Die „Spina di Borgo“, Palazzo Cesi – von der Renaissance zum Zufluchtsort für die Juden

9. September 2021 in Aktuelles


Ein Garten voller Statuen, der verschwunden ist. Die Gestalt des bedeutenden deutschen Salvatorianers Pankratius Pfeiffer. Auch eine Geschichte. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) Geschichte... Geschichten… aus der Heimat und vom Wohnort eines Publizisten. Romanitas... Die „Spina di Borgo“ war ein Gebäudekomplex, der zwischen der Engelsburg und dem Petersplatz lag. Nach dem Bau der Via Alessandrina durch Papst Alexander VI. im Vorfeld des Jubiläums von 1500 und den anschließenden Umgestaltungen, die von den Römern Borgo Nuovo genannt wurden, wurden die Gebäude des Borgo durch zwei (keilförmig zusammenlaufende) Straßen begrenzt, die Borgo Nuovo im Norden und Borgo Vecchio im Süden hießen. So entstand ein Stadtgrundriss in Form eines langgestreckten Dreiecks mit der Spitze zur Engelsburg, der aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem Rückgrat eines römischen Zirkus den Namen „Spina di Borgo“ erhielt.

Palazzo Cesi, das heutige Generalhaus der Kongregation der Salvatorianer, ist ein besonderes Schmuckstück, heute direkt an der Via della Conciliazione vor dem Petersplatz. Und er steht mit einem bedeutenden Deutschen in Verbindung.

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Die „Spina di Borgo“ und Palazzo Cesi. Von Angela Ambrogetti

Eines der architektonischen Schmuckstücke, die die Spina di Borgo einrahmten und zum Teil unter den Folgen der neuen Stadtplanung litten, ist der Palazzo Cesi. Heute befindet sich die Fassade mit Blick auf die Petersbasilika auf der linken Seite der Via della Conciliazione, kurz vor den Propyläen von Piacenza, die sie etwas erdrücken. Doch der Palazzo Cesi, ein prächtiges Beispiel für die Architektur der Renaissance, das bereits um 1600 in Büchern beschrieben wurde, birgt eine Schatztruhe der Kunst, den Garten. Die Familie Cesi hatte in ihrer Geschichte große Ländereien und auch mehrere Kardinäle gehören zur Familiengeschichte.

Der Palazzo di Borgo Vecchio und der Palazzo „in loco Ägypten“, das heißt in der Nähe des Obelisken, wurde nach dem Bau des einen Arms der Kolonnaden zerstört. Einige Fragmente sind erhalten geblieben und in einem Gebäude in der Via Paolo VI untergebracht. Der erste wurde jedoch gerettet. Heute ist es das Generalhaus der Kongregation der Salvatorianer zusammen mit einem Hotel und einem Restaurant. Die Geschichte des Palazzo di Borgo Vecchio kommt einem Roman gleich, wie dies immer für ein Gebäude mit so viel Geschichte der Fall ist. Der Palast ist die Rekonstruktion der Residenz von Kardinal Francesco Armellini, der 1528 starb. Eine Geschichte, die 1895 bei der „Gesellschaft des Göttlichen Heilandes“ angelangte.

Die wahre Entdeckung fand 1949 statt, als bei Renovierungsarbeiten an der kleinen Kirche San Lorenzo in Piscibus, die nur einen Steinwurf vom Palazzo Cesi entfernt liegt und heute zu einem der Gebäude Piacenzas gehört, ein Fragment eines Marmorreliefs gefunden wurde, das als Schachtabdeckung eines Grabes aus dem Jahr 1700 diente.

Die Studien führten zu einer Sammlung, die von Kardinal Paolo Emilio Cesi und seinem Bruder Federico in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts angelegt wurde. Er war es, der den Palast in Borgo Vecchio kaufte, und er war es, der den bekannten und nie wieder gefundenen „Garten der Skulpturen“ schuf.

Es war Ulisse Aldovrandi, der ihn Ende des 16. Jahrhunderts wie in einem richtigen Reiseführer beschrieb. Aldovrandi beschreibt den Innenhof, das erste Stockwerk und die Gemälde als auch die Statuen. Viele dieser wunderbaren Besitztümer befinden sich heute in den großen Museen Europas. Dann gibt es noch das Antiquarium und das Cenacolo, Gartenanlagen aus der Renaissance.

