Flüssig katholisch – eine Verneigung vor George Weigel

21. Februar 2022 in Kommentar


In einem Artikel auf First Things kritisiert Weigel den deutschen synodalen Weg. „Light“ hat als Bild für einen verdunstenden Glauben nicht funktioniert - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Linz (kath.net)

Catholic light geht voran, am Ende folgt Catholic zero. Ein wenig bedauert es der US-amerikanische Theologe George Weigel, dass dieses Bild international nicht so recht gezündet hat. In einem Artikel auf First Things kritisiert Weigel den deutschen synodalen Weg. „Light“ hat als Bild für einen verdunstenden Glauben nicht funktioniert, Weigel spricht deshalb heute eher von einem “Liquid Catholicism”, wie er erklärt und den er, wie folgt definiert: Dies ist eine inhaltlich leichte Kirche, die sich an der umgebenden Kultur orientiert und sich in erster Linie damit befasst, gute Werke zu tun, die dem Weltverständnis von „guten Werken“ entsprechen. (a content-light Church that takes its cues from the surrounding culture and imagines itself primarily in the business of doing good works, in the world’s understanding of “good works“.)

Wer hat an dieser Stelle nicht sofort die Versammlung in Frankfurt und deren Folgen auf dem Schirm? Da kann man ad hoc all die guten Werke des Zeitgeistes aufzählen, die mit leichter (Abstimmungs-)Hand aus der deutschen flüssig-katholischen Kirche herausfließen. Selbst die Abschaffung des sechsten Gebotes im kirchlichen Arbeitsrecht stellt für einen “Liquid Catholicism” kein Hindernis dar. Die Eigendynamik, die das Geschehen inzwischen annimmt, ist kaum zu beschreiben. Die restlichen Versammlungen des synodalen Weges könnte man sich sparen. Das „ZdK“ reicht bei der DBK eine Wunschliste ein und die Bischöfe setzen es um. Kaum noch eine Forderung der selbsternannten kirchlichen Reformbewegungen, denen große Teile unsres Episkopats nicht nachgeben wollen. Macht man unter dem Pseudonym „Zeichen der Zeit“ den Zeitgeist zum Lehrmeister der Theologie, lässt sich alles begründen. Mit der Glaubens- und Lehrtraditon der Kirche hat das nichts mehr gemein.

Noch einmal soll hier George Weigel selber zu Wort kommen: „Unser Herr Jesus sagt, dass die Ehe für immer ist; der Synodale Weg kann das ändern. Paulus und die gesamte biblische Tradition lehren, dass gleichgeschlechtliche Aktivitäten gegen den göttlichen Plan für die menschliche Liebe verstoßen, der in unsere Geschöpflichkeit als Mann und Frau eingeschrieben ist; der Synodale Weg kann das ändern, weil wir Postmodernen es besser wissen. Zweitausend Jahre katholischer Tradition, die 1994 vom heiligen Papst Johannes Paul II. endgültig bestätigt wurde, lehren, dass die Kirche nicht befugt ist, Frauen zum Diakonat, zum Priestertum oder zum Bischof zu weihen, weil dies die eheliche Beziehung Christi des Hohepriesters zu seiner Braut, der Kirche, verfälschen würde; der Zeitgeist sagt, dass das Unsinn ist und der deutsche Synodale Weg stimmt mit dem Zeitgeist überein.“ (Übersetzung: PW)

Was der amerikanische Theologe hier mit drei Sätzen einfach abräumt, wird in deutschen Synodalforen in ellenlange Texte gegossen, die in unendlich vielen Worten verschleiern, dass sie exakt das Gegenteil von katholischer Lehre beinhalten. Zu unserer Schande werden diese Texte dann sogar von Bischöfen und Priestern durch positives Abstimmungsvotum in der Versammlung goutiert. Mehr noch, immer mehr deutsche Bischöfe kommen aus der Deckung, dass sie entweder persönlich oder aus Furcht vor dem Zeitgeist die mehrfach bestätigte, verbindliche katholische Lehre von „Ordinatio sacerdotalis“ ablehnen. Jüngst sprach sich der Erzbischof von Bamberg für die in der katholischen Kirche nicht mögliche Priesterweihe für Frauen aus. Man muss dem Faktum ins Gesicht sehen, unter dem von Funktionären, öffentlicher Meinung und Teilen des Episkopats selber aufgebautem Druck, wird irgendwann ein Bischof Fakten schaffen.

Doch man sollte sich niemals Illusionen hingeben. Die Organisation, deren Vertreter – vermutlich sogar wirklich ein gültig geweihter katholischer Bischof – eine Frau zur Priesterin weihen wird, ist dann nicht mehr die katholische Kirche. Das Kirchenrecht sieht – nach einer Änderung durch Papst Franziskus, der sich der Gefahr offensichtlich bewußt ist – die sofortige Exkommunikation eines Bischofs vor, der eine Weihesimulation an einer Frau vornimmt. Es ergibt keinen Sinn, hier von aufeinanderprallenden Meinungen zu reden. Im Gegenteil hier prallt die liquid katholische Meinung, die Frauenweihe sei möglich auf das harte und unverrückbare katholische Faktum der Lehre von „Ordinatio sacerdotalis“. Das ließe sich so oder ähnlich an vielen Beispielen von Phantastereien der deutschen Synodalisten durchdeklinieren. Zwischen den Synodalversammlungen wird abgeräumt und der Boden für die nächste Stufe der Verflüssigung der katholischen Lehre bereitet. Allein die rapide Zunahme der Geschwindigkeit, mit der abgeräumt wird – z.B. noch vor der Sommerpause einen neue Kirchliche Grundordnung im Arbeitsrecht – lässt den kritischen Beobachter atemlos werden.

Zugleich nimmt aber auch die Schärfe der Kritik aus dem Ausland zu. George Weigel ist nur eine Stimme, aber eine, die sehr gut erklärt, wo das Problem zu verorten ist. Wenn ich persönlich etwas wünschen dürfte, wäre es eine theologische Untersuchung des „Orientierungstextes“ des synodalen Weges durch George Weigel. Der Grund liegt darin, dass von diesem Text aus die Linien der Dekonstruktion des Glaubens gezogen werden können. Dieser Text, der der Versammlung absprachewidrig vom Vorstand oktroyiert wurde, legt die ganze Dramatik der Apostasie des synodalen Weges offen. Wer genug Opferbereitschaft und Stehvermögen im Glauben aufbringt kann den Text lesen, er ist öffentlich, doch Vorsicht: sowas ist toxisch für die Seele. Eine tiefgreifende Analyse von einem renommierten Theologen könnte hilfreich sein, noch besser zu verstehen, was auf dem synodalen Weg passiert und wie es passiert.

Vielleicht geht es noch pragmatischer. Das Präsidium des synodalen Weges lädt sich so gerne internationale Beobachter ein. Mit dieser und anderen Wortmeldungen hat sich George Weigel durchaus qualifiziert, zur nächsten Versammlung im September als Beobachter eingeladen zu werden und das Wort zu ergreifen. Doch so viel Mut traut nicht einmal der größte Optimist dem Präsidium des synodalen Weges von DBK und „ZdK“ zu.


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