Die Kirche von morgen lebt in erneuerten Familien

25. Juni 2022 in Familie


Zeugnis einer Ehe, die durch Bekehrung gerettet wurde - Von Marlene und Stefan Ungerhofer / VISION 2000


Wien (kath.net/vision2000.at)

Die Weichen für ein erfülltes Leben würden entscheidend in der Familie gestellt, denn dort erfah­re der Mensch, worauf es im Leben ankommt, wiederholte gern die heilige Mutter Tere­sa. Welche sind diese Erfahrungen? Wir gehen mit dir durch dick und dünn, denn du bist kostbar; Leben gelingt, wo man teilt; Zusammenleben geht nicht ohne Vergebung; und: Gott ist gegenwärtig und steht uns bei.  

Der Begriff der „Erneuerung“ ist sehr breit gefächert und wird für eine Vielzahl von Vorgängen und Prozessen verwendet. Selbst im religiösen Umfeld reicht das Spektrum vom neuerlichen Aufleben bereits vorhandener Rituale bis hin zu einer vollständigen geistigen Neuausrichtung.

Wir – Marlene und Stefan Ungerhofer aus Kirchbichl in Tirol mit den Kindern Luis, Lilli, Felix sowie den Zwillingen Lorenz und Vinzent – dürfen erzählen, wie wir es geschafft haben, unsere Ehe und somit auch unsere Familie durch Erneuerung im Glauben zu retten.

Unsere gemeinsame Geschichte begann vor mittlerweile 20 Jahren in Form von „Liebe auf den ersten Blick“. Es folgten sehr turbulente Jahre, in denen wir uns auch immer wieder aus den Augen verloren. Es dauerte bis ins Jahr 2011, als wir schließlich – immer noch verliebt wie am ers­ten Tag – vor den Traualtar traten: ein Traumpaar. Und der Traum ging auch rasant mit dem Bau eines Eigenheimes und den ersten beiden Kindern weiter.

Nach außen hin war alles perfekt, aber im Inneren fraßen sich Konflikte und Verletzungen wie Karies durch die eheliche Gemeinschaft und somit auch durch die Familie. Die Diskussionen und Kämpfe drehten sich immer wieder um die gleichen Themen und drohten der von so viel Liebe getragenen Verbindung den Garaus zu machen.

Es war fast so wie in einem Hollywood-Blockbuster, in dem eine Frau ihrem Ex-Schwiegervater beim Gedanken an die gescheiterte Ehe wehmütig antwortet: „Liebe war nie unser Problem.“ Bei uns war es genauso, aber schließlich haben wir erkannt, dass menschliche Liebe alleine eben nicht reicht.

Die „Erneuerung“ begann mit dem Besuch des Seminares „Es ist Zeit für ein Gespräch“ in Salzburg im Kolleg St. Josef. Inmitten von Braut- und weiteren Ehepaaren wurden uns in mehrerer Hinsicht die Augen geöffnet. Wir erkannten, dass wir uns zwar als „Brauchtumskatholiken“ bezeichnen durften, von einem Leben als gute Christen aber meilenweit entfernt waren. Noch wichtiger war die Erkenntnis, dass Gott Teil unseres Ehebundes ist und wir Ihn aktiv in unsere Ehe hereinlassen müssen, um zu bestehen.
Nachdem uns an diesen vier Tagen im Mai 2015 eindrucksvoll Augen und Herzen geöffnet wurden, machten wir uns daran, diese neue Welt der Liebe und Barmherzigkeit Gottes zu erkunden, wir mussten wie kleine Kinder alles neu erlernen und uns zurechtfinden.

Bereits wenige Wochen später nahmen wir voller Aufbruchsstimmung am Jungfamilientreffen in Pöllau teil und waren überwältigt von den Eindrücken und den Erkenntnissen, was uns in all den Jahren so schmerzlich gefehlt hatte. Neben den hervorragenden Vorträgen und den Gnaden durch Heilige Messe, Beichte und Anbetung waren es vor allem die vielen Kontakte zu wahrhaft praktizierenden Familien, die uns in Form von „Learning-By-Doing“ zu vier – für uns entscheidenden – Schritten motivierten:

1. „Prioritäten richtig setzen“: Vor allem für mich als Mann war es sehr schwer zu akzeptieren, dass die Reihenfolge der wichtigen Dinge im Leben zu ändern sind, und zwar fundamental:

vorher: 1. Arbeit, 2. Vereine, 3. Haus & Garten, 4. Freunde, 5. Kinder, 6. Ehefrau, 7. Gott
nachher: 1. Gott, 2. Ehefrau, 3. Kinder, 4. Arbeit, 5. Haus & Garten, 6. Freunde, 7. Vereine

2. „Die Barmherzigkeit Gottes durch Verzeihen nachahmen“: Ganz egal, welche Verletzung durch ein böses Wort oder eine Tat mir mein Ehepartner zufügt, ich kann immer in Freiheit und mit einem versöhnten Herzen verzeihen.
Dieser Schritt ist auch für unsere Kinder wichtig, die – mühsam und langsam – lernen, sich gegenseitig zu verzeihen. Dabei hat sich auch unsere Gesprächskultur, mit der wir schwierige Themen besprechen, grundlegend geändert. An die Stelle von Vorwürfen und Schuldzuweisungen sind ehrliches Hinterfragen und um Verzeihungbitten getreten.

3. „Eigene Schwächen und Fehler im Sakrament der Versöhnung behandeln“: Manche unserer Kämpfe in der Ehe wurden durch schlechtes Gewissen und Verzagtheit verursacht. Wir lernten, unsere seelischen Rucksäcke eigener Verfehlungen in der Beichte dem Herrn zu übergeben und konnten so im Herzen und auch im Kopf wieder frei werden für den Ehepartner und die Kinder.

4. „Rückschläge und wiederkehrende Verhaltensmuster positiv annehmen“: Gott würde niemals sagen: „Jetzt hast Du diesen Fehler schon x-mal gebeichtet, wann kriegst Du das endlich in den Griff?!“. Wir sind zwar immer fest dazu entschlossen, begangene Fehler nicht zu wiederholen, schlechte Angewohnheiten wird man aber nicht von heute auf morgen los. Wir haben gelernt, wegen „Rückfällen“ nicht zu verzagen und immer wieder neu zu verzeihen, um Verzeihung zu bitten und nicht aufhören zu versuchen, besser zu werden.

Diese Schritte der Veränderung führten dazu, dass wir mit unseren Herausforderungen und Fehlern besser umgehen können und nicht an ihnen verzweifeln. Besonders das Wissen, dass wir in unserer Ehe nicht „alleine“ sind, sondern der Herr als Dritter in unserem Bund uns begleitet und stärkt, ist ein sehr tröstender Aspekt. Diese Ausrichtung beider Ehepartner auf Gott gibt uns so auch Halt und Sicherheit. Wir sind meilenweit davon entfernt, ein konfliktfreies und immer sorgenloses Familienleben zu haben. Aber wir haben nun einen festen Glauben und das nötige Handwerkszeug, um den täglichen Herausforderungen zu begegnen.

Möglich gemacht wurde dies nicht durch den einmaligen Besuch des Jungfamilientreffens, sondern eine möglichst jährlich wiederkehrende Teilnahme, durch regelmäßige Familiennachmittage in einer der Tiroler „Außenstellen“ der „Initiative Christliche Familie“ und nicht zuletzt durch die Familienakademie des Salzburger Referates für Ehe und Familie, die wir zwar aufgrund der Geburt unserer Zwillinge abbrechen mussten, aber die uns besonders im Bereich der Versöhnung mit unseren Herkunftsfamilien viel Segen und Erlösung brachte.

Wir werden hin und wieder gefragt, ob wir es nicht auch ohne unsere Erneuerung im Glauben und den damit für unsere Umgebung manchmal schwer verständlichen Veränderungen wie dem wöchentlichen Besuch der Heiligen Messe oder dem Zurückziehen aus Vereinen geschafft hätten, unsere Ehe zu retten. Die Antwort ist immer ganz klar und eindeutig: Nein!
Wir haben auch andere Wege versucht, immer ohne bleibenden Erfolg. Erst das Vertrauen und Hören auf unseren Herrn Jesus Christus hat uns den richtigen Weg gezeigt unter dem Motto „Jesus, ich vertraue auf Dich“.

 

Foto: (c) Vision2000.at
 


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