„Reiche Kirche ohne Gottes Geist“

3. Mai 2022 in Kommentar


„Die Kirche in Deutschland hätte es sehr leicht gehabt, dem Geist Gottes zu folgen, wenn sie 2019 auf das Schreiben des Heiligen Vaters gehört und es nicht einfach ignoriert und nach eigenem Belieben umgedeutet hätte.“ Gastbeitrag von Joachim Heimerl


Wien (kath.net) Wenn man die Antwortschreiben Bätzings auf die besorgten Briefe der Bischöfe liest, die mittlerweile aus allen Teilen der Welt bei ihm eintreffen, stellt man immerzu die gleiche, enervierende Antwortstrategie fest: Sie besteht darin, die Vorhaltungen der auswärtigen Bischöfe zu leugnen und auf dem eigenen Standpunkt nur umso mehr zu beharren. Dass dieser Standpunkt längst kein katholischer mehr ist, ist mittlerweile allerdings jedem klar, der sich mit den Positionen des Synodalen Irrweges auch nur oberflächlich beschäftigt hat. Klar ist aber auch, dass sich die deutsche Teilkirche so von der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche immer mehr entfernt und dass sie mittlerweile eben das vollzogen hat, was man mit Fug und Recht ein beginnendes Schisma nennen darf.

Dass Bätzing für sich und die deutsche Reformation gleichwohl den Heiligen Geist beansprucht, ist dabei so wenig originell, wie es ernstzunehmen ist, denn genau das haben schon vor 500 Jahren die Anhänger Luthers getan. Der Heilige Geist aber ist – anders als dies Bätzings Briefe suggerieren – niemals der Geist des Widerspruchs oder der Geist der Spaltung. Der Heilige Geist ist immer der Geist der Einheit. So wirkt der Heilige Geist niemals gegen sich selbst, gegen die Kirche und gegen das ihr anvertraute Glaubensgut, und schon aus diesem Grunde können Bätzing, Marx und viele andere gerade den Heiligen Geist für ihre „Reformanliegen“ ebenso wenig in Anspruch nehmen, wie das letztlich die Anhänger Luthers konnten. Anstelle des Wirkens des Heiligen Geistes führen Bätzing und seine Gefolgsleute in erschreckender Weise vor, was Augustinus die „Blindheit des Herzens“ nennt, jene Blindheit nämlich, die sich dem Licht des Geistes Gottes längst verschlossen und sich damit von der Gemeinschaft der Kirche abgekapselt hat.

Dabei hätte die Kirche in Deutschland es sehr leicht gehabt, dem Geist Gottes zu folgen, wenn sie 2019 auf das Schreiben des Heiligen Vaters (siehe LINK) gehört und es nicht einfach ignoriert und nach eigenem Belieben umgedeutet hätte. Spätestens hier aber ist man anstatt „sehend“ schlichtweg blind geworden, und das obwohl die Zeichen des Heiligen Geistes für die Kirche in Deutschland schon viel früher sichtbar geworden sind, nämlich dort, wo sie dies gemeinhin zu tun pflegen: in den Empfehlungen der Päpste.

Der dringende Wunsch des Papstes nach „Evangelisierung“ etwa ist ein solches Zeichen gewesen, das man in Deutschland jedoch geflissentlich übersehen wollte. Und schon in seiner Freiburger Rede hatte bereits Benedikt XVI. glasklar benannt, worauf es für die Kirche in Deutschland vor allem ankäme. Wer hätte dies auch besser wissen können, als gerade ein deutscher Papst, und wer, wenn nicht er, hätte schon deshalb ein besseres Gehör im deutschen Episkopat finden müssen?

Doch als Benedikt sehr entschieden von einer „Entweltlichung der Kirche“ sprach, hörte man in Deutschland ebenso entschieden weg, wie man das einige Jahre später tat, als sich Franziskus eine „arme Kirche für die Armen“ wünschte.

