24. Februar 2022 in Kommentar
Gründe für den Abfall der Mehrheit der deutschen Bischöfe von der katholischen Lehre. Von Michael Schneider-Flagmeyer/Forum Deutscher Katholiken
Saarlouis-Bonn (kath.net) Gründe für den Abfall der Mehrheit der deutschen Bischöfe von der katholischen Lehre? Der Gründe sind viele. Hier in einem ersten Teil sollen einige genannt werden.
Der Widerstand der Bischöfe der deutschen Teilkirche gegen Rom und das Papstamt erreichte seinen ersten Höhepunkt mit der Würzburger Synode und ihrem Aufstand gegen Teile der Enzyklika Pauls VI. Humanae vitae vom 25. Juli 1968.
Humanae vitae, diese letzte Enzyklika Pauls VI., handelte von der rechten Ordnung der Weitergabe menschlichen Lebens. Der Papst hatte nach einer wunderbaren Betrachtung des menschlichen Lebens die künstliche Verhütung der Empfängnis der Frau verboten und die Gläubigen auf die natürliche Methode verwiesen. Der Aufschrei in den Medien, der Politik aber auch unter vielen Gläubigen war sehr groß. Der Blick fokussierte sich auf diese eine Passage der umfassenden Betrachtung menschlichen Lebens der Enzyklika. Man nannte sie die Pillen-Enzyklika und den Papst den „Pillen-Paul“. Die deutschen Bischöfe reagierten auf die Mehrheit der vorgetragenen und veröffentlichten Meinung und verweigerten für die deutsche Teilkirche den Gehorsam zu diesem Passus. Der Papst hatte selbst die Misere unter den Professoren beklagt. Er teilte mit, dass er von den Theologen medizinischen und den Medizinern theologischen Rat erhalten hatte.
Seit der Würzburger Synode standen die deutschen Bischöfe in ihrer Mehrheit den römischen Weisungen skeptisch gegenüber.
Heute gilt selbst Nichtchristen gerade der Passus über die Verhütung als prophetisch. Sogar die Grünen empfahlen die natürliche Verhütungsmethode, nachdem alle Welt nun sehen konnte, was die Pille den Frauen antat und die Ausscheidung der Hormone in der Natur anrichtete.
Seit den sechziger Jahren vollzog sich ein grundlegender Wandel in der Deutschen Teilkirche. Man glich sich dem Staat und damit auch der Politik an durch eine immense Zunahme der Bürokratie, ja man übertraf sogar die staatliche Bürokratie, wie Fachleute berichteten. Als Kardinal Wendel Ende 1960 starb, arbeiteten im Münchner Ordinariat 45 Hauptamtliche und 3 Nonnen. Unter Kardinal Wetter wurden es ca. 1000 Hauptamtliche in München. Analog war die Entwickelung in den anderen deutschen Bistümern.
Während die Kirchen immer leerer wurden, wurden die Ordinariate immer voller. Damit verschob sich auch die ungesunde Machtstruktur in der Kirche und ein grundlegender Wandel fand statt. Die aufgeblähte Verwaltung erlangte immer größere Bedeutung und Leute die „von der Kirche lebten aber nicht für sie“ (Otto von Habsburg) erlangten immer mehr Einfluss und begannen die Bischöfe zu dirigieren. Ein Ordinariatdirektor einer der großen deutschen Bistümer sagte mir: „Man müsste hier 75 % der Besatzung rauswerfen, weil sie mit Jesus Christus und seiner Kirche nichts mehr am Hut haben.“
Vor ca. 20 Jahren rief mich ein Prälat des Erzbistums Bamberg an und sagte mir unter anderem, dass in dem Ordinariat dort nichts und niemand mehr wirklich katholisch sei.
Als die von Rom nun gestoppte Reduzierung der Pfarreien auf ein Minimum in meiner Diözese Trier geplant wurde, wurde Kritik auch von uns Pfarrgemeinderäten daran geübt, dass die Mittel für die Seelsorge gekürzt wurden aber nicht in der Verwaltung. Daraufhin wurde uns in einer Broschüre mitgeteilt, dass die Verwaltung ja schließlich die Seelsorge „verwalten“ müsse.
