Der österreichische Impfpflicht-Entwurf ist da – formlose Stellungnahme für jeden ab sofort möglich

11. Dezember 2021 in Kommentar


Sinnvoll als geringeres Übel ist insbesondere die Forderung einer „Gewissensklausel“, wie sie aus vergangenen Impfpflicht-Gesetzen bekannt ist und mehr dem Standpunkt der Glaubenskongregation entsprechen würde - Eine Analyse von Michael Koder


Wien (kath.net/mk) Der Entwurf über ein „Bundesgesetz über die Impfpflicht gegen COVID-19“ wurde nun von der Bundesregierung veröffentlicht. Alle Personen ab 14, die in Österreich einen (auch Neben-)Wohnsitz haben, werden „zum Schutz der öffentlichen Gesundheit“ verpflichtet, sich einer Schutzimpfung gegen Covid-19 zu unterziehen. „Einer“ Impfung bedeutet allerdings derzeit drei Impfungen, wie das Gesetz präzisiert. Der Gesundheitsminister kann mittels Verordnung „nach dem Stand der Wissenschaft“, aber rechtlich unbegrenzt weitere Impfungen verfügen. Er kann auch den Kreis der zugelassenen Impfstoffe ausdehnen, also etwa auf die vermutlich bald verfügbaren „Totimpfstoffe“.

Ausnahmen von dieser Impfpflicht umfassen Schwangere, Genesene für die Dauer von sechs Monaten (neun Monaten bei einem Antikörper-Nachweis) sowie Personen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können. Letztere Ausnahme muss durch eine ärztliche Bestätigung nachgewiesen werden, die jeder Kassenarzt ausstellen kann.

Keine Möglichkeit hingegen gibt es nach dem Entwurf für einen Einspruch aus Gewissensgründen, der etwa vom katholischen Moraltheologen Josef Spindelböck gefordert wurde. Eine solche „Gewissensklausel“ wäre ein dem Einzelnen eingeräumtes Recht, die Impfung aus Gewissensgründen, die aus religiöser oder ethischer Überzeugung kommen müssen, zu verweigern, etwa wegen des nachweislich engen Zusammenhangs zwischen der Impfstoffherstellung und dem Verbrechen der Abtreibung.

Solche Ausnahmen aus Gewissensgründen gab es in der Geschichte der Impfung immer wieder, etwa bei der Pocken-Impfpflicht für Kinder in Großbritannien, wo ab 1898 Eltern vor der Behörde die Erklärung abgeben konnten, dass sie nach Überzeugung und Gewissen die Vermutung hegen, die Impfung könnte der Gesundheit des Kindes nachteilig sein. Ähnliche Gewissensklauseln im Zusammenhang mit der Pocken-Impfpflicht gab es in Schweden, Irland, Südafrika und Australien. Eine „Gewissensprüfung“ ist auch dem österreichischen Recht nicht fremd: bis 1991 mussten Wehrpflichtige eine solche vor einer Kommission über sich ergehen lassen, um zum Zivildienst zugelassen zu werden.

Wer sich nicht impfen lässt oder auch nur eine Auffrischungsimpfung verweigert, soll viermal im Jahr gestraft werden, zum 15.3., 15.6., 15.9. und 15.12. Für diese Stichtage erlaubt das Gesetz dem Gesundheitsminister, das Zentrale Melderegister mit dem elektronischen Impfregister abzugleichen und somit jene Personen mit Wohnsitz in Österreich herauszufiltern, die unzureichend geimpft sind. Jeweils einen Monat vor diesen Stichtagen kommt eine (rechtlich unverbindliche) „Erinnerung“ zur Impfung.

Die Strafhöhe beträgt jeweils bis zu 600 € (hier dürfte es noch eine soziale Staffelung nach unten geben), die Strafe soll zunächst in einem vereinfachten Verfahren mittels „Strafverfügung“ ergehen, die nur die wesentlichsten Informationen (Ort und Zeit der Tat, verletzte Vorschrift) enthält, aber vor allem keine Begründung. Wenn der Bestrafte nicht binnen zwei Wochen nach der Zustellung Einspruch bei der Behörde erhebt, kann die Strafverfügung vollstreckt werden. Bei einem Einspruch hingegen tritt sie außer Kraft und es wird ein normales Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, indem sich der Beschuldigte gegenüber der Behörde äußern kann und an dessen Ende ein zu begründender und beim Verwaltungsgericht anfechtbarer Strafbescheid steht. Ob die Strafe darin nicht höher ausfallen darf als die in der Strafverfügung verhängte (rechtsstaatliches „Verschlechterungsverbot“), ist noch ein offener Punkt im Begutachtungsverfahren.

Die Strafbeträge sollen den Krankenhäusern zufließen, im Endeffekt wird also über den Umweg des Strafrechts eine Art Pandemie-Abgabe erreicht, wie sie in den letzten Wochen von ärztlicher Seite zum Teil gefordert wurde. Ausdrücklich im Gesetz ausgeschlossen ist die Durchsetzung der Impfpflicht mittels polizeilichen Zwangs. Auch (Ersatz-)Freiheitsstrafen sind im Gesetz ausdrücklich ausgeschlossen. Das Impfpflicht-Gesetz soll (vorerst) zwei Jahre lang, also bis Ende Jänner 2024 gelten.

Derzeit läuft das Begutachtungsverfahren (bis 10. Jänner), in dem jeder Bürger (auch Nicht-Österreicher) unkompliziert eine Stellungnahme ans Parlament senden kann: https://www.parlament.gv.at/PtWeb/Portal2.0/SN/StellungnehmenP.shtml?P_GP_CODE=XXVII&P_INR=164&P_ITYP=ME

In einer solchen (auch kurzen, formlosen) Stellungnahme kann etwa neben generellen Argumenten gegen eine Impfpflicht (zu befürchtende weitere Spaltung der Gesellschaft, die auch die österreichischen Bischöfe ausdrücklich verhindern wollen; Ablehnung durch die römische Glaubenskongregation als höchste berufene Stelle der eigenen Religionsgemeinschaft) insbesondere eine Gewissensklausel wie oben dargelegt gefordert sowie das rechtsstaatlich notwendige Verschlechterungsverbot bei der Strafhöhe nach Einspruch eingemahnt werden. Eine breite juristische Argumentationsbasis gegen die Impfpflicht mit der Möglichkeit, einen Muster-Brief herunterzuladen, bietet die von zwei Rechtsanwälten gegründete Plattform https://keine-impfpflicht.at/.

 

Michael Koder ist Jurist und Mitarbeiter der kath.net-Redaktion

 

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