21. März 2022 in Spirituelles
„In ‚Frauen-Predigthilfe‘ der Diözese Linz heißt es, Jesus Christus sei ‚mütterlicher Mann‘ gewesen, ohne ‚Machogehabe‘, der sich in weiblicher Weise um Kranke und Schwache gekümmert habe. So einfach und so platt …“ Gastkommentar von Joachim Heimerl
Wien (kath.net) Katholische Jugendverbände in Deutschland und Österreich möchten, wie sie sagen, ein „zeitgemäßeres“ und „gerechteres“ Gottesbild. Man will weg von der überkommenen Vorstellung von einem alten Mann mit grauem Bart; das findet man – wie fast alles heutzutage – „weiß“, „kolonialistisch“ und natürlich „diskriminierend“. Hinzu kommt der Wunsch, Gott zu „gendern“, denn ein „modernes“ und „offenes“ Gottesbild darf eines auf keinen Fall sein: männlich. In einer Welt, die „bunter“ geworden ist, soll es eben auch „verschiedene“ Gottesbilder“ geben, für jeden nach seinem Geschmack. „Katholisch“ hieße demnach dann nur noch „divers“.
Erstaunlich ist, wie wenig hier schon allein der Begriff „Gottesbild“ hinterfragt wird. Das beginnt schon damit, dass die Trinität gar nicht mehr mitgedacht und noch weniger verstanden wird. Insofern zeigt die Forderung der Jugendverbände vor allem eins: einen erschütternden Verlust an religiöser Bildung. Denn was vom trinitarischen Gottesglauben noch übriggeblieben ist, ist nur ein Sujet, nämlich die Darstellung der Dreifaltigkeit und besonders Gottvaters, wie sie seit dem Mittelalter üblich ist und wie sie eben jeder kennt. Ein künstlerisches Sujet aber ist noch lange kein „Gottesbild“, sondern kann höchstens zum biblischen Gottesbild hinführen und einen Weg zu seinem Verständnis öffnen. Dementsprechend könnte die „Modernisierung“ des Sujets von Gottvater allenfalls nur mit künstlerischen Mitteln gelingen; die Glaubenswahrheit des dreieinen Gottes lässt sich dagegen nicht dem Zeitgeschmack anpassen.
Natürlich steht gerade die Dreieinigkeit des Vaters, des Sohnes und Heiligen Geistes in einer von der Genderideologie korrumpierten Gesellschaft unter dem Verdacht des Patriarchalen und Obsoleten. Dem will man – vergleichbar dem Vorstoß der Jugendverbände – insbesondere seitens der feministischen (Gender-)Theologie abhelfen und die Trinität kurzerhand „weiblicher“ machen. Dabei geht man höchst simpel vor, indem man biblische Aussagen schon auf der sprachlichen Ebene schlichtweg verfälscht.
Beispielsweise weist man sehr häufig darauf hin, dass das hebräische Wort für „Geist“ eben weiblich sei. Daraus wird dann kurzgeschlossen, der Heilige Geist sei gleichsam die „weibliche“ Seite Gottes, was natürlich falsch ist. Das grammatische Geschlecht eines Wortes sagt an sich nichts aus, und jeder weiß, dass grammatisches und natürliches Geschlecht auseinanderfallen können. Niemand würde so beispielsweise behaupten, ein Mädchen sei nicht weiblich, da es grammatisch ja ein Neutrum ist. Hinzu kommt: Das griechische Wort für den heiligen Geist („pneuma“) ist ein Neutrum, das lateinische („spiritus“) ein Maskulinum. Demzufolge ist ein „weiblicher“ Heiliger Geist nichts anderes als eine Erfindung, die sich lediglich den Anschein des Theologischen gibt und die die Einheit von Vater, Sohn und Heiligen Geist in männliche und weibliche Prinzipien auseinanderdividieren möchte. Spätestens an diesem Punkt wird das Eis dann sehr dünn: Weder ist der Heilige Geist eine unpersönliche oder gar weibliche „Geisteskraft“ noch ist er in seinem Wesen vom Vater und dem Sohn unterschieden. Vater, Sohn und Heiliger Geist besitzen im Gegenteil dieselbe göttliche Wesenheit und sind verschiedene göttliche Personen. Das Gegenteil davon zu behauptet ist nicht katholisch, sondern einfach nur häretisch, denn die Kirche bekennt sich im „Credo“ eindeutig zum Heiligen Geist, der „Herr ist und lebendig macht“. Damit ist alles und alles eindeutig gesagt. Die Erfindung einer „heiligen Geistin“ ist demgegenüber nur ein sehr schlechter grammatischer Trick.
