27. Dezember 2021 in Kommentar
Der Montagskick von Peter Winnemöller
Linz (kath.net)
Ein paar Krokodilstränen zum Fest vergoss die kürzlich neugewählte Präsidentin des Zentralkomitees deutscher Katholiken, Irme Stetter-Karp. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk vertrat die Oberste Laienfunktionärin Deutschlands am zweiten Weihnachtstag die Ansicht, über 200.000 Kirchenaustritte pro Jahr seien ein offensichtlicher Hinweis, dass Reform- und Kommunikationsverweigerung keinen Weg in die Zukunft wiesen.
Dabei brachte Stetter- Karp keine neuen Aspekte in die Diskussion, sondern wiederholte nur die uralte Forderung, Frauen zu Priesterinnen zu weihen, was bekanntermaßen in der katholischen Kirche nicht möglich ist. Die Frage, ob geweihte Männer in einem anderen, höheren Daseinsstand seien, antwortete sie, sie glaube das nicht. Die Methode ist bekannt. Dementiere etwas, das niemand behauptet hat und werde zum Freiheitshelden. Keiner der Priester, die ich in den letzten Tagen gesehen habe, existierte in einem anderen oder höheren Daseinsstand. Sowas erreicht man ohnehin vermutlich eher durch Kiffen als durch eine sakramentale Weihe.
Die Weihe eines Mannes zum Diakon, Priester oder Bischof bewirkt tatsächlich auf ontologischer Ebene eine Veränderung. Es ändert sich der Stand vom Laien zum geweihten Amtsträger. Änderungen des Standes durch Sakramente sind allerdings in der Kirche nicht so ungewöhnlich. Dieses Wissen von der Präsidentin des „ZdK“ zu verlangen, wäre zu viel verlangt. Ein Mann und eine Frau, die sich das Sakrament der Ehe spenden, ändern ebenfalls ihren Stand. Ein Pönitent ändert seinen Stand und ist nach der Absolution im Stand der Gnade. Manchmal sind diese Interviews mit Laienfunktionären einfach nur noch unfreiwillig komisch.
Ginge man den Sorgen um 200.000 Kirchenaustritte pro Jahr einmal ernsthaft nach, so könnte man feststellen, dass sich außer den kirchlichen Berufslaien und Laienfunktionären niemand für die angeblich unbedingt notwendigen Reformen interessiert. Der sogenannte synodale Weg, den DBK und „ZdK“ vom Zaun gebrochen haben, geht an der Wahrnehmung der Menschen im Land komplett vorbei. Was die Menschen in der Tat interessiert, sind vielmehr die fundamentalen Fragen des Lebens. Je größer die Eigenrotation der Kirche um so größer die Zentrifugalkräfte, die enttäuschte Katholiken aus der Kirche schleudert.
Eine Kirche, die sich nur noch mit sich selbst beschäftigt und die sich nur noch um ihre Reformen dreht, wird zunehmend uninteressanter. Man muss die Frage stellen, warum Menschen, die leitende Mitarbeiter in der Erwachsenenbildung sind, wie Stetter- Karp im Interview erwähnt, zunehmend auf Distanz gehen. Stimmt es, dass sie erst jetzt auf Distanz gehen oder waren sie in ihrem Glauben nie kongruent mit der Kirche und sind stattdessen nur ihrer eigenen Hoffnung erlegen, dass die Kirche sich irgendwann einmal ihren Vorstellungen anpasst. Wer genug Erfahrung im Umgang mit hauptamtlich bei der Kirche angestellten Laien hat, kann es wissen. In vielen Fällen wird schon jahrzehntelang von einer anderen Kirche geträumt. Die Distanz zur Lehre der Kirche in Fragen des Glaubens und der Sitten ist enorm. Man fragt sich eher, wie und warum diese Mitarbeiter den Spagat so lange ausgehalten haben. Der Frust, am Ende eines beruflichen Lebens nichts erreicht zu haben, muss gewaltig sein.
Auch die neue Präsidentin des „ZdK“ war über Jahrzehnte Mitarbeiterin der Diözese Rottenburg- Stuttgart und leitete am die Ende Hauptabteilung Caritas im Bistum Rottenburg-Stuttgart. Die Frage muss erlaubt sein, wie jemand mit einer so großen Distanz zur Lehre der Kirche in einer Diözese auf einen leitenden Posten kommen kann. Wie kann man über Jahrzehnte einen solchen Spagat aufrechterhalten, wenn nicht wesentliche Teile der Leitungsebene, Bischöfe eingeschlossen, ihre Mitarbeiter über das Wesen der Kirche im Unklaren lassen? Inzwischen ist die Diskrepanz so groß, dass man sich den Kirchenaustritt einer amtierenden „ZdK“- Präsidentin sogar vorstellen kann. Mit diesem Satz ist das Drama einer Kirche in Eigenrotation auf den Punkt gebracht.
Vielleicht macht sich mal ein Bischof Gedanken über Seniorenkatechese für austrittsgefährdete, ehemalige Kirchenmitarbeiter. Vielleicht kann eine Versöhnung mit der Kirche stattfinden, wenn man spät, aber nicht zu spät kapiert, dass man eine göttliche Stiftung, die die Kirche nun einmal ist, nicht mit Mitteln der Politik in ihrem Wesen verändern kann.
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