vor der Einnistung fest.
Menschliches Leben erhält freilich daher seine Würde, dass es letztlich nicht das „Machwerk“ von Menschen ist und seine Entstehung nicht menschlicher Macht entspringt. Seine Würde kommt daher, dass Gott selbst den Menschen gewollt hat, geschaffen und ihn als Krone der Schöpfung über die ganze Schöpfung und alles andere Geschöpf gestellt hat (1. Mose 1,26-28). Und obwohl er dann die Menschen befähigt und beauftragt hat, wieder neue Menschen zu zeugen: Er bleibt auch darin immer selbst der Handelnde, wie es der Psalmist 139 eindrücklich feststellt: „…Du hast meine Nieren bereitet und hast mich gebildet im Mutterleib…Deine Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war…“ (Psalm 139, 13-16). Gott selbst, der Schöpfer dieser Welt, sorgt für das Entstehen jedes einzelnen Menschen, von allem Anfang an, ja vor allem Anfang. In unserem Zeitalter eines unbeschränkten Machbarkeitswahns, einer menschlichen Hybris „wir schaffen das“, ist das eine schwere Zumutung für unser Denken. Ja, Gott beteiligt Menschen am Entstehen eines neuen Menschen, eines Kindes; aber wir schaffen das eben nicht allein. Und es bleibt trotz aller Weisheit der Menschen und ärztlicher Kunst eben doch die Unsicherheit unseres eigenen Einschätzens, Wollens und Handelns bestehen. Gott schenkt das menschliche Leben. Er ist der Herr des Lebens. Deshalb gibt es aus Gottes Sicht – und wir sind eingeladen uns dieser Sicht anzuschließen – überhaupt nur Wunschkinder. Bei ihm sind alle Kinder gewollt, bejaht, geliebt. Sich diesem Ja Gottes bewusst zu sein, verleiht übrigens jedem ein von Menschen unabhängiges Selbstbewusstsein, die notwendige Identitätsstärkung. Ich bin Gottes geliebtes Kind. Und darin hat die Menschenwürde ihren Anker. Die staatliche Gemeinschaft verleiht nicht die Würde. Sie ist beauftragt, sich unmissverständlich und bedingungslos die Würde achtend und schützend in aller Ehrfurcht vor dieses Menschenleben zu stellen.
Kinder sind voll und ganz Menschen und haben darum voll und ganz die totale oder komplette Menschenwürde, unter allen Umständen, schon ab dem Moment ihres Entstehens. Die Würde der Kinder ist von nichts anderem abhängig als von der Erschaffung durch den lebendigen Gott. Ob aus unserer Sicht krank oder behindert, für ein langes oder ein kurzes Leben, ob in menschlich gesprochen schönen Verhältnissen gezeugt und in Erwartung guter Lebens- und Überlebenschancen, oder unter würdelosen Umständen und mit sehr ungewissen und vielleicht auch unschönen Prognosen: Das Kind ist immer und überall Würdenträger, selbstverständlich auch schon während der Schwangerschaft; selbst wenn die „Verkoppelung“ zwischen Ei- und Samenzelle im Labor geschieht. Und darum darf nach dem (noch) geltenden Embryonenschutzgesetz in Deutschland nicht mit dem „Rohmaterial“ gehandelt werden, weder mit Samen noch mit Eizellen. Und darum dürfen nach geltendem Recht selbst im Labor nicht mehr „Zeugungen“ stattfinden als dann auch in den Mutterleib zur Austragung der Schwangerschaft eingesetzt werden. Freilich muss hinzugefügt werden, dass dieses wohl weltbeste Embryonenschutzgesetz schon einige Male verschlechtert wurde, etwa durch den damaligen Beschluss zum „Einkauf“ von embryonalen Stammzellen für Forschungszwecke; danach durch die Erlaubnis der „Präimplantationsdiagnostik“ mit dem einzigen Nutzen, möglicherweise kranke ungeborene Kinder zu selektieren um ihre Weiterentwicklung als Mensch zu stoppen. Inzwischen geschieht das auch durch die Zulassung von Bluttests im frühen Stadium der Schwangerschaft, die ebenfalls nur Selektionszwecke erfüllen. Und es steht insgesamt für manche politische Kräfte auf der Abschussliste – lesen Sie die Wahlprogramme der etablierten Parteien - damit auch solches alles unbeschränkt möglich wird, bis hin zur Leihmutterschaft mit ihren unabsehbaren Folgen. Von George Santayana, dem spanischen Philosophen des 19. Jahrhunderts stammt ja der berühmte Satz, der meist in seiner leicht abgewandelten Form zitiert wird „Wer aus der Geschichte nichts lernt, ist dazu verdammt, sie zu wiederholen.“ Ich vermag es immer noch nicht zu fassen, dass unserem Volk dies geschehen könnte. Aus dem Holocaust und aus der Praxis der Euthanasie des verbrecherischen Regimes des Dritten Reiches sollten wir doch lernen, dass es Menschen nicht zusteht darüber zu urteilen, welches Leben lebenswert ist und welches nicht lebenswert ist. Un-Wert-Urteile sind uns untersagt. Menschenrechte gibt es nur brutto, ganz oder gar nicht. Anderen Menschen die Würde zu nehmen und sich nicht um deren Schutz zu kümmern ist menschenunwürdiges würdeloses Handeln.