In die gleiche Richtung geht der Versuch, Gottvater in ein mütterliches Wesen umzudeuten. In der feministischen Theologie werden hierzu reihenweise Bibelstellen aufgeführt, die dies belegen sollen. Wer sich jedoch die Mühe macht, die angeblichen „Belegstellen“ genauer anzuschauen, wird durchweg das glatte Gegenteil feststellen. Tatsächlich ist es nämlich so, dass das Handeln Gottes – wenn überhaupt – lediglich mit dem einer Mutter verglichen wird. Das Stilmittel des Vergleichs hebt aber ja gerade hervor, dass Gott eben keine Mutter ist, sondern dass er lediglich wie eine Mutter handelt. Dies zeigt beispielsweise eine Stelle bei Jesaja, in der Gott spricht: „Gleich wie einen eine Mutter tröstet, so will ich Euch trösten“ (66,13). Würde Gott wirklich eine Mutter sein, könnte er demnach nicht wie eine Mutter handeln, sondern nur als eine Mutter. Die Annahme eines „mütterlichen“ oder „weiblichen“ Gottes“ erweist sich damit schon sprachwissenschaftlich als falsch und kann so auch theologisch nicht richtig sein.
Wo man auf diesem Wege mit Vergleichen nicht weiterkommt, werden mütterliche und weibliche Aspekte Gottes dann schlicht konstruiert. Gern wird hier etwa auf den ersten Petrusbrief hingewiesen, wo Gott als stillende Mutter dargestellt sein soll. Dass eine solche Darstellung natürlich wieder nur ein Vergleich oder eine Metapher wäre, versteht sich von selbst. Doch selbst das ist hier nicht der Fall! Von Gott als einer stillenden Mutter ist in der fraglichen Perikope nämlich gar keine Rede, sondern lediglich davon, dass wir alle „gleichsam als neugeborene Kinder nach der unverfälschten, geistlichen Milch“ (1. Petr. 2,2) verlangen sollen. Die angebliche Aussage über einen stillenden Gott ist nur eine Aussage über uns Christen, die über Gott selbst dagegen gar nichts sagt. Der Ansatz feministischer Deutungsmuster erweist sich einmal mehr als Mogelpackung.
