Die Gefahren des Gesetzes

25. August 2021 in Aktuelles


Franziskus: die Schwere Gefahr der Heuchelei. Die Heuchelei aber komme aus der Angst vor der Wahrheit. Sie bedroht den Glauben und gefährdet die Einheit der Kirche. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) “Als Kephas aber nach Antiochia gekommen war, habe ich ihm ins Angesicht widerstanden, weil er sich ins Unrecht gesetzt hatte. […] Als ich aber sah, dass sie nicht geradlinig auf die Wahrheit des Evangeliums zugingen, sagte ich zu Kephas in Gegenwart aller: Wenn du als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden lebst, wie kannst du dann die Heiden zwingen, wie Juden zu leben?” (Gal 2, 11.14).

Generalaudienz mit Pilgern und Besuchern in der Aula “Paolo VI”. Papst Franziskus setzte seine Katechesenreihe zum Brief des Apostels Paulus an die Galater fort. Der sechste Teil stand unter dem Thema: „Die Gefahren des Gesetzes”.

Der Brief an die Galater berichte von einer ziemlich überraschenden Tatsache. Paulus erzähle davon, wie er Kephas, also Petrus, vor der versammelten Gemeinde von Antiochia zurechtgewiesen hätte. Im Hintergrund sei auch hier die Frage gestanden, ob und inwieweit das alte Gesetz für die jungen Christengemeinden bindend sei. Wir würden sehen, dass mehr um das Verhältnis zwischen Gesetz und Freiheit gehe

In diesem konkreten Fall kritisiere Paulus, dass Petrus früher ohne Schwierigkeiten mit den Christen, die aus dem Heidentum gekommen seien, zu Tisch gesessen habe, obwohl dies vom Gesetz her verboten gewesen sei, dies dann aber plötzlich nicht mehr getan habe, “weil er sich vor der Kritik einiger beschnittener Christen aus Jerusalem fürchtete”.

Andere Jünger hätten Petrus darin nachgeahmt und somit sei in der Gemeinde eine Spaltung entstanden. Paulus missbillige dieses Verhalten Petri und beschuldige ihn der Heuchelei (vgl. Gal 2,13: “Und mit ihm heuchelten die anderen Juden, sodass auch Barnabas durch ihre Heuchelei mitgerissen wurde”). Unwissentlich habe Petrus durch sein Handeln eine ungerechte Spaltung in der Gemeinschaft herbeigeführt.

In der Bibel gebe es mehrere Beispiele, in denen die Heuchelei bekämpft werde. Ein schönes Beispiel sei das des alten Eleasar, der so tun sollte, als würde er Fleisch essen, das heidnischen Göttern geopfert wurde, um sein Leben zu retten. Aber der gottesfürchtige Mann habe erwidert: “Wer so alt ist wie ich, soll sich nicht verstellen. Viele junge Leute könnten sonst glauben, Eleasar sei mit seinen neunzig Jahren noch zu der fremden Lebensart übergegangen. Wenn ich jetzt heuchelte, um eine geringe, kurze Zeit länger zu leben, leitete ich sie irre, brächte meinem Alter aber Schimpf und Schande” (2 Makk 6,24-25): “Was für eine schöne Seite, über die man nachdenken kann, um von der Heuchelei wegzukommen!”.

Die Evangelien berichteten auch von mehreren Situationen, in denen Jesus diejenigen scharf zurechtweise, die nach außen hin gerecht erschienen, in ihrem Inneren aber voller Falschheit und Ungerechtigkeit seien (vgl. Mt 23,13-29).

Die Heuchelei aber komme aus der Angst vor der Wahrheit. Der Heuchler verstecke sich hinter einer Maske, weil er nicht den Mut habe, sich der Wahrheit zu stellen. Er schaffe es nicht, sein Herz offen zu zeigen und ist so auch nicht fähig zu lieben. Diese führe zu den halben Wahrheiten.

Heuchelei sei ein weit verbreitetes Phänomen – leider auch in der Kirche: “Wir sollten niemals die Worte des Herrn vergessen: ‘Eure Rede sei: Ja ja, nein nein; was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen’ (Mt 5,37). Sonst ist die Einheit der Kirche in Gefahr, die Einheit, für die der Herr gebetet hat”.

Der Heuchler sei ein Mensch, der vorgebe, schmeichle und betrüge, weil er mit einer Maske auf dem Gesicht lebe und nicht den Mut habe, sich der Wahrheit zu stellen. Deshalb sei er zu wahrer Liebe nicht fähig. Er beschränke sich auf ein Leben in Selbstsucht und habe nicht die Kraft, sein Herz offen zu zeigen.

Es gebe viele Situationen, in denen Heuchelei auftreten könne. Oft versteckt sie sich am Arbeitsplatz, wo man versuchet, freundlich zu seinen Kollegen zu sein, während der Wettbewerb dazu führe, dass man sie von hinten angreife. In der Politik gebe es nicht selten Heuchler, die eine Spaltung zwischen der öffentlichen und der privaten Sphäre erlebten.

Die Heuchelei in der Kirche sei besonders verabscheuungswürdig. Wir sollten daher niemals eben jene Worte des Herrn vergessen: “Eure Rede sei ja, ja, nein, nein”. Anders zu handeln bedeute also, die Einheit der Kirche zu gefährden.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Liebe Brüder und Schwestern deutscher Sprache, bitten wir um den Heiligen Geist, der uns hilft, das zu leben, was wir im Glauben als wahr erkannt haben. Das Evangelium ist glaubwürdig – wir Christen aber müssen uns darum bemühen, es authentisch zu bezeugen. Gott segne und beschütze euch!

 


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