Polnischer Episkopatsvorsitzender Gądecki schreibt DBK in brüderlicher Sorge wegen Synodalem Weg!

22. Februar 2022 in Weltkirche


„Vermeiden wir die Wiederholung abgedroschener Slogans und Standardforderungen wie die Abschaffung des Zölibats, das Priestertum der Frauen, die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene oder die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften“


Warschau-Bonn (kath.net/Polnische Bischofskonferenz/pl) „In Anbetracht der Glaubens- und Geschichtsgemeinschaft zwischen Polen und Deutschland möchte ich meine tiefe Besorgnis über die Informationen zum Ausdruck bringen, die in jüngster Zeit aus bestimmten Kreisen der katholischen Kirche in Deutschland zu vernehmen waren“, schrieb der Vorsitzende der polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanisław Gądecki, in einem Brief an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing in Bezug auf  den deutschen „Synodalen Weg”.

Der Vorsitzende des polnischen Episkopats erkannte an, dass die katholische Kirche in Deutschland eine wichtige Rolle in Europa spielt. „Deshalb betrachte ich das bisherige Vorgehen des deutschen „Synodalen Weges“ mit Sorge. Wenn man ihre Früchte betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, dass die Grundlage der Reflexion nicht immer das Evangelium ist“, schrieb Gądecki.

Erzbischof Gądecki betonte, dass getreu der Lehre der Kirche dürfen wir nicht dem Druck der Welt oder den Modellen der vorherrschenden Kultur nachgeben, da dies zu moralischer und geistiger Korruption führen kann. „Vermeiden wir die Wiederholung abgedroschener Slogans und Standardforderungen wie die Abschaffung des Zölibats, das Priestertum der Frauen, die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene oder die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften“, appellierte er.

Trotz Empörung, Ächtung und Unpopularität kann die katholische Kirche, die der Wahrheit des Evangeliums treu ist und gleichzeitig von der Liebe zu jedem Menschen angetrieben wird, nicht schweigen und diesem falschen Menschenbild zustimmen, geschweige denn es segnen oder fördern, so der Vorsitzender des polnischen Episkopats.

Die gegenwärtige Krise der Kirche in Europa ist vor allem eine Krise des Glaubens . Die Krise des Glaubens ist einer der Gründe, warum die Kirche Schwierigkeiten hat, eine klare theologische und moralische Lehre zu verkünden, schrieb Gadecki.  Die Autorität des Papstes und der Bischöfe wird am meisten gebraucht, wenn die Kirche eine schwierige Zeit durchmacht und wenn sie unter Druck steht, von der Lehre Jesu abzuweichen.

In seinem Brief  verwies Erzbischof Gądecki auf die Dokumente der katholischen Kirche, die Lehre von Papst Franziskus, Johannes Paul II. und Paul VI. sowie der Kongregation für die Glaubenslehre.

kath.net dokumentiert den Brief in voller Länge:

Lieber Bischof Georg,

die katholische Kirche in Deutschland und die katholische Kirche in Polen sind durch eine mehr als tausendjährige gemeinsame Geschichte miteinander verbunden. Diese Geschichte erwächst aus dem Depositum des apostolischen Glaubens an Jesus Christus, das, in die Hände des heiligen Petrus gelegt, den Nachfolgern der Apostel – den Bischöfen – weitergegeben wurde, die die einzelnen Ortskirchen leiten, lehren und heiligen. „Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,18-19).

Diese Glaubensgemeinschaft drückt sich unter anderem in den Heiligenfiguren aus, die sowohl von polnischen als auch von deutschen Katholiken verehrt werden. Ich denke dabei an den Heiligen Brun von Querfurt, die Heilige Hedwig von Schlesien, die Heilige Teresia Benedicta vom Kreuz (Edith Stein) oder den Heiligen Maximilian Maria Kolbe. Von besonderer Bedeutung in unseren Beziehungen ist auch der Briefwechsel über die Vergebung, der den Beginn eines wichtigen und dringend notwendigen Versöhnungsprozesses nach den schwierigen Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs markiert. Dieser Prozess wurde sowohl von Karol Wojtyła als auch vom seligen Stefan Kardinal Wyszyński unterstützt.  In späteren Jahren fand er seinen konkreten Ausdruck in der geistigen und materiellen Unterstützung, die wir von deutschen Katholiken während der Zeit des Kommunismus in unserer Heimat erhielten.

