16. Februar 2022 in Kommentar
„Es gleicht dem Turmbau zu Babel, wenn die westliche Gesellschaft glaubt, sie hätte nach Tausenden von Jahren Menschheitsgeschichte eine gottgewollte Lebensweise entdeckt, die Gott selbst bis dahin entgangen wäre.“ Gastkommentar von Sebastian Moll
Linz (kath.net) Eines der beliebtesten Argumente für die kirchliche Segnung homosexueller Paare lautet, dass die biblische Verurteilung homosexueller Praxis sich nicht auf monogame Beziehungen zwischen Menschen gleichen Geschlechts (‚Homo-Ehe‘) beziehe, da eine solche Lebensweise zur Zeit der Entstehung der Heiligen Schrift völlig unbekannt gewesen sei. So korrekt diese Aussage ist, so falsch ist das damit verbundene Argument, und zwar aus den folgenden Gründen:
Zunächst ist es generell fragwürdig, in ethischen Fragen mit dem Nichtvorkommen eines bestimmten Phänomens in der Bibel zu argumentieren. Schließlich kommen in der Heiligen Schrift auch keine Atombomben oder andere Massenvernichtungswaffen vor, und dennoch dürfte deren Ablehnung zum christlichen Konsens gehören. Es ist auch nicht schwer zu erkennen, warum, nämlich mittels einfacher Extrapolation: Wenn es Sünde ist, einen Menschen zu ermorden, dann ist es auch Sünde, 1000 Menschen zu ermorden. Wenden wir diese Methode der Extrapolation nun auf die Frage der Homosexualität an, so ergibt sich folgendes Ergebnis: Wenn der homosexuelle Akt in sich sündhaft ist – und daran lässt die Bibel keinen Zweifel –, dann bleibt er auch dann sündhaft, wenn man ihn tausendmal mit demselben Partner ausführt.
Ferner stellt sich die Frage, warum die Bibel eine entsprechende Lebensgemeinschaft nicht kennt. Immerhin umschließt die Heilige Schrift eine gewaltige Zeitspanne, inklusive der Hochkultur des Römischen Reiches im ersten Jahrhundert. In der heidnischen Kultur der Antike war Homosexualität ein bekanntes und keineswegs verpöntes Phänomen, ebenso kannte man natürlich das Konzept von Ehe und Familie. Weshalb also hat sich in dieser Gesellschaft niemals das Konzept einer ‚Homo-Ehe‘ entwickelt? Vielleicht weil man so weise war zu erkennen, dass dieses Modell keinen gesellschaftlichen Mehrwert bietet? Eine Beziehung zwischen Menschen gleichen Geschlechts mag den Beteiligten zur Geborgenheit und Lustbefriedigung dienen, für die übrige Gesellschaft jedoch bleibt sie ohne Wert. Warum also sollte der Staat eine derartige Gemeinschaft schützen oder fördern?
Noch entscheidender als die gesellschaftliche Sicht ist aber die göttliche. Wenn die Heilige Schrift eine homosexuelle Lebenspartnerschaft nicht kennt, dann deshalb nicht, weil Gott sie in seiner Schöpfungsordnung nicht vorgesehen hat. Es gleicht dem Turmbau zu Babel, wenn die westliche Gesellschaft ernsthaft glaubt, sie hätte nach Tausenden von Jahren der Menschheitsgeschichte eine gottgewollte Lebensweise entdeckt, die Gott selbst bis dahin entgangen wäre. Ironischerweise ist somit die Tatsache, dass die Bibel eine ‚Homo-Ehe‘ nicht kennt, das schärfste theologische Argument gegen eine Segnung derselben.
© 2022 www.kath.net