Radio Horeb: Zu katholisch für München?

25. Mai 2004 in Deutschland


"Radio Horeb" bewirbt sich um eine UKW-Frequenz in München. Kurz vor der Entscheidung schwingt die "Süddeutsche" die Fundamentalismus-Keule. Ein Bericht von Markus Reder / DIE TAGESPOST.


Würzburg (www.kath.net / tagespost)
Der Vorwurf ist massiv. „Einseitig, fundamentalistisch, frauenfeindlich“ titelte die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) jüngst in ihrem Münchner Lokalteil. Gemeint waren nicht etwa Islamisten, die die bayerische Landeshauptstadt unterwandern, sondern der katholische Privatsender „Radio Horeb“. Bislang zu empfangen über Astra-Satellit und etliche Kabelnetze, hat sich „Radio Horeb“ um die freie Münchner UKW-Frequenz 92,4 beworben. Und die Chancen auf einen Zuschlag stehen nicht schlecht: Der Hörfunkausschuss der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) hat dies mit großer Mehrheit ausdrücklich begrüßt. Entschieden ist damit aber noch nichts. Bei dem Votum des Hörfunkausschusses handelt es sich um eine Empfehlung für den Medienrat der Landeszentrale, der am 27. Mai endgültig über die Vergabe der Frequenz befindet.

Dann doch besser die Türken

Eine Entscheidung, die – so fürchtet die SZ – tatsächlich zu Gunsten der katholischen Radiomacher aus Balderschwang ausgehen könnte. Mit im Wettbewerb um die freie Frequenz sind ein Sender für türkisch stämmige Münchner und ein Messe- und Flughafensender, bei dem auch Karl-Otto Sauer mitwirkt. Sauer war in den achtziger Jahren Leiter des Medienressorts eben jener Zeitung, die jetzt schweres Geschütz gegen „Radio Horeb“ aufgefahren hat: der „Süddeutschen“.

Vertreter der katholischen und der evangelischen Kirche würden die Pro-Horeb- Entscheidung des Hörfunkausschusses scharf kritisieren, hieß es in der SZ vom 11. Mai. Gemeint waren nicht etwa der bayerische Episkopat und die evangelische Landeskirche, sondern der Sendlinger Gemeindepfarrer Klaus Mucha und Anke Geiger, die für die evangelischen Frauenorganisationen in der Landeszentrale für neue Medien sitzt. Mucha, seit 34 Jahren zuständig für die Hörfunkbeiträge der Erzdiözese München und Freising im Bayerischen Rundfunk, brandmarkte „Radio Horeb als „sehr einseitig“ und „fundamentalistisch“. Im Übrigen fand Mucha, dass es ausreiche, wenn die Kirche im öffentlich-rechtlichen Programm vertreten sei.

Eine Äußerung, die Medienexperten verwundert: Hält der Geistliche tatsächlich, dass, gesamte bereits bestehende kirchliche Engagement im privaten Hörfunk für unnötig? Und was ist mit den Kürzungen kirchlicher Sendezeit beim Bayerischen Rundfunk? Alles kein Problem für die Kirche? Was auch immer Mucha gemeint haben mag, den katholischen Sender „Radio Horeb“ will er jedenfalls nicht in München haben. Auch Anke Geiger nicht. Die streitbare Protestantin ist die Vorsitzende des BLM-Hörfunkausschusses. Über die SZ ließ sie wissen, dass sie „Radio Horeb“ „abstoßend“ für ein modernes Großstadtpublikum findet.

Geiger glaubt – wie Mucha – fundamentalistische Tendenzen zu erkennen. Besonders kritisiert sie das Frauenbild. Eine deutliche Mehrheit der Mitglieder des Hörfunkausschusses sieht das offensichtlich anders als die Vorsitzende und hat sich für „Radio Horeb“ ausgesprochen. Was die SZ dazu veranlasste, der Landeszentrale für neue Medien eindringlich zu raten, die Finger von „Radio Horeb“ zu lassen. Da seien denn doch die Türken ein passenderes Angebot für München, war zu lesen.

