Der heilige Josef, Mann des Schweigens

15. Dezember 2021 in Aktuelles


Franziskus: das Schweigen des Josef – Ausdruck tiefer Innerlichkeit. Wer über seinen Bruder oder seine Schwester schlecht redet, wer seinen Nächsten verleumdet, ist ein Mörder. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Denn wir alle verfehlen uns in vielen Dingen. Wer sich in seinen Worten nicht verfehlt, ist ein vollkommener Mann und kann auch seinen Körper völlig im Zaum halten. [...] So ist auch die Zunge nur ein kleines Körperglied und rühmt sich großer Dinge. Und siehe, wie klein kann ein Feuer sein, das einen großen Wald in Brand steckt. [...] Aus ein und demselben Mund kommen Segen und Fluch. Meine Brüder und Schwestern, so darf es nicht sein“ (Jak 3,2.5.10).

Generalaudienz mit Pilgern und Besuchern in der Aula „Paolo VI“. Papst Franziskus setzte seine neue Katechesenreihe zum heiligen Josef fort. Die dritte Katechese widmete er dem Thema: „Der heilige Josef, Mann des Schweigens“.

Die Evangelien überlieferten kein einziges Wort aus dem Mund des heiligen Josef. Sein Schweigen bedeute jedoch keineswegs Leere und Passivität, es sei vielmehr Ausdruck tiefer Innerlichkeit. Josef schweige, weil er ein Hörender sei. Aber gerade so sei er ein Mann des Wortes: „sein Schweigen gibt dem Wort Gottes Raum“.

„Ein Wort hat der Vater gesprochen, und dieses Wort ist sein Sohn“, sage Johannes vom Kreuz, „und nur in der Stille ist es für die Seele zu hören“. „Könnten wir doch nach dem Vorbild des heiligen Josef wieder zu dieser kontemplativen Dimension des Lebens finden, die sich in der Stille auftut. Dies ist freilich nicht einfach und die Stille ist uns vielleicht sogar unheimlich, weil sie uns in unser Innerstes führt, wo wir uns der Wahrheit unseres Lebens stellen müssen“, so der Papst.

Wir sollten vom heiligen Josef lernen, einen Raum der Stille zu schaffen, in dem vernehmbar werde, was der Heilige Geist uns mitteilen möchte. Auch unser Sprechen brauche das Moment der Stille, sonst werde es schnell oberflächlich oder gar zu einer gefährlichen Waffe, die statt zu trösten und aufzubauen, verletze und töte.

„Lassen wir uns von Josef in die Stille einführen“, so Franziskus, „in diesen wohltuenden geistlichen Raum, wo die Seele neue Kraft schöpft und wo wir erkennen können, was in unserem Leben der Korrektur bedarf“. Ein ruhiges Herz sei der Ursprung guter Worte, rechter Entscheidungen und beherzten Handelns.

„Wie schön wäre es, wenn es jedem von uns gelänge, nach dem Beispiel des heiligen Josef diese kontemplative Dimension des Lebens wiederzufinden, die gerade durch die Stille eröffnet wird“, so also der Papst. Aber wir alle wüssten aus Erfahrung, dass das nicht einfach sei. Die Stille mache uns ein wenig Angst, weil sie uns auffordere, in uns selbst einzudringen und dem wahrhaftigsten Teil von uns zu begegnen. Der Philosoph Pascal habe festgestellt, dass „das ganze Unglück der Menschen von einer einzigen Sache herrührt: nicht zu wissen, wie man in einem Raum ruhig bleibt“.

„Liebe Brüder und Schwestern“, so also die Mahnung, „lernen wir vom heiligen Josef, Räume der Stille zu pflegen, in denen ein anderes Wort auftauchen kann: das des Heiligen Geistes, der in uns wohnt“. Es sei nicht leicht, diese Stimme zu erkennen, die sehr oft mit den Tausenden von Stimmen der Sorgen, Versuchungen, Wünsche und Hoffnungen, die uns bevölkerten, verwechselt werde. Aber ohne diese Schulung, die gerade durch die Praxis der Stille entstehe, könne auch unsere Sprache krank werden. Anstatt die Wahrheit durchscheinen zu lassen, könne sie zu einer gefährlichen Waffe werden. Denn unsere Worte könnten zu Schmeicheleien, Prahlerei, Lügen, Verleumdungen und üblen Nachreden werden. Es sei dies eine Erfahrungstatsache, wie das Buch Sirach uns daran erinnere: „Viele sind gefallen durch ein scharfes Schwert, / noch mehr sind gefallen durch die Zunge“ (28,18) Jesus habe es deutlich gesagt: wer über seinen Bruder oder seine Schwester schlecht redet, wer seinen Nächsten verleumdet, ist ein Mörder (vgl. Mt 5,21-22).

Deshalb also müssten wir von Josef lernen, die Stille zu pflegen: diesen Raum der Innerlichkeit in unseren Tagen, in dem wir dem Geist die Gelegenheit göben, uns zu regenerieren, uns zu trösten, uns zu korrigieren. So werde der Nutzen für unsere Herzen auch unsere Sprache, unsere Worte und vor allem unsere Entscheidungen heilen. In der Tat habe Josef Schweigen mit Handeln verbunden. Er habe nicht gesprochen, „aber er handelte und zeigte uns damit, was Jesus seinen Jüngern einst sagte: „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut“ (Mt 7,21).

„Lasst uns mit einem Gebet schließen“, so der Papst abschließend:

Josef, du Mann des Schweigens, der du im Evangelium kein einziges Wort gesprochen hast, lehre uns, von eitlen Worten abzulassen und den Wert von Worten wiederzuentdecken, die aufbauen, ermutigen, trösten und unterstützen.

Sei denen nahe, die unter verletzenden Worten wie Verleumdung und übler Nachrede leiden, und hilf uns, unseren Worten stets Taten folgen zu lassen. Amen“.

Die Pilger und Besucher sowie die Zuschauer und Zuhörer aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Ich grüße die Gläubigen deutscher Sprache. Orientieren wir uns in dieser verbleibenden Adventszeit am heiligen Josef. Versuchen wir eine Haltung der Stille und des Hörens einzunehmen, damit wir empfänglich sind für das Ewige Wort des Vaters, seinen menschgewordenen Sohn Jesus Christus.

 


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