Bischof Genn löst Vereinigung Totus Tuus auf

5. November 2021 in Aktuelles


Schwerwiegende Mängel im geistlichen Umgang mit Mitgliedern - In einem Dekret, das der Bischof unterzeichnet hat, macht er deutlich, dass mit dieser Entscheidung Totus Tuus kein nach dem Kirchenrecht anerkannter kirchlicher Verein mehr ist


Münster (pbm/sk) Der Bischof von Münster, Felix Genn hat den Verein von Gläubigen „Totus Tuus Neuevangelisierung“ aufgelöst. In einem Dekret, das der Bischof am 4. November unterzeichnet hat, macht er deutlich, dass mit dieser Entscheidung Totus Tuus kein nach dem Kirchenrecht anerkannter kirchlicher Verein mehr ist. Totus Tuus (Ganz Dein) war von 2017 bis Herbst 2018 von Pfarrer Dr. Jochen Reidegeld und der Ordensfrau Schwester Birgitte Herrmann visitiert worden. Visitieren bedeutet „besuchen“ und sich ein Bild von der Gemeinschaft machen. Kritik, die es von Mitgliedern an der Gemeinschaft gab, wurde im Auftrag des Bischofs untersucht und Empfehlungen wurden ausgesprochen. Auf eine erste Untersuchungsphase folgte für die Gemeinschaft ein fast zweijähriger begleiteter Gesprächs- und Aufarbeitungsprozess, der mit einem Abschlussbericht im November 2020 endete. Dieser Gesamtprozess wurde ausgewertet und nach eingehender Beratung wurde in einem nächsten Schritt erörtert, welche Entscheidung zu treffen ist.

In einem Dekret legt Bischof Genn nun fest, dass Totus Tuus sich nicht länger als katholische Vereinigung bezeichnen darf. Mitarbeitern im pastoralen Dienst des Bistums Münster wird jede Mitwirkung oder Mitgliedschaft in Totus Tuus untersagt. Der Vereinigung wird jede Form von Veranstaltungen oder Aktivitäten im Bistum Münster verboten.

Zur Begründung der Auflösung führt Bischof Genn in dem Dekret aus, dass „die Verantwortlichen in der Vereinigung Totus Tuus nicht willens, bereit und in der Lage sind, die im Bericht erkannten schwerwiegenden Mängel im geistlichen Umgang mit Mitgliedern dieser Gemeinschaft zum einen einzusehen und zum anderen die gravierenden Missstände auch abzustellen.“ Engführungen und grenzverletzendes Verhalten sind nicht als solche identifiziert worden. Hinweise auf Straftaten oder sonstiges rechtliches Fehlverhalten wurden nicht gefunden.

In einem Schreiben, mit dem sich Bischof Genn am Tag vor der Unterzeichnung des Dekrets an die Mitglieder der Gemeinschaft gewandt hat, betont er, dass sich schwerwiegende Mängel insbesondere darin gezeigt hätten, dass Leitung und geistliche Begleitung in der Gemeinschaft nicht voneinander getrennt gewesen wären. Bischof Genn: „Durch einen personenfixierten und unreflektierten Leitungsstil wurde ein Klima begünstigt, das Spiritualität quantifiziert, Kritik zum Ausweis mangelnder geistlicher Reife erklärt und ein geschlossenes Elitedenken befördert hat.“

Der Bischof unterstreicht weiter: „Aufgrund der Visitationsergebnisse und nach eingehender Beratung bin ich zu der Einschätzung gelangt: es kam in der Gemeinschaft Totus Tuus wiederholt zu Handlungen und Kommunikationsverhalten, die wir heute unter den Begriff geistlicher Missbrauch fassen. Die Gemeinschaft hat Strukturen und Verhaltensweisen entwickelt, die ein solches Handeln ermöglicht und gefördert haben.“ In den vergangenen Monaten habe sich zudem gezeigt: „Es fehlt an Einsicht in die Tragweite der Missstände.“ Bischof Genn betont: „Im Bistum Münster gibt es auch bei geistlichem Missbrauch, worunter ein grenzverletzendes Verhalten im seelsorglichen Kontext und ein spiritueller Machtmissbrauch in kirchlichen Gemeinschaften zu verstehen ist, eine Haltung der Null-Toleranz.“

Das Bistum Münster lädt Menschen, die von geistlichem Missbrauch betroffen sind, ein, sich zu melden. Ansprechperson für Betroffene von geistlichem Missbrauch in der Gemeinschaft Totus Tuus oder in anderen katholischen Gemeinschaften ist: Birgit Klöckner, Tel.: 0251-495-17200, [email protected]. Den Mitgliedern von Totus Tuus wird empfohlen, das Gespräch mit einem Seelsorger des Vertrauens zu suchen, um persönliche Entscheidungen und Schritte klären zu können.
Totus Tuus war im Bistum Münster als privater Verein von Gläubigen seit 2007 kirchlich anerkannt und deutschlandweit aktiv. Die Gemeinschaft, die bisher unter der Aufsicht von Bischof Genn stand, hat nach eigenen Angaben heute 135 Mitglieder.

 

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Foto: (c) Bistum Münster


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