Das Zweite Vatikanum lehrt: Einen "Umweltbischof" kann es gar nicht geben.

26. April 2022 in Kommentar


Anmerkungen zur explosiven Ständeverwirrung in der "deutschen Kirche" - Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck


Köln (kath.net)

Der Freistaat Bayern ernannte mit Alfred Dick 1977 den ersten deutschen Umweltminister. Doch schon Hans-Dietrich Genscher war stolz darauf, als Innenminister in Bonn (1969-74) die Umweltpolitik entdeckt zu haben. Der heutige Minister fürs Wirtschaftsklima in Berlin würde sich gern im Klima profilieren, muss aber vor allem die Energiekrise und die Inflationsfolgen bekämpfen, nicht nur kriegsbedingt. Auch die nationaldeutschen Bischöfe leisten sich seit einiger Zeit einen "Umweltbischof". Derselbe möchte gern mit intelligenten Aussagen auffallen, was aber nur ganz selten glückt. Wen wundert's? Der theologische Ausbildungsgang ist hierzulande zwar fast völlig vom katholischen Dogma befreit, vermittelt aber immer noch keine universale Allkompetenz für sämtliche Politikfelder der modernen Gesellschaft. Das kümmert deutsche Bischöfe aber nur ausnahmsweise. Denn mit der Handauflegung bei der Bischofsweihe wird in deutschen Diözesen nur nebenbei die apostolische Sukzession hergestellt, die ja sowieso ohne Relevanz ist. Vom römischen Jurisdiktionsprimat hat man sich ja seit 1968 freigekauft. Es kommt auf die Eingießung höheren Wissens an, das den im deutschen Ritus geweihten Bischof befähigt, zu allen Fragen der Aktualität und zu jeder Sachfrage spontan und quasi unfehlbar zu reden. Wenn auch niemand zuhört. Das Konzilsdokument über die Bischöfe sah allerdings nur vor, dass eine Seelsorge an den Menschen unterwegs eingerichtet werden soll, keine Richtlinienkompetenz für Flüchtlingspolitik. Von Umweltfragen war da noch gar nichts in Sicht.

Der heutige Weih- und Umweltbischof residiert in einem schmucken Herrensitz im Schatten des Xantener Doms am Niederrhein und betreibt eine hocheffiziente regionale Medienpräsenz, leider mit immer denselben Grinsefotos bestückt. Schon sein emsiges Wirken als Pfarrer zeichnete sich durch ein feines Näschen dafür aus, welche Projekte in der Hierarchie höheren Orts positiv auffallen. So erfand er an einem Wallfahrtsort kurzerhand ein Zwischenjubiläum 2017, das beinahe zum Fiasko geriet. Aber das Kalkül ging auf und er wurde wegbefördert. Für unser Thema heute spielt es aber keine Rolle, ob diese famose Persönlichkeit mit ihrer totalen Ranschmeiße an F*** For Future inhaltlich richtig liegt oder nicht. In Klimafragen gibt es auch unter Christen eine legitime, vom Zweiten Vatikanum im Laiendekret sogar geforderte Pluralität der Meinungen, wie für die Politik insgesamt. Ein Bischof, besonders ein Weihbischof, ist nur mit äußerster Zurückhaltung dazu befugt, den Katholiken politische Weisungen oder auch nur Ratschläge zu erteilen. Man wartet aber seit Jahrzehnten vergebens darauf, dass ein Bischof in einem Interview einmal sagt: Dazu sage ich jetzt nichts, denn das übersteigt meine Kompetenz. Im Gegenteil: Wir werden inzwischen sogar mit "sexuellen" Bekenntnissen belästigt, womit spirituell unterernährte Kirchenfürsten anscheinend die gesellschaftspolitische Umbewertung der Sexualität für das Imperium ihrer Dienstverhältnisse nachvollziehen wollen. Also bitte: Etwas mehr Hirtensorge, etwas weniger Politik!

