Warum die scheinbar besten Argumente für Abtreibung nicht überzeugen

11. November 2021 in Prolife


Ethiker verknüpfen das Recht auf Leben manchmal mit bestimmten Fähigkeiten. Doch unsere Würde beruht nicht auf dem, was wir tun können, sondern was wir sind.


Washington D.C. (kath.net/LifeNews/mk) Manche Argumente für Abtreibung scheinen wegen ihrer intellektuellen Höhe auf den ersten Blick glaubwürdig. Das sind nicht die Gründe, die von Fernsehkommentatoren oder Parteiobleuten ins Treffen geführt werden, sondern vielmehr von Moralphilosophen und Bioethikern. Solche Geisteswissenschaftler, die für die Zulässigkeit der Kindstötung argumentieren, führen üblicherweise an, dass Ungeborene zwar menschliche Wesen seien, aber ohne ein Recht auf Leben. Denn um ein solches zu haben, müsse man bestimmte geistige Fähigkeiten (Funktionen) besitzen, darunter Bewusstsein, Schmerzempfinden, Verstand, Kommunikation. Nur solche Menschen, die zumindest einige dieser Fähigkeiten besäßen, würden als Personen zählen. Andere Meinungsführer in diesem Bereich verknüpfen Rechte mit Wünschen: nur solche Menschen hätten Rechte, die ihr Leben wertschätzen, sich dafür interessieren würden.

Diese funktionellen Sichtweisen werfen zunächst das Problem auf, dass sie nicht nur Ungeborene vom Lebensrecht ausschließen: auch Patienten im Koma, Demenzkranke und selbst buddhistische Meister (die durch Askese frei von jedem Verlangen geworden sind) dürften nach dieser Ansicht getötet werden. So befürworten viele solcher Ethiker auch die Tötung neugeborener Kinder, denn auch diese erfüllen jene Kriterien für ein Recht auf Leben noch nicht.
Eine zweite Schwierigkeit besteht darin, dass die aufgestellten Kriterien in der Regel nicht entweder gänzlich oder gar nicht gegeben sind, sondern mehr oder weniger: man kann ein mehr oder weniger großes Schmerzempfinden haben (etwa durch starke Medikamente), und ebenso einen mehr oder weniger großen Wunsch zu leben (man denke an depressive Menschen). Doch wo finge dann das Recht auf Leben an?

In Wahrheit beruhen all diese funktionellen Überlegungen auf falschen Annahmen: die Behauptung, ein Schaden könne nur entstehen, wenn jemand in der Lage sei, diesen als solchen zu empfinden, verwechselt die Erfahrung mit der Realität. Man stelle sich vor, jemand werde heimlich um eine Erbschaft gebracht, von der er nie etwas wusste. Wurde ihm Unrecht getan? Selbstverständlich, denn der Verlust ist da. Dasselbe gilt, wenn jemand seines Lebens beraubt wird, sich dessen aber nicht bewusst ist.

Schließlich haben alle menschlichen Wesen von Natur aus von der Zeugung an das (in der DNA) grundgelegte Potenzial, als menschliche Person zu „funktionieren“, ganz gleich ob dieses Potenzial zur Reifung gelangt oder aktuell ausgeübt werden kann. Wir haben also eine Würde und ein Recht auf Leben nicht wegen dem, was wir tun können, sondern was wir sind. Deshalb werden auch die scheinbar besten Argumente für Abtreibung niemals überzeugen.


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