Tück zu Impfstraßen-Kritik: "Überzogen", aber bleibendes "Unbehagen"

29. Dezember 2021 in Österreich


Wiener Dogmatiker schwächt Warnung vor "Profanierung des Sakralen" bei Stephansdom-Impfstraße ab, fordert aber Erhalt von Kirchen als \"Anders-Orte\"


Wien (kath.net/KAP) Der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück hat seine Kritik an Impfstraßen in Kirchen infolge einer davon ausgelösten heftigen Fachdebatte teils zurückgenommen, fordert jedoch weiterhin zum Nachdenken über den Wert sakraler Räume auf. In einem Gastbeitrag für das Portal katholisch.at (24. Dezember) bezeichnete er seine kürzlich geäußerte Warnung vor einer "Profanierung des Sakralen" als überzogen, "dennoch bleibt ein leises Unbehagen, weil die Stätte des Heiligen hier für eine Funktion in Anspruch genommen wird, die problemlos auch an anderen Orten hätte erfüllt werden können", erklärte der Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

Tück hatte zuvor in einem Essay für die "Kleine Zeitung" von der Kirche vor dem Hintergrund ein neues Nachdenken über die Gegenwart Gottes gefordert, der sich in der Weihnachtskrippe in Schwachheit und Verletzlichkeit zeige. "Von dieser Hoffnung auch heute zu sprechen und das Friedenspotenzial des Advents freizulegen, das wäre heilsamer als die Profanierung des Sakralen voranzutreiben und Impfstraßen in Kathedralen zu errichten, als gäbe es dafür nicht andere Orte", hatte er dabei erklärt. Dafür sowie für seine Forderung, Kathedralen sollten nicht als "verlängerter Arm staatlicher Gesundheitspolitik missbraucht" werden, erntete er teils heftigen Widerspruch.

Wie der Theologe nun differenzierter feststellte, sei die den Anlass zur Äußerung gebende Impfstraße im Wiener Stephansdom "ein Angebot, das zweifellos von vielen dankbar angenommen wird, das überdies wohl auch Menschen in die Kirche bringt, die sonst eher draußen bleiben". Die Frage nach der Zulässigkeit sei "komplex", dürfe man doch die Gesundheit des Körpers nicht gegen das Seelenheil ausspielen. Dabei gelte allerdings auch: "Ist es nicht wohltuend und gut, Räume der Stille und Sammlung zu haben, die einen zu den hektischen Lebenswelten auf Distanz gehen lassen? Anders-Orte des Sakralen, welche die Funktions- und Leistungsimperative der Gesellschaft unterbrechen? Stätten, die zur Begegnung mit dem Unbegreiflichen einladen, der sich selbst begreiflich machen wollte?"

In katholischen Kirchenräumen mache "ein ganzes Ensemble von Zeichen" die Präsenz des Heiligen bewusst, rief Tück in Erinnerung. Der Theologe verwies dabei auf das Weihwasser beim Übertreten der Schwelle - als Einladung, "der Taufe zu gedenken, durch die unser Name unauslöschlich mit dem Namen des dreifaltigen Gottes verbunden wurde". Ähnlich tiefgehende Bedeutung hätten auch der Altar, das Ambo, die Osterkerze oder das ewige Licht, welches die verborgene Gegenwart des Allerheiligsten im Tabernakel anzeige. "Sich betrachtend dem Allerheiligsten auszusetzen und sich zu sammeln, kann in Zeiten der Sorge und Zerstreuung allemal heilsam sein", so Tück.

Copyright 2021 Katholische Presseagentur KATHPRESS, Wien, Österreich

Alle Rechte vorbehalten

 


© 2021 www.kath.net