23. Juni 2022 in Familie
Der Evolutionsbiologe Prof. Ulrich Kutschera spricht über den Wert der traditionellen Familie und des biologischen Geschlechts für das Heranwachsen glücklicher Kinder - kath.net-Interview mit Prof. Ulirch Kutschera
Wien (kath.net/cz)
Am 28.2.2022 hatte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main bekannt gegeben, dass der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Ulrich Kutschera von sämtlichen Vorwürfen frei gesprochen wurde. Es ging um ein Interview auf kath.net vom 5.7.2017 zum Thema „Ehe für alle“, in welchem sich der Biologe gegen das Adoptionsrecht gleichgeschlechtlicher Paare ausgesprochen hatte Inzwischen hat sich die Welt weitergedreht. Jetzt wird bereits darüber diskutiert, ob nicht die Begriffe „Papa-Mama“ durch die neutralen Worte „Elter 1 und Elter 2“ ersetzt werden sollten. Warum, und was sind die Folgen? Ein Gespräch zum Thema Gender-Ideologie und Kindeswohl.
kath.net: Herr Prof. Kutschera, Sie setzen sich in ihrer Forschung mit der Evolution und Sexualbiologie der Arten auseinander. Besonders interessiert uns natürlich der Mensch und hier die Frage, ob es besonders hilfreiche Rahmenbedingungen für das Heranwachsen gesunder Kinder gibt? Mit anderen Worten, ist die traditionelle Familie mit biologischem Vater und Mutter, auf Dauerhaftigkeit und gemeinsame Kinder ausgerichtet, gegenüber anderen Lebensformen von Vorteil?
Prof. Dr. Ulrich Kutschera: Da ich infolge eines vor 5 Jahren publizierten kath.net-Interviews von der Homo-Lobby angezeigt wurde, weil ich damals keine Quellen nannte, verweise ich nachfolgend auf mein aktuelles Buch „Strafsache Sexualbiologie. Darwinische Wahrheiten zu Ehe und Kindeswohl vor Gericht, 2022“. Hintergrund-Infos: Seit etwa 3000 Jahren leben Menschen in Familienverbänden, oder „Groß-Sippen“. Mit dem Aufkommen der Tierzucht konnte das Prinzip „Vaterschaft“ erkannt werden, zuvor war den Menschengruppen der Zusammenhang zwischen den „Mann-Frau-Kopulationen“, der Schwangerschaft und einer 9 Monate später erfolgenden Geburt nicht klar. Erst vor etwa 200 Jahren konnten Biologen beim Sezieren weiblicher Leichen Eizellen finden. Die Befruchtung wurde 1876 entdeckt, sodass die zelluläre Grundlage der „Zweigeschlechtlichen Fortpflanzung“, d.h. sexuellen Reproduktion, und die resultierenden leiblichen Kinder, eine relativ junge Einsicht ist. Zu Ihrer Frage: In einer natürlichen, relativ intakten, zweigeschlechtlich zusammengesetzten Vater-Mutter-Familie haben Kinder optimale Chancen, in Sicherheit und Geborgenheit aufzuwachsen.
kath.net: Welche negativen Entwicklungen erkennen Sie in Ihrer Arbeit, bei anderen Formen des Zusammenlebens, wie z. B. der berühmten Patchworkfamilie, Alleinerziehern oder gleichgeschlechtlichen Paaren. Welche Auswirkungen kann das auf heranwachsende Kinder haben?
Kutschera: Hintergrund-Infos: Charles Darwin (1809–1882), der ein liebevoller Vater von zehn Kindern war, von welchen drei früh gestorben sind, hat unter anderem die Regel formuliert, dass im Naturzustand die „Männchen um die Gunst der Weibchen werben“. Diese Damenwahl im Tier- bzw. Menschenreich ist wiederum Grundlage der „Darwinischen Geschlechterrollen“. Der daraus folgende evolutionär herausgebildete Sexual-Dimorphismus, d.h. die verschiedenen Geschlechter-Funktionen von Mann-Vater bzw. Frau-Mutter (Sexus), konnte in vielen Studien, Tiere und Menschen umfassend, belegt werden. Daraus folgt: Werden Defektsituationen, z. B. die alleinige Aufzucht von Kindern von der Mutter nach dem Tod des Mannes, oder von zwei fremden Männern bzw. 2 Frauen, zum Normalfall erklärt, ergeben sich fast immer psychische Probleme für die dann vater- bzw. mutterlosen Kinder; eine natürliche Hälfte fehlt, die kaum ersetztbar ist.
