10. Mai 2022 in Kommentar
Die Veränderung der Kirche ist nicht "Botschaft des Evangeliums" - Ein Kommentar von Franz Norbert Otterbeck
Köln (kath.net)
G.W.F. Hegel philosophierte gern mit Hilfe des Genitivs, objektiv, subjektiv, zur "Anstrengung des Begriffs". In die doch schon recht abgegriffenen Argumentationsmuster moderner Kirchenführer (m/w/d) hat sich immer mehr eingeschlichen, vom Evangelium an sich die "Botschaft des Evangeliums" abzuschichten. Angeblich erleichtert es das Begreifen sehr, dessen, um was es in der Kirche geht. Man kann so nämlich beliebige Stichworte auf das Evangelium zurückführen. Dialog, Engagement, Humanität. Oder auch nur: Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität. Die Siegesnachricht von Ostern braucht dann gar nicht mehr so genau auf das Ereignis vom 9. April 30 bezogen zu werden. Die Zeitenwende ist ja sowieso nicht mehr einmalig, vor Christus-nach Christus, sondern bald alle 14 Tage neu. In aller Bedrängnis hilft der Glaube? "Wer glaubt, ist nicht allein." Dieses einzige Wort von Benedikt XVI., das auch seine Feinde unter den deutschen Bischöfen noch bisweilen zitieren, benannte eine objektive Realität. Gott ist da, Gott ist nah. Jeder stirbt für sich allein, doch im Tod wartet Christus als Liebe auf uns. Das ist das Evangelium. Man kann es aber auch umdeuten: Die große Autosuggestion hilft mir in der Bewältigung der Vergeblichkeit des Daseins. "Glaube nur!" Dann fühlst Du Dich schon ein bisschen österlich, auch wenn keiner weiß, ob Du die Wette gewinnst. Die Kirche Christi behauptete dereinst, mit unerschütterlichem Anspruch, gesandt zu sein, um die Wahrheit über Welt und Denken den Menschen tatkräftig und wirksam mitzugeben, zum Heil ihrer Seelen, aber auch zu ihrem lebzeitigen Wohl. Zumindest in den vom "deutschen Idealismus" im weitesten Sinne kontaminierten Regionen kann davon nicht mehr die Rede sein. Hier ist seit geraumer Zeit stattdessen die "Veränderung der Kirche" das zentrale Thema. Als ob es außerhalb der konfessionellen Beschäftigungsverhältnisse jemals irgendjemanden beeindrucken könnte, dass diese Institution es neuerdings als ihre Aufgabe begreift, sich selbst in ihrer Identität zu vernichten. Das täte nicht einmal die Deutsche Gesellschaft für Humanes Sterben.
"Wenn wir dann ganz anders geworden sein werden, dann interessiert die 'Botschaft des Evangeliums' wieder." Ernsthaft? Wen? Die Umdeuter selber? Das Eingeständnis, dass in der Kirche, besonders in ihrem hypertrophen Apparat, sehr viel anders laufen muss, erspare ich mir näher auszuführen. Es ist allzu selbstverständlich, beginnt allerdings mit der Bekehrung der Herzen.
Das war auf kath.net und anderswo schon des öfteren zu lesen, muss aber immer wieder wiederholt werden. Denn die machtverwöhnten Adressaten unserer Kritik leben abgeschottet in ihrer Sonderwelt, blind und taub für die "Zeichen der Zeit", die nämlich andere sind, als ihnen in ihrer zeitgeistkonformen Ausbildung eingetrichtert wurde. Die zivilisatorische Sprengkraft der "sexuellen Revolution" muss angeprangert, nicht aber die Moral Jesu Christi daran angeglichen werden. Die Umwertung der Werte muss beim Namen genannt, nicht aber die Diktatur des Relativismus als Epochenwandel gefeiert werden. Die Abtötung der Liturgie muss durch eine Erneuerung ihrer selbst aus der eigenen Tradition abgewendet werden, anstatt ihr Sterbehilfe zu leisten mit platter Poesie und plumper Effekthascherei. Die Botschaft des Evangeliums ist das Evangelium selber, in persona Christi. Nichts sonst und niemand anders.
Sacramentum mundi. Das sollte die Kirche sein, wie sie uns das jüngste Konzil von Neuem vor Augen stellte, nicht aber als "Neue Kirche", schon gar nicht als Deutsche Kirche. Verkehrte Welt. Um das offene Schisma zu vermeiden, soll "Rom" einfach ausführen, was man sich in Limburg oder Frankfurt so ausdenkt. Hier hilft wohl nur noch, dass die Geldsäcke der deutschen Kirche immer schneller löchrig werden und der Zaster vom Winde verweht ... Das Evangelium des "Synodalen Wegs" wird aber immer lauter hinausgebrüllt: Glaubt doch, was ihr wollt. Aber lasst uns bitte, bitte das Geld!
Ob Frau Stotter-Karg das Jagdhorn blasen kann, das weiß es nicht. Einige Flötentöne traue ich der alten Dame vom ZdK noch zu. "Fremd, kontaktlos und aus der Zeit gefallen..." So nennt sie die Kirche. Aber es kann kein anderer sein als Satan selber, der das 'Große Halali' auf die Kirche in Deutschland anstimmt. "Die Wildsau ist tot!" Die Kirchenleute heute sind selber davon überzeugt, dass sie die Nation von der Kirche erlösen müssen, anstatt durch Christi Werk und Wirkung die Welt von der Sünde heimzuführen zu Gott. Wer hat sie davon überzeugt? Manche Totgesagte leben länger, jedenfalls die apostolische, römische Kirche als die Braut Christi. Um einen unendlichen Preis hat er sie sich erworben. Sie erweckt der Auferstandene im Heiligen Geist immer wieder zu Leben. Nicht unbedingt in der Heimat des fatalen Deutschtums, eher schon in Rom, der ewigen Stadt, dem Erdkreis zum Segen.
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