Befürworter der Absicht völliger Straflosigkeit bei Abtreibungen – da kann ich Sie auch nur noch einmal bitten, die Wahlprogramme zu lesen - verweisen hauptsächlich auf das Selbstbestimmungsrecht der Frau. Aber kann das sein, dass das Recht zur Freiheit und zur freiheitlichen Gestaltung eines Lebens auf Kosten, zu Lasten eines anderen Menschen ausgeübt wird? Einen größeren Eingriff als in das Lebensrecht selbst kann es nicht geben. Natürlich haben Frauen und Männer ein weites Selbstbestimmungsrecht, auch über ihre sexuelle Lebensgestaltung. Aber sie muss gegebenenfalls vor dem Geschlechtsverkehr ausgeübt werden und nicht verspätet zu Lasten des neu gezeugten Würdenträgers.
Und wenn dieses Kind aus einem Gewaltakt heraus, einer Vergewaltigung entstanden ist? Ich scheue mich nicht, das auch anzusprechen: Ja, auch das in einer solchen Ausnahmensituation gezeugte Kind (glücklicherweise sind das nur sehr seltene Fälle, unter den abgetriebenen Kindern unter einem Prozent) hat die volle Würde. Auch dieses Kind ist Würdenträger. Sein Leben darf nicht wegen der Straftat eines Dritten vernichtet werden.
Vor einigen Jahren lernte ich Rebecca Kiessling kennen. Sie war sofort nach ihrer Geburt zur Adoption freigegeben worden. Später hat sie sich auf die Suche nach ihrer Mutter gemacht und sie auch tatsächlich gefunden. Und dann erfuhr sie ihre Geschichte: dass die Mutter mehrmals zur Abtreibung unterwegs war, weil die Schwangerschaft durch eine Vergewaltigung entstanden war; aber immer kam etwas dazwischen. Sie hat den Schock überstanden und sich beeindruckend mit der Mutter versöhnt. Wenn man ihr sagt, dass Abtreibungen im Falle von Vergewaltigungen rechtens wären, dann sieht sie darin zu recht eine furchtbare Diskriminierung ihres eigenen Lebensrechts.
Kinder sind Würdenträger, in jedem Stadium ihres Lebens. Aber der Vollständigkeit halber sei es gesagt, dass auch für die Mütter die Abtreibung wirklich keine Problemlösung ist. Sie belastet ihr Leben. In einer der großen Abtreibungsdebatten im Deutschen Bundestag 1995 hat die damalige Bundesfamilienministerin Claudia Nolte den kurzen prägnanten wahren Satz zur Abtreibung gesagt: „Das zweite Opfer ist immer die Frau!“
7. Kinder brauchen Rechte
Seit einigen Jahren gibt es intensive Bestrebungen, sich stärker für die Rechte der Kinder einzusetzen. Auch die derzeitige Bundesregierung hatte das ja in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen „Wir werden Kinderrechte im Grundgesetz ausdrücklich verankern…“ (https://www.bundesregierung.de/resource/blob/975226/847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertrag-data.pdf?download=1). Dieses Vorhaben konnte diese Regierung dann glücklicherweise doch nicht verwirklichen, weil es zu viel Uneinigkeit gab. Sie hatte freilich andererseits in ihrem Bericht für die Vereinten Nationen schon deutlich formuliert: „Diese Forderungen sind nicht rechtlicher, sondern politischer Natur“ (Fünfter und Sechster Staatenbericht zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes https://www.bmfsfj.de/blob/133732/43637e35068c28ae63a0e8db30dc5cff/20190212-fuenfter-und-sechster-staatenbericht-data.pdf). Es geht also nicht um eine Verbesserung der Rechtssituation sondern um eine politische Forderung, Kinderrechte besser darzustellen - oder doch mehr? Es ist klar, dass mit diesem Verfahren der sehr unbestimmte Rechtsbegriff des „Kindeswohls“ in Verfassungsrang erhoben werden soll. Der Begriff ist zwar schon in Gesetzen eingeführt, z.B. § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Seine Auslegung ist freilich durchaus strittig. Bisher steht die enggeführte Bestimmung des Grundgesetzes freilich darüber, wonach Kinder von ihren Eltern nur durch Gerichtsbeschluss getrennt werden dürfen, „wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen“ (Artikel 6 Absatz 3 Grundgesetz). Denn es ist das „natürliche Recht der Eltern und die ihnen zuvörderst obliegende Pflicht“ (Artikel 6 Absatz 2 Grundgesetz), für ihre Kinder zu sorgen. Die Grundfrage der Zukunft ist und wäre noch gewaltiger bei einer Grundgesetzänderung, wer eigentlich bestimmt, was dem Wohl des Kindes dient. Bei der schon lange ideologisch bestimmten Familienpolitik könnte rasch die Pflicht zum Besuch des Kindergartens oder gar der Kindertagesstätte eingeführt werden. Das wird ja unter dem behaupteten Bildungsziel „frühkindlicher Bildung“ auch ohnehin schon lange einseitig finanziell gefördert und als Regelfall platziert. Sie erfährt viel mehr öffentliche Aufmerksamkeit und materielle Unterstützung als die psychologisch für das Wohl des Kindes viel wichtigere „frühkindliche Bindung“ in den ersten Lebensjahren. Dass Artikel 7 Absatz 6 des Grundgesetzes normativ feststellt „Vorschulen bleiben aufgehoben“ ist einer der leider viel zu vielen vergessenen Grundgesetzartikel und wird durch andere Bezeichnungen einfach umgangen. So könnte die verbindliche Ausweitung des Schulbetriebs zur Ganztagesschule als Kindeswohl behauptet werden. Damit kann man dann auch leichter die mögliche außerfamiliäre Berufsarbeit beider Elternteile, etwa im Bereich der Regelungen von Unterhaltszahlungen, fordern und dann auch das Ehegattensplitting abschaffen – lesen Sie die Wahlprogramme! Zur Zeit haben wir eine scharfe Diskussion um die Corona-Impfung von Kindern. Die Ständige Impfkommission hält sie im Regelfall – mindestens bis heute - nicht für empfehlenswert, aber die Politiker werben und trommeln dafür. Würde das dem Staat dann auch leichter möglich, zu behaupten und zu bestimmen, dass die Impfungen von Kindern zum Kindeswohl gehören? Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen ist ideologiebesetzt und für die Zukunft unserer Kinder gefährlich.