kath.net: Kann man also sagen, dass die traditionelle Familie von biologischem Vater und Mutter und ihren gemeinsamen Kindern, für eine gesunde Gesellschaft nachhaltige Vorteile hat? Warum ist das als altmodisch bezeichnete Modell Vater-Mutter-Kinder noch immer relevant, die Gesellschaft hat sich doch geändert?
Kutschera: Meine Argumente sind rein biowissenschaftlicher Natur – nur durch innere Befruchtung (Sex-Akt, d.h. Spermien-Eizelle-Kopulation) kann, im Naturzustand, ein später von der Mutter geborenes Kind entstehen, welches jeweils zu ca. 50 % genetisch mit dem Vater und der Mutter identisch, und somit zu 1/2 erblich verwandt ist. Dieses „genetische Band“ führt, in der Regel, die Vater- und Mutterliebe zum eigenen Nachwuchs herbei, wobei dann auch eine Inzucht-Hemmung resultiert. Aus diesem Grund sind Kinder im natürlichen Familienkreis, mit Verwandten, am glücklichsten – sofern sich das Elternpaar einigermaßen versteht. Das hat nichts mit „altmodisch“, oder gar einem „Modell“ zu tun, sondern ist eine evolutions- bzw. sexualbiologisch begründete Erkenntnis. Die Gesellschaft hat sich u.a. aufgrund einer „Wohlstandsverwahrlosung“ gewandelt, was aber keine gute Entwicklung für unsere schutzbedürftigen Kinder darstellt.
kath.net: Wie interpretieren Sie die derzeit massiven Versuche der Gender-Ideologen und der progressiven Linken, diese traditionelle Familie, mit samt ihren Vorteilen für die Gesellschaft, immer weiter zu untergraben und zu schwächen? Welche Interessen könnten damit verbunden sein?
Kutschera: Die von Darwin beschriebenen, natürlich herausgebildeten „Geschlechter-Rollen“, d.h. Frauen gebären Kinder und ernähren dieselben mit ihrer Muttermilch, während Männer eher eine Versorgerfunktion einnehmen, beziehen sich auf vitale Populationen, die psychisch gesunde Nachkommen hinterlassen und über Generationen fortbestehen. Der Erfinder der Gender-Ideologie, John Money (1921–2006), war ein kinderloser, vermutlich „bi-sexuell“ veranlagter Mann, dessen Anti-Darwinisches Weltbild eine aussterbende Gesellschaft reflektierte. Der Money’sche Begriff „Gender-Role bzw. Gender-Identity“, auch Geschlechtliche Identität genannt, wird nirgendwo klar definiert. Es geht um eine fiktive „geschlechtliche Selbstzuschreibung“, die als soziales Konstrukt „über der Natur“ stehen soll. Das Kindeswohl spielt kaum eine Rolle, da in einer sterbenden Gesellschaft der Egoismus der Nachkommen-losen dominiert. Für die Gender-Ideologen ist, vielleicht auch aus Neid auf das „Natürliche“, der Moneyismus, mit der Formel „Homo-ist-gleich-Hetero – unsere Biologie haben wir überwunden“ die ideale säkulare Glaubenslehre, – zur Errichtung einer sozial-utopistischen Gesellschaft.
kath.net: Inzwischen soll per Vorschlag die Bezeichnung Vater-Mutter bzw. Papa-Mama durch Elter 1 bzw. Elter 2 ersetzt werden. Ihr Kommentar dazu?