Aus all diesen Gründen ist mir die katholische Kirche in Deutschland sehr nahe und sehr wichtig. In Anbetracht dieser Glaubens- und Geschichtsgemeinschaft zwischen Polen und Deutschland möchte ich meine tiefe Besorgnis über die Informationen zum Ausdruck bringen, die in jüngster Zeit aus bestimmten Kreisen der katholischen Kirche in Deutschland zu vernehmen waren. Erlauben Sie mir daher, im Geiste christlicher Nächstenliebe, diesen Brief an Sie – als den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz – zu richten, voll brüderlicher Sorge, im Geiste gemeinsamer Verantwortung für das uns von Christus anvertraute Gut des heiligen apostolischen Glaubens.

Als Hirten der Kirche sind wir uns bewusst, dass in der Welt ein geistlicher Kampf geführt wird. „Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen“ (Eph 6,12). Christus hat den Sieg über Satan errungen, und es ist die Aufgabe der Kirche, diesen Sieg in der Welt Wirklichkeit werden zu lassen. Erlauben Sie mir, lieber Bruder im Bischofsamt, meine Besorgnis über die Stichhaltigkeit der von einigen Kreisen der katholischen Kirche in Deutschland vorgebrachten Thesen, insbesondere im Zusammenhang mit dem sogenannten „synodalen Weg“, zu teilen.

Die Versuchung, die Fülle der Wahrheit außerhalb des Evangeliums zu suchen

Die katholische Kirche in Deutschland ist wichtig auf der Landkarte Europas, und ich bin mir bewusst, dass sie entweder ihren Glauben oder ihren Unglauben auf den gesamten Kontinent ausstrahlen wird. Deshalb betrachte ich das bisherige Vorgehen des deutschen „synodalen Weges“ mit Sorge. Wenn man ihre Früchte betrachtet, kann man den Eindruck gewinnen, dass die Grundlage der Reflexion nicht immer das Evangelium ist. Dies ist im Laufe der Geschichte immer wieder geschehen. Man denke nur an die sogenannte Jefferson-Bibel (T. Jefferson, The Life and Morals of Jesus of Nazareth, Rough Draft Printing 2015). Der amerikanische Präsident behauptete, dass die Evangelien Sätze enthalten, die sehr weise und erhaben seien, die sicherlich direkt von Jesus stammen würden, aber auch Sätze, die töricht und trivial seien, so dass sie von ungebildeten Aposteln stammen müssten. In der Überzeugung, dass er über die Kriterien verfüge, einen Satz von einem anderen zu unterscheiden, beschloss er, dies mit einer Schere zu tun. Auf diese Weise wurde ein moderner apokrypher Text geschaffen, der nach Ansicht seines Verfassers besser als das Original war. Es ist nicht auszuschließen, dass gerade in diesen anspruchsvollen Fragmenten der Bibel, die unter die „Jefferson-Schere“ fielen, das proprium christianum – das, was dem Christentum allein eigen ist – zum Ausdruck komme.

Die Versuchung, an die Unfehlbarkeit der Sozialwissenschaften zu glauben

Eine der Versuchungen in der Kirche besteht heute darin, die Lehre Jesu ständig mit den aktuellen Entwicklungen in der Psychologie und den Sozialwissenschaften zu konfrontieren. Wenn etwas im Evangelium nicht mit dem aktuellen Wissensstand in diesen Wissenschaften übereinstimmt, versuchen die Jünger, das Evangelium zu „aktualisieren“, um den Meister davor zu schützen, in den Augen seiner Zeitgenossen kompromittiert zu werden. Die Versuchung, sich zu „modernisieren“, betrifft insbesondere den Bereich der sexuellen Identität. Dabei wird jedoch vergessen, dass sich der Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse oft ändert, manchmal sogar dramatisch, z. B. aufgrund von Paradigmenwechseln. Die Wandelbarkeit liegt in der Natur der Wissenschaft, der nur ein Bruchteil des gesamten möglichen Wissens zur Verfügung steht. Die Entdeckung von Fehlern und deren Analyse ist der Motor des wissenschaftlichen Fortschritts.