Freilich stimmt es leider auch: Die Gesellschaft ist immer noch weit davon entfernt, Kinder gleich-berechtigt zu behandeln. Selbstverständlich wird ihr Verbrauch – von Lebensmitteln über Energiebezug bis zu Bahnpreisen - besteuert, wie der von Erwachsenen. Aber im Gegensatz zu jenen wird für sie noch immer kein gleich hoher Steuerfreibetrag zur Sicherung des sogenannten „Existenzminimums“ gewährt. Auch bei den Wahlen sind sie ausgeschlossen. Es gab viele Versuche, das zu ändern: Vorschlag der seit 1988 bestehenden Kinderkommission des Deutschen Bundestages; Anträge im Deutschen Bundestag 2003 mit prominenter Unterstützungen damaliger Spitzenpolitiker wie z.B. Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und zwei seiner Stellvertreter, Hermann Otto Solms und Antje Vollmer (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/015/1501544.pdf) und 2008, damals z.B. auch unterstützt vom heutigen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. In der wegen der Frage der Kinderrechte in das Grundgesetz eingesetzten Bund-Länder-Kommission wurden aber diese Fragen leider überhaupt nicht berücksichtigt; obwohl es viele prominente positive Äußerungen zu diesem Vorhaben gab, etwa der früheren Bundesfamilienministerin Renate Schmidt und früherer Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Roman Herzog und Prof. Dr. Paul Kirchhof.
Und wenn wir von Kinderrechten reden: Wer hat Kinder und Jugendliche jemals gefragt, ob sie die Tendenz weg von der Familie, Ganztagesbetreuungen und Ganztagesschulen eigentlich wollen? Den täglichen Kampf vieler Kinder gegen ihren Elternwillen in den frühen Morgenstunden kann man in der Nähe der Wohnungen und der Kindertagesstätten hören. Ich gebe offen zu, dass für mich in meinen Schuljahren das schönste Geräusch in der Schule fast immer die Glocke zum Ende der letzten Stunde am Tag gehörte.
Und was ist mit Kinderrechten vor der Geburt? Das Bundesverfassungsgericht hat im berühmten Urteil zum Schwangerschaftsabbruch 1993 sehr deutlich gemacht, dass nach unserer Verfassung auch die ungeborenen Kinder ein eigenständiges Recht auf Leben haben. Auch § 219 Absatz 1 Strafgesetzbuch stellt klar: „…Dabei muss der Frau bewusst sein, dass das Ungeborene in jedem Stadium der Schwangerschaft auch ihr gegenüber ein eigenes Recht auf Leben hat und dass deshalb nach der Rechtsordnung ein Schwangerschaftsabbruch nur in Ausnahmesituationen in Betracht kommen kann…“ Das ergibt sich auch folgerichtig aus der oben schon erläuterten hohen Wertschätzung gegenüber allen Menschen. Diese Erkenntnis ist auch nicht wirklich neu sondern entspricht seit Jahrhunderten dem glasklaren Rechtsbewusstsein. So hat z.B. das Preußische Landrecht im Jahr 1794 formuliert „§ 10: Die allgemeinen Rechte der Menschheit gebühren auch den noch ungeborenen Kindern schon von der Zeit ihrer Empfängnis.“ „§ 11: Wer für schon geborene Kinder zu sorgen schuldig ist, der hat gleiche Pflichten in Ansehung der noch im Mutterleibe befindlichen.“ Deshalb haben selbstverständlich auch ungeborene Kinder bereits das Erbrecht (§ 1923 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Und folgerichtig ist auch die Tötung ungeborener Kinder nach wie vor eine Straftat (§ 218ff Strafgesetzbuch). Die strafrechtlichen Konstruktionen, die zum Großteil zu einer Straflosigkeit dieser Straftaten führen, sind schon ein besonderes „juristisches Kunstwerk“. Ohne Beratung ist die Tötung des Kindes im Mutterleib eine Straftat; nach einer Beratung, die von staatlich lizenzierten Personen durchgeführt wird, entfällt die Strafe, obwohl die Tat die gleiche ist. Könnte man sich ähnliches im Verkehrsrecht, im Umweltschutz, im Baurecht vorstellen? Natürlich nicht. Aber wenn es nicht nur um Sachen sondern um ein Menschenleben geht, dann akzeptieren wir eine solche „Rechtswäsche“! Wenn eine Abtreibung aus Gründen geschähe, dass man das Erbe nicht mit dem ungeborenen Kind teilen will – keiner würde das wahrnehmen. Leider akzeptieren auch die evangelischen Kirchen mit ihren Beratungsstellen diese „Rechtswäsche“ (die Katholische Kirche hat es viel zu lange getan, bis endlich der Papst es ihnen verboten hat; sie haben sich dann ausklinken müssen: Darf man sagen, dass sie es gehorsam aber ohne wirkliche Überzeugung dann gelassen haben?)und ermöglichen damit straflose Tötungen von ungeborenen Kindern. Sie haben sich in dieses Verfahren einbinden lassen (und sehen offenbar keinen Ausweg trotz jährlich 100.000fachem Misslingen! Aber das Bundesverfassungsgericht sprach von „Ausnahmen“ – 100.000 Ausnahmen jährlich?).
