Dem Geist entsprechend wandeln

3. November 2021 in Aktuelles


Franziskus: wenn wir die Liebe zur Richtschnur all unseres Handelns erheben, wandeln wir wirklich im Geiste. Die oberste Regel der ‚correctio fraterna’: die Liebe: das Wohl der Brüder und Schwestern zu wollen. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Ich sage aber: Wandelt im Geist, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen! Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist, der Geist gegen das Fleisch, denn diese sind einander entgegengesetzt, damit ihr nicht tut, was ihr wollt. [...] Wenn wir im Geist leben, lasst uns auch im Geist wandeln!“ (Gal 5,16-17.25).

Generalaudienz mit Pilgern und Besuchern in der Aula „Paolo VI“. Papst Franziskus setzte seine Katechesenreihe zum Brief des Apostels Paulus an die Galater fort. Der vierzehnte Teil stand unter dem Thema „Dem Geist entsprechend wandeln“.

Der heilige Paulus fordere uns in der heutigen Lesung dazu auf, "im Geist zu wandeln". In der Tat: „an Jesus zu glauben bedeutet, ihm nachzufolgen, wie es die ersten Jünger getan haben, und dabei den entgegengesetzten Weg des Begehrens des Fleisches und des Egoismus zu meiden“.

Der wunderbare Weg, den Christus uns weise, beginne mit der Taufe und verlange wie bei einer Bergwanderung viel Ausdauer, aber auch Führung. Diese fänden wir im Heiligen Geist. Im Vertrauen auf seine Gnade könnten wir die Hindernisse und Schwierigkeiten im christlichen Leben überwinden, in der Gewissheit, dass Gott stets größer sei als unsere Sünden und Schwächen.

Indem er diesen Weg beschreite, erwerbe der Christ eine positive Einstellung zum Leben. Das bedeute nicht, dass das Böse in der Welt verschwunden sei oder dass die negativen Impulse des Egoismus und des Stolzes verschwunden seien, sondern es bedeute, „dass wir glauben, dass Gott immer stärker ist als unser Widerstand und größer als unsere Sünden“.

Das Wandeln im Geiste geschehe aber nicht allein, sondern in der Gemeinschaft der Kirche, in der der Heilige Geist unablässig am Werk sei. In ihr trage der eine des anderen Last. Wenn einer auf dem Weg falle, so sollten wir ihn nicht streng aburteilen, sondern ihn eingedenk unserer eigenen Zerbrechlichkeit mit Sanftmut zurechtweisen und wieder aufrichten: „wenn wir so die Liebe zur Richtschnur all unseres Handelns erheben, wandeln wir wirklich im Geiste“.

Dieses „Wandeln im Geist“ sei also nicht nur eine individuelle Handlung, sondern betreffe auch die Gemeinschaft als Ganzes. Der Aufbau der Gemeinschaft auf dem vom Apostel aufgezeigten Weg sei in der Tat spannend, aber auch eine Herausforderung. Die „Begierden des Fleisches“, also Neid, Vorurteile, Heuchelei und Ressentiments, machten sich weiterhin bemerkbar, und der Rückgriff auf starre Vorschriften könne eine leichte Versuchung sein, aber dabei würde man vom Weg der Freiheit abkommen und, anstatt nach oben zu steigen, wieder nach unten zurückkehren.

Um den Weg des Geistes zu gehen, müssten wir vor allem der Gnade und der Nächstenliebe Raum geben. Nachdem er sich in strenger Weise geäußert habe, fordere Paulus die Galater auf, sich um die Schwierigkeiten der anderen zu kümmern und, sollte jemand einen Fehler machen, Sanftmut walten zu lassen: „hören wir auf seine Worte: ‚Brüder und Schwestern, wenn ein Mensch sich zu einer Verfehlung hinreißen lässt, so sollt ihr, die ihr vom Geist erfüllt seid, ihn im Geist der Sanftmut zurechtweisen. Doch gib Acht, dass du nicht selbst in Versuchung gerätst! Einer trage des anderen Last; so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen’ (6,1-2)“.

Wenn wir versucht seien, andere falsch zu beurteilen, was oft der Fall sei, müssten wir zuerst über unsere eigene Schwäche nachdenken. Es sei gut, sich zu fragen, was uns dazu bewege, einen Bruder oder eine Schwester zu korrigieren, und ob wir nicht in gewisser Weise für ihren Fehler mitverantwortlich seien.

Der Heilige Geist „schenkt uns nicht nur die Gabe der Sanftmut, sondern lädt uns auch zur Solidarität ein, um die Lasten der anderen zu tragen. Wie viele Belastungen gibt es im Leben eines Menschen: Krankheit, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit, Schmerz...! Und wie viele andere Prüfungen, die die Nähe und Liebe unserer Brüder und Schwestern erfordern!“. Auch die Worte des heiligen Augustinus könnten uns helfen, wenn er dieselbe Stelle kommentiert: „Deshalb, Brüder, wenn jemand in eine Schuld verwickelt ist, [...] korrigiert ihn auf diese Weise, mit Sanftmut. Und wenn du deine Stimme erhebst, liebe innerlich. Ob du ermutigst, ob du dich väterlich zeigst, ob du tadelst, ob du streng bist, liebe (Predigten 163/B 3)“. Die oberste Regel der „correctio fraterna“ sei die Liebe: das Wohl der Brüder und Schwestern zu wollen.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich grüße ich die Gläubigen deutscher Sprache. Erinnern wir uns daran, dass die Gemeinschaft der Kirche nicht nur die Brüder und Schwestern auf dieser Welt umspannt, sondern auch unsere lieben Verstorbenen. Wenn wir im Geist wandeln, sollen wir auch das geistliche Werk der Barmherzigkeit vollbringen, für sie zu beten, auf dass sie bald zum Ziel der ewigen Gottesschau gelangen.

 


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