„Ja, da liegt's“, lässt Shakespeare den Hamlet sagen. Das erlösende Werk unseres Herrn und Heilands Jesus Christus muss verwaltet werden in einem sich aufbähenden Apparat. Tödlich für den Glauben und für seine Kirche.
Das ist eine der tödlichen Krankheiten der deutschen Teilkirche und ist nur möglich durch den Reichtum aus der vom Staat eingezogenen Kirchensteuer.
Daraus komme ich zu dem Schluss, dass in Deutschland alle Ordinariate (Generalvikariate) geschlossen werden sollten und eine neu aus dem Glauben und der Lehre der Kirche aus den ca. 25 Prozent der noch wirklich dem Glauben und der Lehre der Kirche mit dem Herzen Angehörenden eine Lenkung – ich vermeide das Wort Verwaltung – der nun mal unausweichlichen Dinge installiert werden sollte. Weg mit der ganzen verweltlichten Bürokratie!
Eine weitere Krankheit des gesamten deutschen gesellschaftlichen Systems ist fraglos die Verbeamtung der Wissenschaft, die ganz besonders die Kirche betrifft. Die Theologie an den staatlichen Fakultäten wird von staatlich beamteten Professoren betrieben, die, wenn sie nicht gerade kriminell werden, unkündbar sind wie alle Staatsbeamten. Als der wichtigste katholische Philosoph der jüngeren Generation, Vittorio Hösle, der schon mit 21 Jahren Universitätsprofessor war, Deutschland für immer den Rücken kehrte, sagt er im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dass er die deutschen Universitäten für völlig verrottet hielt. Er ging an die US-amerikanische Elite-Universität Notre Dame. Ein Mitglied unseres Forums aus Dresden berichtete, dass an der theologischen Fakultät ein Lehrstuhl neu zu besetzen war. Ein junger Dozent hielt dort eine Bewerbungsvorlesung und hatte 7 (sic) Zuhörer. Als er beendet hatte, fragte ihn ein Student, warum er nicht das damals berüchtigte Manifest gegen die Kirche unterschrieben hätte. Seine Antwort: „weil ich noch nicht beamtet war“. Das sagt doch nun wirklich alles.
Wir haben in Deutschland an den Universitäten ca. 50 akademische Ausbildungsstätten für katholische Theologie. Davon sollte man 45 schließen und dem Steuerzahler Unsummen an Geld ersparen; denn fünf Fakultäten würden für die Wenigen, die noch kommen völlig ausreichen – und man sollte diese mit den hervorragenden Theologen besetzen, die ihre Theologie „auf den Knien“ betreiben. Die gibt es ja schließlich Gott sei Dank noch. Als der leider verstorbene bedeutendste neutestamentliche Exeget, Prof. Klaus Berger im Fernsehen mal gefragt wurde, wie viele seiner Kollegen noch an die Auferstehung glauben, antwortete er: Zwei von Hundert.
Eine solche Theologie zerstört den Glauben des Gottesvolkes und damit die Kirche.
Damit es nicht zu viel wird, werde ich in mindestens einer Folge meiner Gedanke zu der derzeitigen Entwickelung unserer Kirche auf dem synodalen Weg in ihre „Verzwergung“ (Kardinal Müller) fortsetzen.
Für heute möchte ich mich mit dem Wort Gottes durch den Propheten Jesaja 30,15-17 verabschieden:
„Denn so spricht der Herr, der Heilige Israels: Nur in Umkehr und Ruhe liegt eure Rettung, nur Stille und Vertrauen verleihen euch Kraft.
Doch ihr habt nicht gewollt sondern gesagt: Nein, auf Rossen wollen wir dahinfliegen. Darum sollt ihr jetzt fliehen.
Ihr habt gesagt: Auf Rennpferden wollen wir reiten, darum rennen die Verfolger euch nach.
Tausende werden zittern, wenn ein einziger droht, wenn nur fünf euch drohen, ergreift ihr alle die Flucht, bis das, was von euch übrig ist, aussieht wie ein Fahnenmast auf dem Gipfel eines Berges, wie ein Feldzeichen auf dem Hügel.“
Herr Jesus Christus, Sohn des ewigen Vaters, schreibe die Worte in unsere Herzen.
Der Autor Dr. phil. Michael Schneider-Flagmeyer ist Gründungsmitglied des Forums Deutscher Katholiken.
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