In den frühen 1600er Jahren wurde Peter Paul Rubens von den Statuen im Cesi-Garten angezogen, und die Sammlung blieb während der 1600er Jahre intakt. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde die Sammlung jedoch verkauft. Im Jahr 1734 kaufte Kardinal Albani einige Skulpturen und brachte sie in seine Villa.

Im Jahr 1870 wurde der Palast vom italienischen Staat beschlagnahmt, und am Vorabend des Abrisses der Spina und des Baus des Augustinerkollegs ist der Palast auf Fotos von Domenico Gnoli aus dem Jahr 1905 dokumentiert. Der Skulpturengarten und jenes Paradies der Renaissance sind nur noch eine ferne Erinnerung.

Die Geschichte des Palazzo Cesi ist jedoch nicht nur mit dem Wunder der Renaissance verbunden. Als Generalhaus der Salvatorianer spielte der Palast eine wichtige Rolle im Leben Roms. Während des Zweiten Weltkriegs rettete Pater Pankratius Pfeiffer SDS (* 18. Oktober 1872 als Markus Pfeiffer in Brunnen, Gemeinde Schwangau im Allgäu; † 12. Mai 1945 in Rom), ein vertrauenswürdiger Gesandter von Papst Pius XII., vielen Menschen das Leben, indem er sie im Palast versteckte. Zwischen 1943 und 1944 fanden viele von den Nazis verfolgte Politiker, Partisanen und Juden dort Zuflucht.

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Zu Pater Pankratius Pfeiffer SDS, 30 Jahre Generalsuperior, und seinem Wirken für die von den Nazis Verfolgten:

Diplomat – ein Leben lang

Pankratius wurde weltbekannt durch die Vermittlerrolle zwischen dem Vatikan und der dt. Besatzungsmacht während des Krieges in Rom – Ein Diplomat ohne offiziellen Auftrag. Wer seinen Lebens- lauf genauer studiert hat, dem wird eines klar: Diese Rolle fiel ihm nicht erst im 2. Weltkrieg zu. Diese Aufgabe wuchs ihm schon in den ersten Priesterjahren zu [...].

Als unbezahlter Diplomat zwischen Papst Pius XII bzw. Vatikanstellen und Deutscher Besatzungsmacht

Darüber ist viel geschrieben und gesagt worden. Man kann es nicht hoch genug einstufen, weil es Pankratius um die Menschen ging – gleichgültig aus welcher Ecke sie herkamen. Als Deutscher nahm er bald Kontakt auf mit den deutschen Wachsoldaten und ermöglichte ihnen Erleichterungen. Das Mutterhaus der Salvatorianer erhielt einen besonderen Schutz – gleichsam als Außenstelle des Vatikanstaates.

In dieser schwierigen Zeit für die Stadt Rom, in der er wegen des Krieges für den eigenen Orden nicht viel Außenkontakte pflegen konnte, wuchs er – er war nicht der einzige - zum in die Rolle des unbezahlten Diplomaten zwischen Papst und Besatzung hinein. Viele Bittbriefe kamen direkt an ihn, viele Menschen passten ihn am Morgen nach der Messe ab, um Fürsprache für ein Familienmitglied einzulegen oder Nachrichten von Gefängnisinsassen zu erhalten. Er pendelte zwischen Vatikan, deutscher Behörde in der Via Tasso und den Gefängnissen. Der stellvertretende Chef der SS, Erich Priebke, gibt 50 Jahre später zu Protokoll, dass Pfeiffer ihm allein bis Mai 1943 siebzig Gnadengesuche vorgelegt habe, er glaube für 25-28 Personen habe er Erfolg gehabt.

In Hochhuth’s Stellvertreter, lässt er Pankratius sagen: „Die Deutschen wissen, dass ich das Haus voller Deserteure habe, voll Kommunisten, Juden, Royalisten – den Klosterfrieden respektieren sie“. Tatsächlich gibt es in Italien viele Zeugen, die Pankratius ihr Leben ver- danken. Seinen Diplomatischen Künsten verdanken erwiesener Maßen einige Städte in den Abruzzen die Bewahrung vor Evakuierung und Zerstörung. Rom selbst gab ihm den Titel von Rom.

Quelle

 


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