Kutschera: In zahlreichen Dokumenten wird heute schon von „Elternteil 1 und 2“ gesprochen, gemäß der Money’schen Doktrin, dass ja „Vater-Mutter-Stiefvater-Stiefmutter“– und „Homo-Hetero“ sowieso dasselbe sind. Das Wort „Mama“, in China ebenso geläufig wie in Europa, leitet sich von „Mammalia“, d.h. Säugetiere, und somit Brust, Muttermilch, ab. Es ist die Kurzform eines sexualbiologischen Fachbegriffs, und das geht gar nicht! In einer aussterbenden Gesellschaft mit einem Geburtenunterschuss, die von lautstarken Nachkommen-losen dominiert und regiert wird, wird z.B. die Tatsache, dass leibliche Kinder ein „Zweites Leben“ darstellen (C. Darwin), verdrängt; Mama-Papa sind da unerwünschte Naturbegriffe, die müssen „neutralisiert“ werden! Orientierungslos-verwirrte Kinder sind leicht zu indoktrinieren, da stehen „Mama- und Papa“, sowie stabile Familien, quasi schon als Feindbilder, im Wege.
kath.net: In der Gender-Ideologie geht es ja schlussendlich um eine Auflösung der Geschlechtlichkeit. Jeder soll sein, wonach er/sie/es sich fühlt. Gibt es für diesen Zugang irgendeine wissenschaftliche Begründung?
Kutschera: Alles beginnt mit den Schriften des US-Psychologen und Kindesmisshandlers John Money, der bereits 1955, und dann bis zu seinem letzten Buch 2002, seinen sozialkonstruktivistischen „Gender-Begriff“ immer wieder neu umschrieb. Dieses vom biologischen Geschlecht (Sexus-männlich/weiblich) angeblich unabhängige „psychosexuelle Gender“, als gefühltes maskulin-feminin-Fremd-Sein, gibt es in seltenen Fällen. Bei etwa 99 % aller Menschen sind aber Sexus und Gender (im entwicklungsbiologischen Sinne) identisch. Das via Geschlechtschromosomen ausgebildete Geschlecht (XX-weiblich; XY-männlich) ist vorgeburtlich festgelegt und kann kaum durch Erziehungs- bzw. Umwelteinflüsse modifiziert werden. Es gibt Ausnahmen, welche in der evolutionär ausgerichteten Sexualbiologie, wertfrei, als „Entwicklungsstörungen“ bezeichnet werden, die in der Regel behandlungsbedürftig sind (Inter- bzw. Trans-Personen; Gender-Identity-Kliniken). Die immer wieder postulierte „Auflösung der Geschlechter“ ist eine naturwidrige Fiktion, die zur kinder-armen Gesellschaft passt, wie sie heute in Mitteleuropa als trauriges Ideal beworben wird. Für einen Evolutionsbiologen ist das nur im Lichte einer Degeneration übersättigter Spaßgemeinschaften zu interpretieren.
kath.net: Abschließend gefragt, was würden Sie als wichtige, vielleicht sogar entscheidende Elemente der menschlichen Entwicklung, für eine starke und vitale Spezies Mensch, definieren?
Kutschera: Zunächst – Die Überwindung des von John Money und anderen Ideologen erfundenen „Sozialkonstruktivismus“, und die Rückkehr zu den Erkenntnissen von Darwin und moderner Biologen aller Fachrichtungen, sollte angestrebt werden. Im zweiten Schritt: Die Erkenntnis, dass Kinder von Vater und Mutter abstammen, und daher auch ein Recht auf beide Elternteile haben, die verschiedene Bindungsqualitäten aufweisen, muss sich durchsetzen. Naturwissenschaftliches Denken sollte wieder Oberhand gewinnen, gerade auch bezüglich der „Coronaviren-Problematik“. Nach einem derartigen Gesinnungswandel, der christlich geprägt sein kann, ohne unser evolutionäres Erbe als Mann bzw. Frau zu leugnen, hätten die im „Gender-Regenbogen-LGTB-Gleichheitswahn“ in den demographischen Abgrund tanzenden Gesellschaften Mitteleuropas wieder eine Zukunft – nach der alten „Family“-Weisheit: Demography is destiny!
kath.net: Danke für das interessante Gespräch!
Sämtliche Interview-Aussagen werden im aktuellen Buch durch zitierte wissenschaftliche Quellen belegt: Kutschera, U. (2022) Strafsache Sexualbiologie. Darwinische Wahrheiten zu Ehe und Kindeswohl vor Gericht. 2. Auflage. Verlag Tredition, Hamburg. 588 S., 88 Abbildungen, siehe: www.evolutionsbiologen.de/media/files/flyer-2_auflage.pdf
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