Warum der katholische Privatsender keinen Platz in der Landeshauptstadt haben soll, blieb dabei unklar. Den Anschuldigungen folgten keine Fakten, die die Vorwürfe belegt hätten. Dabei geben sich die katholischen Radiomacher aus Balderschwang alles andere als zugeknöpft. Im Internet informiert „Radio Horeb“ ausführlich über sein Sendeschwerpunkte. Liturgie, Katechese, Lebenshilfe, Soziales, Musik und Nachrichten seien die Säulen eines Programms, das sich bewusst am Lehramt der katholischen Kirche orientiere, heißt es da.

Als „völlig absurd“ bezeichnet Pfarrer Richard Kocher, Gründer und Programmverantwortlicher von „Radio Horeb“ die Vorwürfe. „Es hat nie eine einzige offizielle Beschwerde oder Rüge gegen uns gegeben“, hebt Kocher hervor. Bei den entscheidenden Sendungen dürfen Zuschauer anrufen und sich einschalten. Der Dialog mit den Hörern sei ausdrücklich gewünscht, so der Geistliche. Kocher sieht die große Mehrheit des bayerischen Episkopates auf seiner Seite.

„Zahlreiche Bischöfe setzen sich für ,Radio Horeb‘ ein“, sagt er. Nicht nur in Bayern. Zum Beispiel gehöre auch Kardinal Ratzinger zu den Unterstützern des Senders, so der Pfarrer aus Balderschwang. Die Nähe zum kirchlichen Lehramt drückt sich denn auch in zahlreichen Übertragungen von Pontifikalämtern und Sendungen mit Bischöfen und Kardinälen aus.

Ein Sendeprofil, das Kritiker schäumen lässt

Dass ein solches Programm Gegner auf den Plan ruft, ist für Kocher nicht neu. Er weiß von Kritikern, die es bereits für einen Ausdruck von Fundamentalismus halten, wenn Rosenkranz und heilige Messe von „Horeb“ übertragen werden. Das kommentiere sich selbst, meint der Geistliche. Wer für den Lebensschutz ungeborener Kinder ist, sei auch keineswegs frauenfeindlich, schickt er nach.

Gegen den Vorwurf der Frauenfeindlichkeit haben sich auch die elf Mitarbeiterinnen des Senders gewandt. In einem Brief an die Vorsitzende des Hörfunkausschusses, Anke Geiger, weisen sie deren Angriffe entschieden zurück und fragen: „was an unserem Frauenbild (dem der katholischen Kirche) so problematisch sei.“

Auch in Österreich hatte es vor einiger Zeit Auseinandersetzungen um eine freie UKW-Frequenz gegeben. Zugesprochen wurde sie schließlich „Radio Maria“. Ein Sender, der wichtige Teile seines Programms von „Radio Horeb“ bezieht. Für Kocher ein Erfolg, den er auch auf die Unterstützung der Kardinäle Schönborn und König zurückführt.

Das Erzbistum hält sich aus dem Streit heraus

Das Erzbischöfliche Ordinariat München hält sich aus dem Streit um „Radio Horeb“ heraus. Der Sender sei keine „offizielle kirchliche Einrichtung, sondern eine private Initiative katholischer Christen“, betont Winfried Röhmel, Pressesprecher des Erzbistums gegenüber dieser Zeitung. Die Äußerungen des Rundfunkbeauftragten, Pfarrer Mucha, seien dessen persönliche Ansicht, sagt Röhmel. „Es gab kein Mandat, für das Erzbistum zu sprechen.“

Von Seiten des Ordinariates gebe es gegenüber „Radio Horeb“ weder „Berührungsängste“ noch „Gegnerschaft“, aber auch kein „Parteiergreifen“, hebt Röhmel hervor. Für den Pressechef des Ordinariates stellt „Radio Horeb“ einen „Ausschnitt des Katholischen dar, nicht die gesamte Bandbreite.“

Wenn der Sender den Schritt von der „Nische“ in die „freie Wildbahn“ tue, müssen sich zeigen, ob er die „notwendige Professionalität und katholische Offenheit“ mitbringe, um ein weiteres Spektrum anzusprechen und zu bestehen, sagt Röhmel. „Dafür kann man nur alles Gute wünschen“, meint er weiter. „In einem solchen Projekt stecken auch große Chancen. Wir werden das vorurteilsfrei beobachten.“

(c) DIE TAGESPOST/ Markus Reder


© 2004 www.kath.net