Die Berufung wurde abgewiesen - Leseprobe 3

2. April 2022 in Buchtipp


Das Gefängnistagebuch Band II. Von George Kardinal Pell - Leseprobe 3


Linz (kath.net) 

Heute ist Allerheiligen, ein wichtiges Datum in unserem schön geordneten liturgischen Jahr. Das Fest ist in unserer Gesellschaft wichtiger denn je, da sie vom Kult des Jung- und Schönseins beherrscht wird. In dieser Gesellschaft wird auch alles dafür getan zu verhehlen, dass wir dem Leiden nicht entkommen können, und es wird die nackte Tatsache ignoriert, dass jeder von uns sterben wird. Viele Menschen in den Altersheimen sind einsam, nicht nur weil die Familie und Freunde (angeblich) beschäftigt, nicht gut organisiert oder träge sind, sondern weil egoistische Menschen nicht an ihre eigene Sterblichkeit erinnert werden wollen, vor allem wenn sie nicht religiös sind.

Ich erinnere mich, dass ich überrascht war – und das war ein grundlegende Fehler eines erwachsenen Christen –, dass diejenigen, die sich am meisten den irdischen, materiellen und sinnlichen Vergnügungen hingaben, viel weniger an ein Leben voller Glückseligkeit nach dem Tod glaubten. Im Gegensatz zu den populären Versionen des islamischen Paradieses mit seiner Betonung des Sinnlichen, der schönen Gärten, wird es im Himmel nach Jesu Ankündigung keine Ehen mehr geben. Aber ich dachte fälschlicherweise, dass diejenigen, die das gute Leben im Hier und Jetzt suchen, es auch im Jenseits fortführen wollten.

Die Heilige Schrift sagt uns, dass diejenigen, die reinen Herzens sind, Gott schauen werden, und dass diese Glückseligkeit, in seiner Gegenwart zu sein, unsere irdischen Vergnügungen weit übersteigt, vor allem wenn sie selbstsüchtig angestrebt werden. Die wirklich Blinden sehen keine Notwendigkeit zu glauben.

Heute ist das Fest, an dem wir uns mehr auf den Himmel als auf die Hölle, den Tod und das Gericht ausrichten, denn wir freuen uns mit denjenigen, die das Ziel erreicht haben, lassen uns von ihrem Leben inspirieren und streben danach, ihrem Beispiel zu folgen und bei dem einen wahren Gott in Ewigkeit zu sein. Der Hebräerbrief erinnert uns daran: »Ihr seid zu Gott, dem Richter aller, und zu den Geistern der schon vollendeten Gerechten hinzugetreten« (12,22–23).

Jesus hat mit seinem reinigenden Blut den Neuen Bund gestiftet. Die glorreiche Schar der Apostel, die Propheten, das Heer der Märtyrer in weißen Gewändern und alle Heiligen preisen die Heilige Dreifaltigkeit, den einen wahren Gott, in der großen Wolke bei der Hochzeit des Lammes.

Das Lamm hat die Buchrolle aus der rechten Hand dessen, der auf dem Thron sitzt, empfangen und die sieben Siegel gebrochen und die zehntausend mal zehntausend Engel und Lebewesen und Ältesten, die ganze Schöpfung, befreit, und sie riefen: »Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit.« Der Geist des Bösen streift umher und versucht, der Kirche von allen Seiten Schaden zuzufügen, z. B. durch den Marxismus, den konsumorientierten Materialismus, den Hedonismus, ökologischen Pantheismus usw. Alle arbeiten zusammen, um die Kirche niederzuwalzen und die Gläubigen zu verleiten, sich nur mit dieser Welt zu beschäftigen und das Transzendente, das Übernatürliche, die vertikale Dimension des Lebens zu bagatellisieren, dann zu ignorieren und schließlich zu eliminieren. Ist die Erlösung wichtiger als Ökologie oder Wohlstand oder Klassenkampf oder ...? Es wird interessant sein zu beobachten, wie oft beim deutschen „Synodalen Weg“ Himmel und Hölle oder sogar Jesus selbst erwähnt wird. In diesem Gesamtzusammenhang sollten wir das Fest Allerheiligen feiern, über seine Botschaft nachdenken, um unseren Glauben zu stärken und gewiss zu sein, dass Jesus in unsere Gegenwart, unser tägliches Leben, mit hineingenommen werden möchte, aber zugleich darauf hinweist, dass dies im Jenseits durch ein übernatürliches Leben fortgesetzt wird, das besser ist als das jetzige.

kath.net Buchtipp
Die Berufung wurde abgewiesen. Das Gefängnistagebuch – Band II
Von George Kardinal Pell
Geb., 400 Seiten
Media Maria 2022
ISBN: 9783947931316
Preis: Euro 22,70


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