Aber die Diskussion um Kinderrechte berührt das alles offenbar nicht. Es geht darum, nach meiner Einsicht und tiefen Überzeugung, nicht um das Leben von Kindern und deren wirklichem Wohlergehen, sondern um die sonst nur sozialistischen und diktatorischen Regimen eigenen staatlichen „Lufthoheit über die Kinderbetten“ (der heutige Kanzlerkandidat Olaf Scholz 2002 als Generalsekretär der SPD https://www.welt.de/print-wams/article122357/Lufthoheit-ueber-Kinderbetten.html), nicht um das natürliche Recht der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder. Der Staat soll bestimmen dürfen, was das Wohl der Kinder ist! Der Staat soll sich nicht mehr nur auf den Schutz der Bürger, die Organisation des gesellschaftlichen Zusammenlebens und um die allgemeine Wohlfahrt kümmern. Er will immer mehr selbst die Ziele menschlicher Entwicklung vorgeben, sieht sich selbst als Erzieher der Menschheit, schafft auch schon menschliche Schutzschilde über Menschen, die vielleicht gar nicht vor allem beschützt sein wollen; jedenfalls nicht um den Preis der Freiheit (Besuchsverbote in Krankenhäusern, Sanatorien, Altenheimen und Pflegeheimen – anscheinend müsse man eben auch die Impfunwilligen vor sich selbst schützen und zur Impfung drängen, so verlautete es in der zurückliegenden Woche aus Politikermund). Damit entfernt er sich immer mehr vom demokratischen Rechtsstaat.
8. Das Recht auf ein Kind
Im Zeitalter des „anything goes“ entwickeln sich scheinbare „Rechtsansprüche“, die es schon deshalb nicht geben kann, weil ihre Erfüllung menschliche Garantieversprechen nicht leisten können: Recht auf Gesundheit, Recht auf passendes Klima, Recht auf bedingungslose und unbeschränkte Selbstverwirklichung. Und so denken immer mehr Menschen, es gäbe auch ein Recht auf ein Kind, auch gegebenenfalls um jeden Preis. Wer selbst ein Kind will, es aber nicht bekommt, empfindet das als eine zu beseitigende Ungerechtigkeit. Natürlich dürfen Ehepaare, die offenbar in der Zeugungsfähigkeit oder in der Gebärfähigkeit eingeschränkt sind, ärztlichen Rat und ärztliche Hilfe einholen. Und hier kann oft einfach geholfen werden, durch Aufklärung, auch über natürliche Empfängnisregelung – wem sage ich das?, durch ärztliche Behandlung, mitunter auch durch kleine operative Eingriffe und besonders auch durch psychosoziale Beratung und Begleitung, z.B. auch durch Hilfe beim Abbau von Blockaden. Kennen Sie auch Menschen, die als sicher unfruchtbar bzw. zeugungsunfähig galten, sich schließlich zur Adoption eines Kindes entschieden und danach dann doch selbst schwanger wurden? Kurzum: Es gibt hierfür auch wirksame Hilfen, die noch ziemlich unbekannt sind https://www.kkle.de/fertilitycare-klinik.
Aber es gibt auch Lebensführungen hin zu einer Bejahung der Kinderlosigkeit, ein schwerer aber durch viele Beispiele unterstrichener gangbarer Weg. Viele, die diesen Weg gegangen sind, konnten – auch an Kinder und Jugendlichen – viel Segen bewirken.
