22. September 2021 in Buchtipp
Wer Jerusalem besucht, wird bald feststellen, dass die Stadt eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt. Ein Gastkommentar von Karl-Heinz Fleckenstein
Linz (kath.net)
Wer Jerusalem besucht, wird bald feststellen, dass die Stadt eine ganz besondere Atmosphäre ausstrahlt. Zum Beispiel findet er dort keine wuchtigen „Betonklötze“. Die gesetzliche Bauauflage verlangt für die Häuser-Fassaden den leuchtend hellen Jerusalem-Stein. Das Gesicht Jerusalems ist multikulturell geprägt: Dort begegnen einem ultraorthodoxe und liberale Juden. Sie kommen aus mehr als 30 Nationen und haben in Jerusalem ihre irdische Heimat gefunden.
Ihre Vorfahren hatten sich 2000 Jahre lang mit dem Wunsch verabschiedet: „Nächstes Jahr in Jerusalem.“ Dabei stellt sich die Frage: Was ist überhaupt Heimat? Wie fühlt sich das an? Ist Heimat der Ort, an dem man geboren wurde? Wo man aufgewachsen ist? Oder ist Heimat dort, wo man sich wohl und geborgen fühlt? So mancher hat in Jerusalem seine Wahlheimat gefunden, in jener Stadt, die schon die Kreuzfahrer als den Mittelpunkt der Welt bezeichneten.
Muslimische Araber und christliche Palästinenser prägen das Stadtbild, das in den Gesichtern der Menschen im Alltag sichtbar wird: Straßenhändler, Professoren, Schuster, Lehrer, Sozialarbeiter, Metzger, Rabbiner, Imane, Priester, Prediger, Köche...
Pilger aus aller Welt erreichen mit einer tiefen Sehnsucht im Herzen nach einer Gottesbegegnung Jerusalem. Aber auch abenteuerlustige Touristen mischen sich darunter.
Jerusalem ist der Schnittpunkt dreier Weltreligionen und damit die Heilige Stadt der Juden, Christen und Muslime. Unzählige Synagogen, Kirchen und Moscheen zeugen für den hohen, religiösen Bedeutungswert dieser Stadt. Für die jüdische Bevölkerung meint Yerushalaim die Stadt des Friedens. Für seine arabischen Bewohner bedeutet sie El Quds, die Heilige.
Einem Jerusalembesucher wird auch die fast physisch spürbare Spannung nicht entgehen, die wie ein Konfliktpotential darüber liegt. Als eine der ältesten Städte der Welt ist Jerusalem wie kein Ort auf diesem Erdball so umkämpft. Die Friedensstifter glauben an ein harmonisches Zusammenleben zwischen Juden und Palästinensern. Menschen, die allem zum Trotz immer wieder zusammen etwas in dieser Richtung wagen. Die jeden Tag aufs Neue etwas zum Positiven verändern wollen. Auch wenn die Skeptiker dies für eine weltfremde Illusion halten.
Erna und Henry Leir, Leiter eines Friedenskindergartens sind von einem überzeugt: „Wir müssen bei den Kindern beginnen. Sie sollen sich näher kennenlernen und erfahren, dass sie sich aufeinander verlassen können. Egal ob Juden oder Araber.“ Ein jüdischer Weisheitsspruch bringt es auf den Punkt: „Das Himmlische Jerusalem wird erst dann der Menschheit geschenkt, wenn das irdische soweit gereift ist, dass sich beide berühren können.“
In der Tat trägt Jerusalem die Berufung in sich, der Welt zu zeigen, dass das Zusammenleben auf engstem Raum trotz konfliktreicher Geschichte möglich ist. Was im einfachen Alltag oft gelingt, läuft in der hohen Politik meistens aus dem Gleis. Jede Seite beruft sich dabei auf angestammte Rechte und lebt so überwiegend in der Vergangenheit, statt an einer gemeinsamen Zukunft zu bauen. Trotz allen Schwierigkeiten und Problemen bleibt Jerusalem eine der faszinierendsten Städte auf unserem „blauen Planeten“. Ein Brennglas für ein hoffnungsvolles Zusammenleben der Menschen, auf dass Frieden in der Heiligen Stadt und in der ganzen Welt endlich Wirklichkeit werde.
Karl-Heinz Fleckenstein
kath.net Buchtipp:
Wer ist Jesus für dich? Zeitzeugen sagen aus
Von Karl-Heinz Fleckenstein
ISBN: 9783903602311
Be+Be Verlag Heiligenkreuz 2021
366 Seiten, Softcover
Preis: 16,90 Euro
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