Einige wissenschaftliche Fehler hatten jedoch dramatische Folgen. Man braucht nur wissenschaftliche Theorien wie Rassismus oder Eugenik zu erwähnen. Auf der Grundlage der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse verabschiedete der US-Kongress 1924 den National Origin Act, der restriktive Einwanderungsquoten für Süd- und Mitteleuropäer vorsah und die Einwanderung aus Asien fast vollständig verbot. Der Hauptgrund war der Glaube, dass Völker wie Italiener und Polen rassisch minderwertig seien. Andererseits wurden im 20. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten auf der Grundlage der Erkenntnisse der Eugenik schätzungsweise 70.000 Frauen, die ethnischen Minderheiten angehörten, zwangssterilisiert (vgl. G. Consolmagno, Covid, fede e fallibilità della scienza, La Civiltà Cattolica 4118, S. 105-119). In diesem und anderen Fällen spricht man von sogenannten „wissenschaftlichen Fehlern“. Daneben gibt es aber auch „ideologische Täuschungen“. Diese liegen zum Beispiel dem Wandel in der Einstellung zur Sexualität zugrunde, der derzeit zu beobachten ist (J. A. Reisman, E. W. Eichel, Kinsey, Sex and Fraud: The Indoctrination of a People, Huntington House Publication, Lafayette 1990; J. Colapinto, As Nature Made Him. The Boy Who Was Raised As a Girl, Harper Perennial, New York-London-Toronto-Sydney 2006).

Der Prozess der Wissensentwicklung hört nicht mit unserer Generation auf. Die Generationen, die nach uns kommen, werden manche die Bücher, z. B. solche über Psychologie oder Sozialwissenschaften, die heute als nahezu unfehlbar gelten, beiseitelegen müssen. Wie sollte die Kirche also auf den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse reagieren, um nicht den Fehler zu wiederholen, den sie in Bezug auf Galileo Galilei begangen hat? Dies ist eine ernste intellektuelle Herausforderung, der wir uns stellen müssen, indem wir uns auf die Offenbarung und die soliden Errungenschaften der Wissenschaft stützen.

Die Versuchung, mit einem Minderwertigkeitskomplex zu leben

Ich bin mir bewusst, dass die Katholiken von heute – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Polen – unter dem Druck der öffentlichen Meinung leben, was bei vielen von ihnen eine Art Minderwertigkeitskomplex hervorruft. Die Jünger Christi im Allgemeinen, so schrieb Papst Franziskus, seien heute von einer Art Minderwertigkeitskomplex bedroht, „der sie dazu führt, ihre christliche Identität und ihre Überzeugungen zu relativieren oder zu verbergen. (…) Schließlich ersticken sie die Missionsfreude in einer Art Besessenheit, so zu sein wie alle anderen und das zu haben, was alle anderen besitzen“ (Evangelii gaudium, 79).

Papst Franziskus hat in einer Ansprache an die Mitarbeiter der römischen Kurie betont, dass wir heute in Europa nicht mehr in einem „christlichen System“ leben (Franziskus, Ansprache an die römische Kurie anlässlich des Weihnachtswunsches, 21.12.2019). Die Welt ist in vielerlei Hinsicht pluralistischer geworden. Eine wichtige Ursache für diesen Wandel auf dem Alten Kontinent ist „eine tiefe Glaubenskrise, die viele Menschen befallen hat“. Der Glaube „stellt keine selbstverständliche Voraussetzung des allgemeinen Lebens mehr dar, sondern wird oft sogar geleugnet, belächelt, an den Rand gedrängt und lächerlich gemacht“. Leider hat „der Gott dieser Weltzeit das Denken der Ungläubigen verblendet“ (2 Kor 4,4). Man erträgt nicht die gesunde Lehre, sondern sich nach eigenen Begierden Lehrer sucht (vgl. 2 Tim 4,3). Daher ist die an die Römer gerichtete Warnung berechtigt: „Und gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern lasst euch verwandeln durch die Erneuerung des Denkens, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes ist: das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene!“ (Röm 12,2).