Ein Recht auf ein Kind aber gibt es nicht und darf es nicht geben. Und darum können wir nur darauf hoffen, dass das in der Diskussion befindliche neue Fortpflanzungsmedizingesetz nicht Türen aufstößt, die zu einer Ent-Naturisierung von Kindern und damit Menschen führen. Natürlich ist es, dass Kinder in einer liebevollen lebenslangen Liebes- und Treuegemeinschaft von Mann und Frau gezeugt werden, in etwa 40 Wochen am behütetsten Ort, im Leib ihrer Mutter, heranwachsen, sich entwickeln und in dieser familiären Gemeinschaft aufwachsen. Kinder haben ein Recht auf ihre Eltern, auf ihre Mutter und ihren Vater. Leider kann das auch nicht garantiert werden, weil Krankheit und Tod in dieser Welt auch nicht beherrschbar sind. Aber es ist unverantwortlich, nicht natürlich, nicht schöpfungsgemäß, willkürlich um der eigenen Wünsche und Selbstverwirklichung willen Kinder zeugen zu lassen. Ein Kind braucht Vater und Mutter.
Erinnern Sie sich noch, wie zu Beginn der Corona-Pandemie die Bilder von einer Säuglingsstation in der Ukraine die Runde gemacht haben und da und dort kurzfristige Schockwirkungen erzeugten? Da standen 100 Kinderbettchen in Reih und Glied. Wegen der Reisebeschränkungen konnten die Kinder nicht abgeholt werden, obwohl sie doch bestellt waren https://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-leihmuetter-adoptivkinder-101.html. Kinder sind keine Ware, die man bestellt und zu gegebener Zeit abholt. Denn wer so denkt, möchte dann natürlich auch „Qualitätssicherung“. Man bestellt ja kein krankes oder behindertes Kind.
Es ist unmenschlich und einer humanen Gesellschaft unwürdig, wenn man sie bei „Nicht-Gefallen“ abstößt. So geschieht es aber durch die nun leider auch in Deutschland unter gewissen Bedingungen mögliche – man muss kein Prophet sein um deren Ausdehnungen vorauszusagen – Präimplantationsdiagnostik, also die Diagnose der noch außerhalb des Mutterleibes befindlichen gezeugten Kinder. Und obwohl es natürlich auch positive Folgerungen aus der pränatalen Diagnostik gibt (Diagnostik im Mutterleib während der Schwangerschaft, bis hin zu möglichen Operationen des Kindes im Mutterleib): In ganz überwiegendem Maß führen Diagnosen, die eine Krankheit oder Behinderung mehr oder weniger sicher prognostizieren zu einem Schwangerschaftsabbruch, übrigens mit Wissen aller gegen die gesetzlichen Vorgaben. Denn Schwangerschaftsabbrüche gehen nach der oben beschriebenen Beratung zwar straflos aus, aber nach der Beratungsfrist von 12 Wochen gelten solche nur als erlaubt wegen einer medizinischen Indikation (erhebliche medizinische Gefährdungslage der Mutter) und nach Vergewaltigungen. Kinder werden im Mutterleib nach Gefallen aussortiert, in anderen Ländern durchaus auch schon nach Geschlecht (die Mädchen sind dann die Verlierer). Es kann und darf kein Recht auf ein gesundes Kind geben, weder wenn die Krankheit oder Behinderung vor der Geburt festgestellt wird, noch danach. Und Kinder können sehr wohl auch nach der Geburt ernstlich erkranken, verletzt oder behindert werden. Darf ihnen denn dann das Leben genommen werden? Wenn nein – und hoffentlich bleibt es dabei - warum dann vor der Geburt?
9. Kinder sind eine Gabe
„Kinder sind eine Gabe des Herrn und Leibesfrucht ist ein Geschenk“ (Psalm 127,3). Es gehört zur besonderen Würde des Menschen, dass sie das Potential haben, neues menschliches Leben hervorzubringen, Teil am Schöpfungshandeln Gottes zu sein. Aber ob aus diesem Geschlechtsakt ein Kind hervorgeht oder nicht, steht nicht in unserer Hand. Ja, wir können Wahrscheinlichkeiten abschätzen, wir wissen um eher fruchtbare und eher unfruchtbare Tage – aber es bleibt eine große Unsicherheit. Und das ist gut so! Es ist nicht alles machbar. Und so wie kein Mensch sein eigenes Leben planen konnte und wir alle überhaupt nicht daran aktiv teilnehmen konnten sondern uns einfach im Leben vorfanden, so dürfen wir auch ein durch unser Mit-Tun gezeugtes Kind mit Freude als Geschenk Gottes empfangen. Wir können nicht alles planen. Und das Schöne ist: Wir müssen es auch nicht. Es empfiehlt sich doch auch sonst in unserem Leben, Geschenke nicht einzuplanen, nicht darauf zu warten, sondern sich einfach zu freuen, wenn sie kommen. Warum fällt uns das dann so schwer, wenn es um das größte Geschenk geht, einen neuen Menschen?
Früher haben Ärzte bei der Feststellung der Schwangerschaft als erste Worte „Herzlichen Glückwunsch“ gesagt und das war die erste Ermutigung in der Schwangerschaft! Es ist ein Zeichen der Dekadenz, dass sie heute weithin eher fragen: „War das gewollt?“ „Wollen Sie das Kind behalten und austragen?“ Wer ein Los gewinnt, wer ein Geschenk bekommt, stellt sich doch wirklich auch nicht diese Frage, ob man das jetzt wirklich annimmt. Ich plädiere für eine Wiedergewinnung der Freude an allen Kindern, die Gott schenkt. Wir sollten uns keine Sorge machen, weil wir beschenkt werden und keine Sorgen, dass uns Geschenke überfordern könnten.
