8. April 2022 in Weltkirche
Erzbischof Gądecki: Die Sympathie der vatikanischen Diplomatie gegenüber Russland hänge wohl damit zusammen, dass man die Herrschaft der kommunistischen Diktatur nicht am eigenen Leib erfahren habe.
Warschau (kath.net/pl) Bei seinem Besuch bei Papst Franziskus habe er dem Heiligen Vater eine Studie über die unglücklichen Auswirkungen der vatikanischen Ost-Politik auf die Kirchen in Mittel- und Osteuropa gegeben. Das erläuterte Erzbischof Stanisław Gądecki, Vorsitzender des polnischen Bischofskonferenz und Metropolit von Poznań, im Interview mit Tygodnik TVP, wie die Polnische katholische Nachrichtenagentur „KAI“ berichtete. Die Sympathie der vatikanischen Diplomatie gegenüber Russland hänge wohl damit zusammen, dass man die Herrschaft der kommunistischen Diktatur nicht am eigenen Leib erfahren habe, habe er dem Papst geschildert, so Gądecki.
Die russische Invasion in die Ukraine werde der Russischen Föderation mehr schaden als nutzen, sagte Gądecki. „Ich denke hier in erster Linie an die Tausenden von Russen, die diesen Krieg mit ihrem eigenen Leben überteuer bezahlen werden, aber auch an Russlands Image als aggressiver, unberechenbarer Akteur in den internationalen Beziehungen, der den Weltfrieden bedroht. Russland wird seinen guten Ruf unwiederbringlich zerstören.“
Der Bischofskonferenzvorsitzende wurde auch nach seinem Brief an den Patriarchen von Moskau, Kyrill, gefragt, in welchem er Kyrill aufgefordert hatte, gegen die russischen Behörden vorzugehen, um die kriminelle Aggression zu stoppen. Gądecki wies darauf hin, dass „viele Bischöfe und katholische Organisationen Briefe mit ähnlichem Wortlaut geschickt haben“. Er vermute, dass nach seinem eigenen Brief auch „andere Bischöfe den Mut gefasst hatten, diesen Krieg als satanischen Akt zu bezeichnen, obwohl andere Briefe nicht so weit gingen wie meine Bitte an den Patriarchen, russische Soldaten zu ermutigen, sich diesem Krieg zu verweigern.“
Der Präsident der Bischofskonferenz verwies auch auf das viel diskutierte Konzept des „gerechten Krieges“, das von Papst Franziskus deutlich kritisiert wird. Erzbischof Gądecki erklärte, dass „das Konzept eines gerechten Krieges eine lange Geschichte hat, doch heute würden „viele Menschen das fünfte Gebot des Dekalogs („Du sollst nicht töten“) falsch interpretieren. Laut Erzbischof Gądecki beziehe sich dieses Gebot „nicht auf das Kriegsverbot, sondern auf das Mordverbot, wie das hier verwendete hebräische Wort rāşah andeutet. Und die richtige Übersetzung sollte lauten: ‚Du sollst nicht morden‘ (Gen 20,13)“.
Erzbischof Gądecki erklärte weiter, dass der Zweck eines gerechten Krieges darin bestehe, Böses zu bestrafen und den Frieden wiederherzustellen. Gerechte Kriege seien vor allem Verteidigungskriege, die darauf beruhen, Rechte einzufordern oder Unrecht zu kompensieren, was zur Notwendigkeit führte eine Armee zu unterhalten.
Archivfoto: Erzbischof Gądecki wird von Papst Franziskus empfangen (c) Polnische Bischofskonferenz
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