Wo man dergestalt keine Bibelstellen mehr verbiegen oder überinterpretieren kann, versucht man sich deshalb mit kruden Stereotypen zu behelfen. In einer „Frauen-Predigthilfe“ der Diözese Linz heißt es beispielsweise, dass Jesus Christus ein „mütterlicher Mann“ gewesen sei, ohne „Machogehabe“, der sich in weiblicher Weise um die Kranken und Schwachen gekümmert habe. So einfach und so platt bekommt man auf diese Weise, was man will: Der Sohn Gottes soll gegendert werden, Gott soll auf Biegen und Brechen weiblicher werden, und sei es um den Preis, die offensichtlichste aller Wahrheiten zu verleugnen: Gott ist in Jesus Christus Mensch geworden – und er ist eben ein Mann geworden, kein „weiblicher“ Mann und „kein“ mütterlicher Mann, sondern der neue Adam, in allem allen Männern gleich außer der Sünde (vgl. Hebr. 4,15). Als der „Heilige Gottes“ (Joh. 6,69) braucht er aus diesem Grund auch keine weiblichen Attribute, um ein „besserer Mann“ zu sein. Er ist es bereits und er ist es in Vollkommenheit! Hinzu kommt: Gerade das biblische Gottesbild ist von nichts weiter entfernt als von jenen heidnischen Muttergottheiten, die im Hintergrund der Genderideologie ebenso deutlich aufscheinen wie am Horizont der feministischen Theologie. Und genau hier liegt auch das Problem aller Bemühungen, ein „weiblicheres“ Gottesbild in der Bibel zu entdecken, denn am biblischen Gottesbild geht dieses Vorhaben vollständig vorbei. Gott ist keine „Göttin“ und er ist auch kein „weiblicherer“ Gott. Das sieht man ganz klar daran, dass Gott nirgendwo in der Bibel weiblich angesprochen wird. Vielmehr ist das absolute Gegenteil der Fall: In allen biblischen Schriften wird Gott ausnahmslos „Herr“, „Herr der Heere“, „Herr aller Mächte und Gewalten“ oder „König“ genannt. Unweiblicher könnte man Gott gar nicht bezeichnen. Wenn man zudem bedenkt, dass Sprache immer eine Wirklichkeit abbildet und dass die biblische Anrede des personalen Gottes nie eine leere Metapher mit einem großen Interpretationsspielraum ist, dann fallen die „Gendervorstellungen“ von einem weiblicheren Gott völlig in sich zusammen.
Schließlich ist es Jesus Christus selbst, der uns in das Innerste Gottes hineinführt, wenn er sagt: „So sollt ihr beten: Vater unser“ (Mt. 6,9). Spätestens hier wird endgültig klar: Gott, der wie eine Mutter sein kann, ist keine Mutter, und wir können ihn nicht ebenso gut als „Mutter“ wie als Vater ansprechen; „Mutter unser“ zu beten wäre bestenfalls nur eins: Es wäre unchristlich.
Wir können keinen Gott erfinden, den es nicht gibt. Und doch liegt gerade hier die größte Versuchung des Menschen, übrigens jene Versuchung, die in der Bibel durchgängig Gottes Zorn hervorruft: die Anbetung selbstgemachter Götzen. In genau dieser Gefahr schweben die feministische Theologie und die Genderideologie in gleicher Weise, und in dem Maße, in dem sie das tun, verstellen sie den Blick auf die Kernwahrheiten des christlichen Glaubens: Nur ein Mann kann der Sohn des Ewigen Vaters sein, nur eine Frau konnte ihn auf die Welt bringen und nur sie konnte so die „Muttergottes“ werden.
Und: Nur in Jesus Christus und in niemandem sonst hat uns der Vater sein menschliches Angesicht gezeigt: „Wer mich gesehen hat, der hat den Vater gesehen. Ich und der Vater sind eins“ (Joh. 14,9). Dementsprechend befiehlt Jesus am Kreuz seinen Geist in die Hände des Vaters, während er mit Johannes die ganze Menschheit seiner Mutter Maria anempfiehlt. Von einem mütterlichen Gott fehlt auch hier jede Spur.
Alles Nachdenken über Gott hat keinen Sinn, wenn wir an diesen Grundwahrheiten vorbei denken und einen anderen Weg zum Vater beschreiten wollen als den einen und einzigen: Jesus Christus, der von sich selbst sagt „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh. 14,6). So kommt es nicht auf uns selbst und auf unsere Vorstellungen von Gott an, denn Gott selber hat sich uns ein für allemal geoffenbart. Diese Offenbarung können wir nicht verändern und wir können keine Gottesbilder nach unserem Zuschnitt entwerfen, und seien sie noch so „modern“, vorgeblich „gerecht“ und „divers“. Gott lässt sich nicht gendern! Und lange bevor es diesen unseligen Begriff gegeben hat, hat Gott selbst solches Ansinnen am Sinai unter Blitz und Donner verworfen, als er im ersten und zweiten Gebot festschrieb, wer allein Gott ist – und wer eben nicht!
Dr. Joachim Heimerl (siehe Link) ist Priester der Erzdiözese Wien und Oberstudienrat.
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