Es wird viel von Geburten- und von Familienplanung geredet. Freilich machen unsere zum Teil guten medizintechnischen Errungenschaften leider auch vieles Absurde möglich, die Bestellung von Kindern, bald aus dem Katalog. Aber die Begriffe sind Nebelkerzen! Denn es geht meist nicht um eine Geburtenplanung sondern um eine Geburtenverhinderungsplanung. Natürlich hängt bei vielen diese angstbesetzte Vorstellung, aus dem Geschlechtsakt könnte ein Kind entstehen, auch damit zusammen, dass wir die guten Ordnungen Gottes für unser Zusammenleben missachten. Die geschlechtliche Gemeinschaft hat ihren biblischen Ordnungsrahmen in der lebenslangen Ehe-, Liebes- und Treuegemeinschaft. Das ergibt sich u.a. aus der glasklaren Ansage in der Schöpfungsgeschichte (1. Mose 2,24), dem Gebot diese Ehe nicht zu brechen (2. Mose 20,14) und der Erinnerung von Jesus an eben diese Gebote (Matthäus 19,3ff). Klar, wer sich außerhalb dieser guten Lebensordnungen Gottes meint sexuell betätigen zu müssen, der wird mehr Sorge vor einer Schwangerschaft und dann vor einem Kind haben. Und in unserer Welt der Selbstverwirklichungsideologie will man auch in der Ehe seine Lebensplanungen nicht durch ein Kind durchkreuzen lassen! Aber warum eigentlich nicht? Wir können doch grundsätzlich weder den morgigen Tag übersehen und davon ausgehen, dass alles so wird, wie wir uns das vornehmen (Jakobus 4,15), noch wissen wir, wie viel Lebenszeit uns überhaupt gegeben ist (Psalm 31, 15).
Wir sind aber dazu beauftragt und darum auch dazu begabt Kinder zu zeugen und den Schöpfungsauftrag sogar mit Lust zu erfüllen. Wer macht uns denn Angst vor zuviel? Ich will nur auf drei Aspekte eingehen:
1. „Jetzt passt ein Kind nicht in meine Lebensplanung!“
Gestalten wir unsere Lebensplanung ohne auf Gottes Willen und Gottes Aufträge zu achten? Biologisch und naturwissenschaftlich ist es jedenfalls auch gut, die ersten Kinder nicht erst im späteren Alter zu bekommen sondern relativ früh, also durchaus in den frühen zwanziger Jahren. Später wird die Fruchtbarkeitsrate gesenkt sein. Und überdies: Wenn man einen Körper jahrelang trainiert, keine Kinder zu bekommen, sei es mit natürlichen Mitteln oder Mithilfe von Technik oder Chemie, wundern wir uns dann, dass das der Körper irgendwann das lernt und dann, wenn wir wollen, vielleicht nicht mehr will? Jedenfalls hat die zunehmende Zeugungs- und Gebärunfähigkeit nach meiner tiefen Überzeugung auch darin eine wesentliche Ursache. Meines Wissens gibt es dazu keine wissenschaftlichen Studien. Aber das verwundert ja auch nicht: Denn wo kein wirkliches Interesse am Ergebnis liegt, wird auch nicht geforscht und werden Forschungsvorhaben nicht finanziert.
2. „Es gibt doch schon zu viel Menschen auf dieser Welt!“
Vorhin habe ich schon mal die seltsame Aussage derer beschrieben und kritisch beleuchtet, die meinen, mehr Kinder würden dem Klima schaden. Ich bin überzeugt, dass das schlichtweg falsch und eine völlig falsche Sichtweise ist. Aber die verbreitetere Sorge ist die beschränkter Ressourcen; Der Planet Erde könnte die Menschen nicht ernähren. Aber das Märchen einer Überbevölkerung ist falsch und bequem. Unabhängig von der Frage, woher wir wissen, dass die „Weltbevölkerungsuhr“ mit seinen jetzt bald 7,9 Milliarden Menschen überhaupt stimmt: Auch wenn es bald doppelt so viel wären wäre das für den Planet Erde kein Problem. Alleine im US-Bundesstaat Texas haben schon 5 Milliarden Menschen, aufgeteilt in 3-Personen-Haushalten, soviel Platz, dass sie jeweils in einstöckigen Bungalows mit 117 qm Wohnfläche und mit einem schönen Gartenanteil von 250 qm gemütlich leben könnten (zum Nachrechnen: Texas hat 695.621 qkm – pro Haushalt sind dann noch 50 qm für allgemeine Verkehrsflächen übrig). Es ist auch kein Problem die Menschen zu ernähren. Die Ressourcen reichen aus. Jetzt werden in Europa bewusst Lebensmittel nicht hergestellt und vernichtet, um die Preise hoch zu halten. Da gibt es viel Luft nach oben.
