Das von zwei Fäden durchwobene Gewand

19. August 2021 in Aktuelles


Benedikt XVI. – Licht des Glaubens: der eine oben und der andere unten. Die Gottesliebe und die Nächstenliebe. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Donnerstag der 20. Woche im Jahreskreis: das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl. “Wir sind alle eingeladen, Tischgäste des Herrn zu sein, durch den Glauben zu seinem Festmahl zu kommen, aber wir müssen das Hochzeitskleid, die Liebe, anziehen und bewahren”.

“Jesus antwortete und erzählte ihnen ein anderes Gleichnis: Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der seinem Sohn die Hochzeit ausrichtete. Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Siehe, mein Mahl ist fertig, meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren nicht würdig. Geht also an die Kreuzungen der Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein! Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hereingekommen? Der aber blieb stumm. Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein. 14 Denn viele sind gerufen, wenige aber auserwählt” (Mt 22,1-14).

Benedikt XVI., aus der Predigt bei der Eucharistiefeier im Industriegebiet von Lamezia Terme, 9. Oktober 2011:

[…]

Die Liturgie dieses Sonntags stellt uns ein Gleichnis vor, das von einem Hochzeitsmahl spricht, zu dem viele eingeladen sind. […]

Im Evangelium spricht Jesus zu uns von der Antwort, die auf die Einladung Gottes – in der Gestalt eines Königs – zur Teilnahme an diesem Festmahl gegeben wird (vgl. Mt 22,1–14). Es sind viele eingeladen, doch es geschieht etwas Unerwartetes: sie lehnen es ab, an dem Festmahl teilzunehmen, sie haben anderes zu tun; ja, einige zeigen offen, daß sie die Einladung verschmähen. Gott ist uns gegenüber großzügig, er bietet uns seine Freundschaft, seine Gaben, seine Freude an, aber wir nehmen seine Worte oft nicht an, zeigen für andere Dinge mehr Interesse, setzen unsere materiellen Sorgen, unsere Interessen an die erste Stelle. Die Einladung des Königs trifft sogar auf feindselige, aggressive Reaktionen. Aber das schränkt seine Großzügigkeit keineswegs ein. Er läßt sich nicht entmutigen und schickt seine Diener aus, um viele andere Personen einzuladen. Die Verweigerung der zuerst Eingeladenen hat die Ausdehnung der Einladung auf alle zur Folge, auch die Ärmsten, Verlassenen und Verachteten. Die Diener holen alle zusammen, die sie finden, und der Saal füllt sich: Die Güte des Königs ist grenzenlos, und allen wird die Möglichkeit gegeben, auf seinen Anruf zu antworten. Aber es gibt eine Bedingung für das Verweilen bei diesem Hochzeitsmahl: das Anlegen des Hochzeitsgewandes.

Und als der König den Saal betritt, bemerkt er einen, der kein Hochzeitsgewand angelegt hat, und deshalb wird er vom Fest ausgeschlossen. An diesem Punkt möchte ich einen Moment innehalten und eine Frage stellen: Warum hat dieser Gast die Einladung des Königs angenommen, warum ist er in den Festsaal gekommen, warum ist ihm die Tür geöffnet worden, aber er hat nicht das Hochzeitsgewand angehabt? Was hat es mit diesem Hochzeitsgewand auf sich?

In der Abendmahlsmesse am Gründonnerstag dieses Jahres habe ich auf einen schönen Kommentar des hl. Gregor des Großen zu diesem Gleichnis Bezug genommen. Er erklärt, daß jener, der auf die Einladung Gottes zur Teilnahme an seinem Festmahl geantwortet hat, in gewisser Weise den Glauben besitzt, der ihm die Tür des Saales geöffnet hat, daß ihm aber etwas Wesentliches fehlt: das Hochzeitsgewand, das die Liebe ist.

Und der hl. Gregor fügt hinzu: »Jeder von euch, der in der Kirche den Glauben an Gott besitzt, hat bereits am Hochzeitsmahl teilgenommen, aber er kann nicht behaupten, das hochzeitliche Gewand zu besitzen« (Homilia 38,9:PL 76,1287). Und dieses Gewand ist, symbolisch gesprochen, von zwei Fäden durchwoben, der eine oben und der andere unten; die Gottesliebe und die Nächstenliebe (vgl. ebd., 10: PL 76,1288).

Wir sind alle eingeladen, Tischgäste des Herrn zu sein, durch den Glauben zu seinem Festmahl zu kommen, aber wir müssen das Hochzeitskleid, die Liebe, anziehen und bewahren, eine tiefe Gottes- und Nächstenliebe leben.

[…]


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