Deutschland, da war man sich sicher, könnte unmöglich mit diesem päpstlichen Wunsch gemeint sein, denn Deutschland stehe ja vor allem für Reichtum und für eine reiche Kirche. Armut dagegen ist genau das, was man sich in der „deutschen“ Kirche am wenigsten vorstellen kann, und die reiche, tonangebende, kolonialistische Teilkirche gehört zum Selbstverständnis vieler deutscher Bischöfe ganz natürlich dazu. Eine arme Kirche hält man dagegen allenfalls für päpstliche „Romantik“ und weniger für die Inspiration dessen, der den Päpsten den Beistand seines Geistes versprochen hat. Stattdessen setzt man lieber auf das Gegenteil von dem, was die Päpste vorschlagen, nämlich auf die völlige Verweltlichung einer pseudokatholischen Laienkirche und auf die vorgebliche Sicherheit enormer materieller Güter, die diese „Kirche“ weiters finanzieren sollen.

Gewiss, mag man einwenden, leistet die Kirche in Deutschland mit ihrem Reichtum viel Gutes; sie versucht aber auch mit seiner Hilfe klare Abhängigkeiten zu schaffen und die eigenen – häretischen – Ideen in die ärmere Weltkirche zu exportieren, das finanziell klamme Rom ebenso eingeschlossen wie die Länder der „Dritten Welt“.

Warum aber sollte es in Deutschland nicht ebenso gehen wie überall sonst auf der Welt? Warum soll die Kirche gerade dort enorme finanzielle Mittel brauchen, während sie in Frankreich und Italien nahezu bettelarm ist, wenigstens gemessen an deutschen Maßstäben, von anderen Teilkirchen ganz zu schweigen!

Dabei haben ja gerade Verweltlichung und Reichtum in Deutschland zu dem geführt, was wir dort heute beobachten: Zur geistlichen Verarmung und zum unaufhaltsamen Niedergang der Kirche, angeführt vom Großteil des deutschen Episkopates, der den Synodalen Irrweg bereitwillig finanziert.

Man kann eben nie zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon, so sagt es Christus selbst (Mt. 6, 24), und in Deutschland wäre man gut beraten, sich im Vertrauen auf IHN und seinen Stellvertreter endlich von jener Macht des Mammons zu befreien, die Hofmannsthal im „Jedermann“ so treffend charakterisiert: „Des Satans Fangnetz in der Welt, hat keinen andern Nam' als Geld“.

Aus genau diesem Netz aber kommt die Kirche in Deutschland nicht mehr heraus und verstrickt sich nur immer tiefer darin. Dies zeigt beispielsweise die lähmende Diskussion um die Ablösungssummen für jene staatlichen Leistungen, die die Kirche dort seit der Säkularisation vor über zweihundert Jahren erhält.

Was es hier jedoch braucht, ist kein Buhlen um weitere Entschädigungen in Milliardenhöhe, sondern endlich ein klarer Befreiungsschlag. Der aber kann nur in einem freiwilligen Verzicht auf weitere staatliche Leistungen bestehen – um Christi und um der Menschen willen. Will die Kirche in Deutschland nämlich jemals wieder glaubwürdig an der Seite der Entrechteten, der Verfolgten, der Flüchtlinge und der Armen stehen, dann kann sie genau das nicht mit vollen Kassen tun, nicht mit horrenden Ablösungssummen und schon gar nicht mit dem noch immer prall gefüllten Säckel der Kirchensteuer. Nur wenn sich die Kirche in Deutschland aus diesem Netz befreit und zudem auf die Perversion einer staatlich eingehobenen „Kirchensteuer“ endlich verzichtet, nur dann kann sie sich dem Geist Gottes öffnen und sich an der Seite der Weltkirche erneuern.

Gerade die „deutsche“ Kirche ist es so, die zuerst eine arme, demütige und entweltlichte Kirche werden muss, um ihre geistlichen Reichtümer wiederzuentdecken. Und genau das haben Benedikt XVI. wie Franziskus im Licht des Geistes Gottes klar benannt. In Wahrheit braucht niemand eine reiche „deutsche“ Kirche außer sie selbst, ihre Laienfunktionäre – und der Satan. Bis man in Deutschland dies jedoch begriffen hat, bleibt man dort in jener Blindheit gefangen, von der Bätzings Briefe ebenso zeugen wie von jener Ferne des Geistes Gottes, die den Synodalen Irrweg charakterisiert.

Dr. Joachim Heimerl (siehe Link) ist Priester der Erzdiözese Wien und Oberstudienrat.

kath.net-Lesetipp: Papst Franziskus - Sein Brief "An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland" (2019) im Wortlaut!


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