„Deutschland stirbt aus, wir klatschen Applaus“ ist eine der üblichen Parolen, die uns Gegendemonstranten beim jährlichen „Marsch für das Leben“ in Berlin https://www.bundesverband-lebensrecht.de/marsch-fuer-das-leben/ entgegenschreien. Wer meint, Deutschland könne sich die Reduktion der Deutschen erlauben, sie würden weltweit nicht gebraucht, übersieht mindestens auch eines: Wenn Deutschland in seinem Reichtum und seiner Wirtschaftskraft geschwächt wird oder sich selbst schwächt – wie das derzeit geschieht -, kann es auch weniger beitragen zum Wohl in der weiten Welt. Bisher sind wir – nach der USA – die Nation mit den zweithöchsten Geldgaben für die Entwicklungshilfe (unser kleines Land das man auf einem Globus und einer Weltkarte kaum findet). Es wäre also auch aus diesem Grund schon eine bewusste Reduzierung der Welthilfe wenn wir – aus welchen Gründen auch immer – an der weiteren niedrigen Geburtenrate festhalten. Dass wir dann – weil uns die Fachkräfte und die Arbeitskräfte fehlen – die Elite aus ärmeren Ländern mit unseren hohen Gehältern und gutem Lebensstandard zu uns holen https://fachkraefteeinwanderungsgesetz.de/ ist ein freches Höchstmaß an nationalem Egoismus. Wir greifen die besten Früchte der Entwicklungshilfe für unsere Zwecke ab! Das ist Kolonialisierungspolitik mit umgekehrtem Vorzeichen. Und kaum einer bemerkt diesen unmenschlichen Wahnsinn. Wir holen diesmal nicht die Bodenschätze sondern die best-gebildetsten Menschen, die dort so sehr gebraucht werden.
In den letzten 17 Monaten erlebten wir, zu welchem Mitteleinsatz die westliche Welt gewillt ist (auch wenn sie sich dabei selbst überfordert), wenn es scheinbar um ihre eigene Gesundheit geht und die Vermeidung von Sterbefällen (Die Sterberate der an/mit/wegen Covid 19 Verstorbenen in Deutschland liegt bei 5,85% aller Sterbefälle!). Mit einem viel geringeren Einsatz könnten wir für die Ernährung aller Menschen auf dieser Welt aufkommen, in Schulbildung aller Menschen investieren, Wirtschaftsförderung weltweit betreiben, Fluchtursachen wirksam bekämpfen. Aber es scheint der westlichen Welt bequemer zu sein, „Geburtenverhinderungsplanungsinstrumente“ weltweit zu verbreiten und für „reproduktiven Rechte“ (dieser schöne Begriff umfasst auch tod-„sichere“ Schwangerschaftsabbrüche) einzutreten.
3. Angst vor Überforderung: Ja, viele fühlen sich schon beim Gedanken an mehr Kinder überfordert. Wenn Kinder zu haben und ein Leben lang zu begleiten auch eine Aufgabe ist – ich bin davon überzeugt, dass uns Gott zu diesen Aufgaben, die er uns gibt, auch die Gaben schenkt, die wir dazu benötigen. Manche denken immer es müsse umgekehrt sein. Ja, wir dürfen auch unsere Gaben betrachten und schauen, welche Aufgaben wir damit erledigen können. Aber das ist eben höchstens die eine Seite. Wenn wir nicht mit Aufgaben herausgefordert werden bleiben auch viele Gaben brach liegen, weil wir sie nicht entdecken, entwickeln, benötigen.
„Seid fruchtbar und mehret euch“ ist der Schöpfungsauftrag. „Schaut zu, dass es nicht zu viele werden“ hat Gott nicht gesagt. Hat er das noch nicht überschauen können, was das mal wird in dieser Welt? Hat er zu wenige Ressourcen geschaffen? Nein, an einen solchen fehlerhaften Gott kann ich nicht glauben.
Mindestens zwei Großereignisse haben meine Sicht für Kinder als Gabe sehr wesentlich bestimmt:
1. Meine Mutter
Sie hatte 1953 fünf Kinder, als ich mich „anmeldete“ Wir hatten eine kleine 3-Zimmer-Wohnung in der Stuttgarter Stadtmitte; mein Vater als Hausmeister einer diakonischen Einrichtung ein eher kärgliches Gehalt. Ob sie erfreut war, als ihr der Arzt die Schwangerschaft bestätigte? Ich weiß es nicht. Aber ich bin so unsagbar dankbar, dass sie mich ausgetragen hat, ich das „Licht der Welt“ erblicken durfte (so wurde noch zu meiner Jugendzeit die Geburt in einem ordentlichen Lebenslauf als Beilage zu einer Bewerbung geschrieben – wieviel Weisheit steckte darin, auch vorgeburtlichen Lebens, gegenüber den rein datenmäßigen Auflistungen heutzutage!) und heute leben darf. Was wäre gewesen, damals wären Abtreibungen so leicht und fast selbstverständlich geworden wie heute? Ich würde nicht leben? Nein, ich würde leben. Meine Mutter hätte mich ausgetragen. Aber wieviele wertvolle (alle sind wertvoll!!!) Menschen fehlen uns heute und das schlimme daran ist: Keiner merkt was davon, weil die Geschenke nicht registriert werden, nur die ausgepackten.