Die Ständelehre auch des jüngsten Konzils ist immer noch relativ übersichtlich: In der Kirche Christi gibt es Laien und Kleriker, Weltleute und Ordensleute. Im Klerus geben die Bischöfe den Takt vor, aber nur mit mittelbarer Wirkung für die Laien. Beim Bischof beschäftigte Laien muss man soziologisch allerdings zum Klerus zählen, was bereits den theologischen Unsinn andeutet, dass "Kirche" in den Diözesen mehr und mehr gleichbedeutend ist mit Arbeitsverhältnissen und Vermögensfragen. Die Ordensleute sind den Diözesen "in der Welt" etwas entzogen, um ein je eigenes Stiftungscharisma zu praktizieren, heute mit rapide rückläufiger Zeugniskraft für Christus und sein Reich. Denn die moderne Theologie hat ja aufgeräumt mit dem "Stand der Vollkommenheit". Der allgemeine Ruf zur Heiligkeit, zentrales Anliegen des Konzils, findet heute nur noch ein mattes Echo im "Synodalen Weg" deutscher Provenienz. Hier müsste man eher von einem Ruf hin zur allgemeinen Verkommenheit reden, jedenfalls, wenn man die Kirche so vor Augen hatte, wie "Lumen gentium" sie der Welt vorstellen wollte.

Aber die Ständeverwirrung ist kein Privileg der explizit progressiven Propaganda. Es wurde 1982 eine Personalprälatur geschaffen (zuvor: Säkularinstitut, also ordensähnlich). Das ist eine klerikale Sonderstruktur, der Priester angehören. Diese Struktur soll eine Laienorganisation anleiten. Ihre Priester werden aus einer größeren Gruppe mönchsähnlicher Laien ausgesucht, die ursprünglich für sich selber eine priesterliche Berufung nicht erkannten. Wer weiß? Vielleicht sind die Priester des Opus Dei deshalb pastoral so erfolgreich, weil sie am Usprung ihrer Berufung (zum "Numerarier"; auch nicht unproblematisch) jeden klerikalen Dünkel ablegten. Auch andere, neuere Bewegungen schlängeln sich etwas verdächtig zwischen den Dichotomien der traditionellen kirchlichen Ständelehre durch. Die offiziell außerhalb der kirchlichen Rechtsverfassung befindliche Priesterbruderschaft St. Pius X. hingegen zeigt nahezu "freikirchliche" Züge: Sie wird ganz von den katholischen Laien getragen, die sie unterstützen.

Den deutschen Diözesen wird es vermutlich nicht mehr gelingen, die Amalgamierung und gleichzeitige Zerrüttung ihrer inneren Ordnung zu reformieren. Das liegt nicht nur an der "Lachnummer" Umweltbischof. Es gibt übrigens in Bensheim eine Bischof Umwelt GmbH, die Mülltonnen und Zubehör liefert. Soll ein Bischof für Post und Telekommunikation dann auch Handys und Tablets bewerben? Ein Bischof für vegane Ernährung den Fleischkonsum bekämpfen? Keineswegs. Die Bischöfe sind voll damit ausgelastet, die überlieferte Ständeordnung, in der "das Konzil" nur Akzentverschiebungen anordnete, komplett einzuebnen. Stichwort: Selbstbindung. "Wir setzen in Kraft, was uns ein Synodalrat vorlegt", usw. Anlass dafür sind keineswegs "systemische" Ursachen für die überwiegend homosexuell motivierten Untaten in der kirchlichen Sphäre. Man will sich selber lossprechen von der Verantwortung für die flächendeckenden Katastrophen, die deutsche Bischöfe als Überzeugungstäter seit über fünf Jahrzehnten mit voller Absicht angerichtet haben. Die volle Absicht bei allen "Reformvorhaben" entfällt nicht deshalb, weil man ganz andere Erfolge haben wollte. Man wollte volle Priesterseminare, lebendige Gemeinden, moderne Familien ... und "Weltverantwortung"! Nur waren diese Ziele mit diesen Methoden nicht zu erreichen. Also wird die Gewissenserforschung verboten und wer den Finger in die Wunden legt, der wird ausgegrenzt und beschimpft.

Jeder noch so unbedeutende Laie, ohne jeden Einfluss und ohne jeden Anspruch auf Kommando, behält aber das Recht, dass die Kirche Christi ihm gegenüber in klaren, unzweideutigen Begriffen spricht: Priester ist Priester, Laie ist Laie. Ordensfrau ist Ordensfrau und Mutter ist Mutter. Klimapolitik sollen Laien machen. Bischöfe sollen uns in das Regnum Christi führen. Wer diese Ordnung immer mehr verwirrt, der verlässt längst den Boden auch das Zweiten Vatikanums.


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