Getreu der Lehre der Kirche dürfen wir nicht dem Druck der Welt oder den Modellen der vorherrschenden Kultur nachgeben, da dies zu moralischer und geistiger Korruption führen kann. Vermeiden wir die Wiederholung abgedroschener Slogans und Standardforderungen wie die Abschaffung des Zölibats, das Priestertum der Frauen, die Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene oder die Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften. Die „Aktualisierung“ der Definition der Ehe in der EU-Grundrechtecharta ist kein Grund, mit dem Evangelium zu manipulieren.

Die Versuchung des Unternehmensdenkens

Ich weiß, dass die Kirche in Deutschland immer mehr Gläubige verliert und dass die Zahl der Priester von Jahr zu Jahr abnimmt. Sie sucht daher nach Wegen, um die Gläubigen bei der Stange zu halten und junge Menschen zu ermutigen, sich für das Priesteramt zu entscheiden. Dabei scheint sie sich jedoch der Gefahr eines unternehmerischen Denkens auszusetzen: „Es gibt einen Personalmangel, wir sollten die Einstellungskriterien senken“. Daher wurde das Postulat der Aufhebung der Verpflichtung zum priesterlichen Zölibat in den Text „Versprechen der Ehelosigkeit im Dienst des Priesters“ aufgenommen, der am 4. Februar dieses Jahres auf der Versammlung des „synodalen Weges“ in Frankfurt am Main in erster Lesung behandelt wurde.

Die Antwort auf die Frage nach dem Verhältnis zwischen dem Erfordernis des priesterlichen Zölibats und der Zahl der Berufungen wurde bereits von Papst Paul VI. gegeben: „Wir sind nicht geneigt zu glauben, dass durch die Abschaffung des kirchlichen Zölibats die Zahl der Priesterberufungen sofort erheblich ansteigen würde. Die derzeitige Praxis der Kirchen und anderer Religionsgemeinschaften, die ihren Geistlichen die Eheschließung gestatten, scheint das Gegenteil zu belegen“ (Sacerdotalis celibatus, 49).

Die Ursachen der Krise liegen woanders. Wir Kleriker sind oft zu bloßen Experten für Sozial-, Migrations- und Umweltpolitik geworden, was sicherlich kein zölibatäres Leben erfordert. Aber Christus braucht, wie Papst Franziskus betont, keine Geistlichen, die sich zwanghaft mit ihrer Freizeit beschäftigen und „das dringende Bedürfnis haben, ihre Freiräume zu bewahren, als sei ein Evangelisierungsauftrag ein gefährliches Gift anstatt eine freudige Antwort auf die Liebe Gottes, der uns zur Mission ruft“ (Evangelii gaudium, 81). Die Gläubigen verdienen Priester, die sich ganz in den Dienst Christi stellen. Christus ruft seine Jünger auf, „mit ihm zu sein“ (Mk 3,14). Was die Menschen zur Kirche und zum Priestertum zieht, ist nicht ein weiteres Angebot für ein leichtes Leben, sondern das Beispiel eines Lebens, das ganz Gott geweiht ist.

In diesem Zusammenhang hat auch der deutsche „synodale Weg“ die Frage der Frauenordination aufgegriffen und am 4. Februar in Frankfurt am Main über den Text „Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche“ abgestimmt. Diese Frage wurde von Johannes Paul II. endgültig geklärt. „Damit also jeder Zweifel bezüglich der bedeutenden Angelegenheit, die die göttliche Verfassung der Kirche selbst betrifft, beseitigt wird, erkläre ich kraft meines Amtes, die Brüder zu stärken (vgl. Lk 22,32), daß die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und daß sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“ (Johannes Paul II., Ordinatio Sacerdotalis, 4).