2. Mein erster Sohn
Ich habe in meinem Leben auch manche Nacht nicht geschlafen, nicht durchgefeiert, aber durchgearbeitet. Aber in einer Nacht habe ich nicht geschlafen, obwohl ich im Bett lag und obwohl ich keine Sorgen hatte. Ich habe nicht geschlafen vor Glück und Freude. Unser erster Sohn war zur Welt gekommen, am 6. Januar, dem Erscheinungsfest. Am Vormittag war ich mit meiner Frau noch im Gottesdienst (in Baden-Württemberg ist der 6. Januar ein Feiertag). Nach dem Mittagessen ging es los und wir fuhren zur Entbindung ins Krankenhaus. Nach wenigen Stunden war ich wieder zu Hause. David war geboren. Welch ein Geschenk, welch ein Glück. Aus der liebevollen Vereinigung mit meiner Frau, aus der winzigen Samenzelle, die sich mit einer Eizelle verbunden hat, ist neues menschliches Leben entstanden. Was für ein Wunder! Was hat sich Gott alles ausgedacht bei der Erschaffung der Menschen. Da kann man nur staunen. Drei Erkenntnisse sind mir daraus geworden:
- die Hochachtung für die Mütter. Sie riskieren ihre Gesundheit und ihr Leben, sie geben sich in einen Kampf (eine Geburt ist kein Spaziergang – ich weiß das etwas, ich war immerhin zehnmal dabei) um einem neuen Menschen zum Leben zu verhelfen. Das ist die wichtigste Tätigkeit für ein Menschenleben, unersetzbar. Darum braucht es endlich die ideelle und materielle Anerkennung für diese großartige Leistung. Und ich kann verstehen, wenn Frauen das nicht ein zweites Mal erleben wollen. Darum hat das übrigens nach meiner Überzeugung Gott so geordnet, dass die Frauen die Kinder bekommen. Wir Männer würden wohl fast grundsätzlich nach einem Mal kneifen und so wäre die Menschheit längst ausgestorben.
- das Leben eines Kindes beginnt nicht mit der Geburt, so entscheidend dieser Scheitelpunkt zum „allein leben“ auch ist. Aber es ist „nur“ ein wichtiger Meilenstein. Auch danach kann das Kind noch nicht alleine leben. Es braucht Pflege und Unterstützung. Und auch bei allem Mühen: So gut wie die Mutter kann das niemand. Den Beziehungsvorsprung, den die Mutter in den ersten 40 Wochen gewonnen hat, darf man nicht aufgeben. Wenn immer möglich soll deshalb auch in den Wochen und Monate danach die Mutter die Erstbezugsperson bleiben.
- die wirklich von der Natur diesbezüglich „benachteiligten“ Väter sollen den Vorrang der Mutter akzeptieren. Sie müssen lernen – vor allem beim ersten Kind – dass ihre Frau jetzt noch einen Menschen hat, mit dem sie noch enger verbunden ist als mit ihrem Mann. Das ist kein Grund zum Neid, zum Minderwertigkeitskomplex; sondern zum frohen Bejahen der Lebenswirklichkeit. Die Ehepartnerin ist jetzt nicht nur „meine bessere Hälfte“, sie ist die Mutter meines Kindes. Das soll Männer keinen Anlass geben, sich mehr oder weniger beleidigt, zurückgesetzt, auf die faule Haut zu legen. Väter sollen die Mütter ihrer geschenkten Kinder nach Kräften unterstützen, schon während der Schwangerschaft, wenn Konflikte auftreten und sich Mütter auch verändern, ganz hinter ihnen stehen, sie stärken, ermutigen, wenn es schwer wird. Und sie sollen unbedingt bei der Geburt mit dabei sein. Sie müssen dieses Ereignis hautnah miterleben, den Kampf, die Mühe, den ersten Schrei. Das stärkt Ihre Lebenskompetenz unverzichtbar und hilft auf Dauer Mutter und Kind. Der Philosoph Alexander Mitscherlich hat schon lange den Weg zu einer „vaterlosen Gesellschaft“ beschrieben https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Mitscherlich. Die Mehrzahl der Abtreibungen geschieht nach meiner Erfahrung und Beobachtung aus der über 40-jährigen Mitarbeit in der Lebensschutzbewegung und aus vielen Begegnungen, auch nach Vorträgen, weil Männer sich ihrer Verantwortung entziehen, aus unterschiedlichen Motiven, und nicht hinter den von ihnen geschwängerten Frauen stehen. Sie wollen auch im Durchschnitt eher weniger Kinder als Frauen – obwohl sie sehr viel weniger von den Lasten zu tragen haben. So wird aus der vaterlosen Gesellschaft bald eine mutterlose Gesellschaft, dem dann eine kinderlose Gesellschaft folgt und schlussendlich eine hoffnungslose und zukunftslose Gesellschaft. In die Bildungspläne der Schulen und in die außerschulischen Angebote für Kinder und Jugendliche gehört darum nicht bevorzugt das Thema sexueller Vielfalt. Nein, Mädchen müssen wieder gelehrt werden, welche einzigartige Lebensmöglichkeit und Lebensaufgabe es ist, Mutter zu werden und was man dazu wissen muss. Und Jungen müssen erfahren, welch hohe Verantwortung sie haben für ein verantwortliches Sexualleben, für die Hochachtung der Frauen und Mütter und für das Ja zum Kind, das aus Männern Väter werden lässt. Das Ja zum Kind ist alternativlos!
Ich danke Ihnen, auch für wunderbaren Dienst, den Sie gerade in diesem Sinne seit 35 Jahren tun.
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