Macht hoch die Tür

9. Dezember 2021 in Deutschland


Viele der Beter sind entsetzt über die Idee, einen großen Teil der Gläubigen auszuschließen und dadurch weiter zu spalten - Ein Bericht von Giovanni von einer Protestaktion gegen 2G im Erzbistum Berlin


Berlin (kath.net/gmo)

Es ist kalt: Nicht einmal die kleine Kerze in der Hand kann wirklich wärmen. Wenn dann auch noch der Wind über den Bebelplatz in Berlin bläst, wird es nicht unbedingt gemütlicher. Doch um die 50 Menschen stehen in geziemendem Abstand voneinander vor der Hedwigskathedrale des Erzbistums Berlin. Sie beten und singen Adventslieder.

Besonders ein Lied hat es den Gläubigen angetan: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit / Es kommt der Herr der Christenheit.“ Eines der klassischsten Adventslieder, das in fast allen Kirchen geschmettert wird. Die Meisten Leute verstehen es so, dass im Advent der Ankunft des Herrn Tür und Tor aufgetan wird.

2G im Erzbistum Berlin

Doch daneben haben die Rosenkranzbeter noch ein wichtiges Anliegen, dass beim Singen des Lieds mitschwingt. Denn das Erzbistum Berlin hat beschlossen, Messen an Sonn- und Feiertagen in der Advents- und Weihnachtszeit grundsätzlich nur noch unter 2G-Bedingungen stattfinden zu lassen. Es gibt einige Ausnahmen, doch auch die nur unter 3G-Regelung. Das Berliner Erzbistum ist das zweitgrößte in Deutschland und geht bis zur Ostsee. In Brandenburg und Vorpommern sind Katholiken in einer absoluten Diasporasituation. Schon in normalen Zeiten fahren sie weite Strecken. Doch jetzt müssen Gläubige teilweise eine Stunde oder sogar mehr fahren um zu einer Eucharistiefeier zu kommen. An den ersten Adventssonntagen fanden sich einige Katholiken vor verschlossener Türe wieder, weil sie keine Corona-Impfung nachweisen konnten. Umso lauter singen die Rosenkranzbeter vor der Kathedrale „Macht hoch die Tür“.

Das Lied passt. Anfangs des 17. Jahrhunderts schreibt der Pfarrer Georg Weissel aus Königsberg das Lied. Weissel berichtet über die Entstehung des Liedes: "Neulich, als der starke Nordoststurm von der nahen Samlandküste herüberwehte und viel Schnee mit sich brachte, hatte ich in der Nähe des Domes zu tun. Die Schneeflocken klatschten den Menschen auf der Straße gegen das Gesicht, als wollten sie ihnen die Augen zukleben. Mit mir strebten deshalb noch mehr Leute dem Dom zu, um Schutz zu suchen. Der freundliche und humorvolle Küster öffnete uns die Tür mit einer tiefen Verbeugung und sagte: „Willkommen im Hause des Herrn! Hier ist jeder in gleicher Weise willkommen, ob Patrizier oder Tagelöhner! Sollen wir nicht hinausgehen auf die Straßen, an die Zäune und alle hereinholen, die kommen wollen? Das Tor des Königs aller Könige steht jedem offen.““

In dieser Situation, in der die Kirche auf zauberhafte Weise Schutz und Gemeinschaft bietet, kommen dem Pfarrer die ersten Verse in den Sinn: „Bis sich das Unwetter legte, sah ich fortgesetzt auf das hohe Portal der Kirche“. Davon inspiriert schreibt er kurz darauf das ganze Lied.

Universeller Heilsauftrag der Kirche in Gefahr

Viele der Beter sind entsetzt über die Idee, einen großen Teil der Gläubigen auszuschließen und dadurch weiter zu spalten. Wie der Küster wollen sie, dass der König aller Könige zu jedem Menschen in der Welt kommen kann, um ihn zu erlösen. In einer kurzen Ansprache vergleicht der Initiator der Gebetswache die Kirche mit einem Feldlazarett: In einer umkämpften Welt, die mit Einsamkeit, Spaltung und Isolation gespickt ist, braucht es die Kirche als einen Ort, der die Seelen aller umsorgt, Gemeinschaft stiftet und auf Jesus als den notwendigen Retter verweist. „All unsre Not zum End er bringt“, singen die Beter dann auch in der zweiten Strophe.

Lieder und Gebete können verschlossene Türen öffnen

Tatsächlich ist die Entstehung von „Macht hoch die Tür“ mit der Situation im Berliner Erzbistum vergleichbar. Es wird berichtet, dass das Lied das erste Mal am vierten Adventssonntag vor dem Tor eines gewissen Herrn Sturgis gesungen wurde. Dieser Sturgis hatte die Wiese neben seinem Schlösschen gekauft und mit einem Zaun versperrt. Dadurch konnten die Menschen aus dem Armen- und Siechenheim nicht mehr in die Kirche oder mussten einen unzumutbaren Umweg nehmen. Deswegen schmiedet Pfarrer Weissel einen Plan: Am vierten Adventssonntag versammelt er die Gläubigen, zieht vor das Tor, und bittet den Geschäftsmann Sturgis seinen Zaun wieder zu öffnen. Er hat noch gar nicht zu Ende gesprochen als seine Gemeinde das „Macht hoch die Tür“ anstimmt. Alle fünf Strophen singt die Gemeinde einträchtig mit Inbrunst. Sturgis ist wie angewurzelt, doch kurz vor dem Ende der fünften Strophe holt der den Schlüssel und schließt das Tor auf. Pfarrer Weissel hat es geschafft: Gesang und Gebet haben das Tor geöffnet und den Menschen den Weg in die Kirche bereitet, wo sie sich auf die Ankunft des Herrn vorbereiten.

Das ist auch die Hoffnung der Gläubigen in der Gebetswache. Dass die Kirche ihre Toren weit öffne, damit die Menschen ihre Herzen aufschließen können. Besonders in Zeiten der Not. Deswegen stehen die Menschen vor der Kathedrale des Erzbistums und beten für die Diözese, den Erzbischof und alle im Bistum, die gerade der Hilfe bedürfen.

 

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