Daran hat Papst Franziskus bereits mehrfach erinnert: „Und was die Frauenordination angeht, so hat die Kirche sich geäußert und gesagt: ‚Nein‘. Johannes Paul II. hat es definitiv gesagt. Dieses Tor ist geschlossen, aber in dieser Angelegenheit möchte ich Ihnen etwas sagen. Ich habe es bereits gesagt, aber ich wiederhole es. Die Muttergottes, Maria, war wichtiger als die Apostel, Bischöfe, Diakone und Priester. Eine Frau in der Kirche ist wichtiger als Bischöfe und Priester“ (Franziskus, Pressekonferenz auf dem Flug von Rio de Janeiro nach Rom am 28.07.2013).

In der modernen Welt wird Gleichheit oft missverstanden und mit Uniformität gleichgesetzt. Jeder Unterschied wird als ein Zeichen von Diskriminierung behandelt. Außerdem wird das Priestertum manchmal als Quelle von Herrschaft und kirchlicher Karriere missverstanden und nicht als demütiger Dienst. Johannes Paul II. hat sich in seiner Lehre über das den Männern vorbehaltene Weihesakrament auf den Willen Christi und der Tradition berufen und dabei auf die so genannte „Komplementarität der Geschlechter“ hingewiesen. Frauen spielten eine sehr wichtige Rolle im Leben Jesu, neben Jakobus und Johannes gibt es auch Maria und Martha. Sie waren die ersten Zeugen der Auferstehung. Schließlich haben wir die selige Jungfrau Maria, ohne deren Zustimmung das Geheimnis der Menschwerdung nicht stattgefunden hätte und von der Jesus gelernt hat, Mensch zu sein. Obwohl Christus gegen die in der jüdischen Gesellschaft akzeptierten Regeln für das Verhältnis zwischen Mann und Frau verstieß, wie in seinem Gespräch mit der Samariterin, ließ er nicht den geringsten Zweifel daran, dass das Priesteramt eine Berufung ausschließlich für Männer ist (vgl. Mulieris dignitatem, 26; Ordinatio Sacerdotalis, 2). Das hinderte die Frauen jedoch nicht daran, in der Kirche eine ebenso wichtige, manchmal vielleicht sogar wichtigere Rolle zu spielen als die Männer. Die Liste der weiblichen Heiligen, die die Geschicke der Kirche maßgeblich beeinflusst haben, ist lang. Dazu gehören die Heilige Hildegard von Bingen, die Heilige Katharina von Siena, die Heilige Hedwig, Königin von Polen, die Heilige Teresa von Avila und die Heilige Faustina.

Darüber hinaus wurde in einem der vier Foren des „synodalen Weges“ über ein Arbeitsdokument „Leben in gelingenden Beziehungen“ abgestimmt, das die irrige und skandalöse Praxis der Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften fördert und versucht, die Lehre der Kirche über die Sünde homosexueller Handlungen zu ändern.

Der Katechismus unterscheidet klar zwischen homosexuellen Neigungen und homosexuellen Handlungen. Er lehrt die Achtung vor jedem Menschen unabhängig von seiner Neigung, verurteilt aber homosexuelle Handlungen eindeutig als naturwidrig (vgl. Röm 1,24-27; 1 Kor 6,9-10).

Trotz Empörung, Ächtung und Unpopularität kann die katholische Kirche, die der Wahrheit des Evangeliums treu ist und gleichzeitig von der Liebe zu jedem Menschen angetrieben wird, nicht schweigen und diesem falschen Menschenbild zustimmen, geschweige denn es segnen oder fördern.

Die Unzulässigkeit der Segnung gleichgeschlechtlicher Paare wurde von der Kongregation für die Glaubenslehre in ihrem Schreiben vom 22. Februar 2021 in Erinnerung gerufen: „Um der Natur der Sakramentalien zu entsprechen, ist es deshalb erforderlich, dass, wenn über einige menschliche Beziehungen ein Segen herabgerufen wird, abgesehen von der rechten Absicht derjenigen, die daran teilnehmen, die zu segnende Wirklichkeit objektiv und positiv darauf hingeordnet ist, die Gnade zu empfangen und auszudrücken, und zwar im Dienst der Pläne Gottes, die in die Schöpfung eingeschrieben und von Christus dem Herrn vollständig offenbart sind. Mit dem Wesen der von der Kirche erteilten Segnung ist daher nur vereinbar, was an sich darauf hingeordnet ist, diesen Plänen zu dienen. Aus diesem Grund ist es nicht erlaubt, Beziehungen oder selbst stabilen Partnerschaften einen Segen zu erteilen, die eine sexuelle Praxis außerhalb der Ehe (das heißt außerhalb einer unauflöslichen Verbindung eines Mannes und einer Frau, die an sich für die Lebensweitergabe offen ist) einschließen, wie dies bei Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts der Fall ist“ (Kongregation für die Glaubenslehre, Responsum ad dubium der Kongregation für die Glaubenslehre über die Segnung von Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts).

Die Versuchung, sich dem Druck zu beugen

Die gegenwärtige Krise der Kirche in Europa ist vor allem eine Krise des Glaubens. Um über Gott zu sprechen, müssen wir zuerst mit Gott sprechen, der in der Tiefe unseres Herzens lebt, wo wir die Wahrheit schmecken (R. Sarah, Serving the Truth, Wydawnictwo Sióstr Loretanek, Warszawa 2021, S. 148). Die Krise des Glaubens ist einer der Gründe, warum die Kirche Schwierigkeiten hat, eine klare theologische und moralische Lehre zu verkünden.

Die Autorität des Papstes und der Bischöfe wird am meisten gebraucht, wenn die Kirche eine schwierige Zeit durchmacht und wenn sie unter Druck steht, von der Lehre Jesu abzuweichen. Wenn sie ähnliche Dramen erlebt wie die Christen in Galatien. Das muss sie mit Nachdruck sagen: „Es gibt kein anderes Evangelium, es gibt nur einige Leute, die euch verwirren und die das Evangelium Christi verfälschen wollen“ (Gal 1,7).

Papst Paul VI., der wegen seiner in der Enzyklika Humanae vitae zum Ausdruck gebrachten Haltung zur Empfängnisverhütung unter Druck stand, schrieb: „Soll das moralische Gesetz auf das Niveau dessen gesenkt werden, was die Menschen gewöhnlich tun, und so die Moral auf das Niveau des Brauchtums reduzieren (das übrigens morgen noch schlechter sein kann als heute, und wo werden wir dann ankommen)? Oder ist es im Gegenteil notwendig, ein hohes Niveau des Ideals aufrechtzuerhalten, auch wenn es schwer zu erreichen ist, auch wenn der normale Mensch sich unfähig oder schuldig fühlt, es zu erreichen? Ich denke, dass ich zusammen mit allen Weisen, Helden und Heiligen sagen würde: Alle wahren Freunde der menschlichen Natur und des wahren menschlichen Glücks (Gläubige und Ungläubige) werden, auch wenn sie protestieren und Widerstand leisten, in ihren Herzen der Autorität danken, die genug Licht, Kraft und Vertrauen hat, um das Ideal nicht zu senken. Weder die Propheten Israels noch die Apostel der Kirche haben sich je darauf eingelassen, das Ideal abzuschwächen, noch haben sie den Begriff der Vollkommenheit aufgeweicht, noch haben sie versucht, den Abstand zwischen dem Ideal und der Natur zu verringern. Sie haben den Sündenbegriff nie eingeschränkt – ganz im Gegenteil“ (Paul VI., in: J. Guitton, Dialoge mit Paul VI., Poznań 1969, S. 296).

In ähnlicher Weise schrieb Papst Franziskus: „Da der Glaube einer ist, muss er in seiner ganzen Reinheit und Unversehrtheit bekannt werden. Gerade weil alle Glaubensartikel in Einheit verbunden sind, bedeutet, einen von ihnen zu leugnen, selbst von denen, die weniger wichtig zu sein scheinen, gleichsam dem Ganzen zu schaden. Jede Epoche macht die Erfahrung, dass einzelne Aspekte des Glaubens leichter oder schwieriger angenommen werden können: Deswegen ist es wichtig, wachsam zu sein, damit das ganze Glaubensgut weitergegeben wird (vgl. 1 Tim 6,20), damit in angemessener Weise auf alle Aspekte des Bekenntnisses des Glaubens bestanden wird. Insofern die Einheit des Glaubens die Einheit der Kirche ist, heißt etwas vom Glauben wegnehmen in der Tat etwas von der Wahrheit der Gemeinschaft wegnehmen“ (Lumen fidei, 48).

Lieber Bruder im Bischofsamt,

unsere Haltung gegenüber der Welt kann nicht grundsätzlich negativ sein, denn Christus ist nicht in die Welt gekommen, um die Welt zu richten, sondern um die Welt zu retten (vgl. Joh 12,47). Gott will nicht, dass der Sünder stirbt, sondern dass er umkehrt und lebt (vgl. Ez 33,11). Unsere Aufgabe ist es, wirksame Wege zu finden, um Menschen zur Umkehr zu bewegen. Darin liegt auch die Barmherzigkeit Gottes. Als Jesus die Menschenmenge sah, hatte er Mitleid mit ihnen, „denn sie waren wie Schafe, die keinen Hirten haben. Und er lehrte sie lange“ (Mk 6,34). Dieser Satz bedeutet nicht, dass es in Israel zu dieser Zeit keine Hirten gab, denen die Sorge für den Schafstall Gottes anvertraut war. Es bestand jedoch die ernste Gefahr, dass bei einem Versagen der Hirten das Volk Gottes, d. h. diejenigen, die zu Gott gehören, zerstreut werden würden und viele Schafe verloren gehen oder den Raubtieren zum Opfer fallen könnten.

Ich weiß – wir haben bei unseren Begegnungen, auch kürzlich in Posen, darüber gesprochen –, dass Ihnen das Schicksal des Ihnen anvertrauten Schafstalls am Herzen liegt und dass Sie wünschen, dass keines der Schafe in die Irre geht, dass jeder der Ihnen anvertrauten Gläubigen das ewige Leben mit Christus erlangt. Lassen Sie mich also mit den Worten schließen, die am Anfang des Briefes des Paulus an die Epheser stehen: „Schließlich: Werdet stark durch die Kraft und Macht des Herrn! Zieht an die Waffenrüstung Gottes, um den listigen Anschlägen des Teufels zu widerstehen. Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen Mächte und Gewalten, gegen die Weltherrscher dieser Finsternis, gegen die bösen Geister in den himmlischen Bereichen. Darum legt die Waffenrüstung Gottes an, damit ihr am Tag des Unheils widerstehen, alles vollbringen und standhalten könnt! Steht also da, eure Hüften umgürtet mit Wahrheit, angetan mit dem Brustpanzer der Gerechtigkeit, die Füße beschuht mit der Bereitschaft für das Evangelium des Friedens. Vor allem greift zum Schild des Glaubens! Mit ihm könnt ihr alle feurigen Geschosse des Bösen auslöschen. Und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, das ist das Wort Gottes! Hört nicht auf, zu beten und zu flehen! Betet jeder Zeit im Geist; seid wachsam, harrt aus und bittet für alle Heiligen, auch für mich, dass mir das rechte Wort gegeben werde, sooft ich meinen Mund auftue, mit Freimut das Geheimnis des Evangeliums zu verkünden; als dessen Gesandter bin ich in Ketten, damit ich in ihm freimütig zu reden vermag, wie es meine Pflicht ist“ (Eph 6,10-20).

Mit vorzüglicher Hochachtung und brüderlichem Gruß in Christus,

+ Stanisław Gądecki
Erzbischof Metropolit von Posen
Vorsitzender der Polnischen Bischofskonferenz

Warschau, 22. Februar 2022
Zum Fest der Kathedra Petri

Archivfoto Erzbischof Gądecki (c) Polnische Bischofskonferenz


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