Mexikos Kirchen erinnern landesweit mit Fotos an Gewaltopfer

24. Juli 2022 in Weltkirche


Gläubige sollen Fotos von Angehörigen oder Freunden, die durch Gewalt ums Leben gekommen sind oder vermisst werden, in Sonntagsgottesdienste mitbringen - Der "Gedenktag für die Bekehrung der Täter" ist für Ende Juli geplant


Mexiko-Stadt (kath.net/KAP) Angesichts der überbordenden Gewaltwelle in Mexiko verschärft die katholische Kirche ihre Maßnahmen zur Sensibilisierung der Gesellschaft. Für kommenden Sonntag haben die Bischofskonferenz, die Konferenz der höheren Ordensoberen wie auch der jüngst von zwei Morden an Geistlichen betroffene Jesuitenorden alle Gläubigen dazu aufgerufen, Fotos von Freunden oder Familienmitgliedern, die durch Gewalt ums Leben gekommen sind oder vermisst werden, in die Gottesdienste mitzubringen. Alle Priester sollten ein besonderes Gebet für die Ermordeten oder Verschwundenen sprechen und "um Wahrheit und Gerechtigkeit sowie um Trost für ihre Angehörigen bitten", hieß es in einem am Montag (Ortszeit) veröffentlichten gemeinsamen Schreiben von Bischofskonferenz und Ordensgemeinschaften.

Man wolle eine Geste des Willkommens setzen sowie des "Gedenkens an das Leiden Christi in unserem Land", so die Kirchenspitzen. Jetzt sei die Zeit, "um unser durch die Gewalt beschädigtes soziales Zusammenleben wieder aufzubauen" und für den Frieden zu arbeiten.

Froh und dankbar äußerten sich die Bischöfe und Ordensvertreter zudem über den enormen Widerhall eines Gebetstages für Frieden im Land, bei dem bereits am 10. Juli insbesondere der ermordeten Priester und Ordensleute gedacht wurde. Neben Pfarren, Laienbewegungen und Orden hätten sich auch andere religiöse Gemeinschaften und gesellschaftliche Gruppen solidarisch dieser "Geste der Einheit für unser Land" angeschlossen, hieß es. Auch für den letzten Julisonntag  - der 31. Juli ist auch Gedenktag des Jesuiten-Gründers Ignatius von Loyola - kündigten die Kirchenvertreter Aktionen und einen "Tag des Gebets für die Bekehrung der Täter" an.

2022 bereits 14.000 Menschen ermordet

Derzeit durchlebt Mexiko eine der gewalttätigsten Phasen seiner Geschichte. In den ersten dreieinhalb Jahren der Regierung des derzeitigen Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador wurden über 121.000 Tötungsdelikte registriert, womit in den zweieinhalb Jahren der noch verbleibenden Amtszeit die mehr als 156.000 Morde in den sechs Jahren der Regierung seines Vorgängers Enrique Pena Nieto übertroffen werden dürften. In der ersten Jahreshälfte 2022 wurden bisher erneut 14.000 Morde registriert, zudem liegen derzeit 18 der 50 Städte mit der weltweit höchsten Gewaltrate in Mexiko. Auch die katholische Kirche zählt zu den Opfern: Einem aktuellen Bericht des Centro Catolico Multimedial (CCM) zufolge wurden in den vergangenen drei Jahrzehnten ein Kardinal und 57 katholische Priester in Mexiko ermordet.

Streit mit Regierung

Nachdem am 20. Juni im Bundesstaat Chihuahua zwei Jesuiten ermordet worden waren, hatte die Kirche ihre Kritik an Präsident Lopez verstärkt, der mit dem Slogan "Umarmungen statt Kugeln" eine sanfte Politik gegenüber den für die Gewaltakte verantwortlichen Drogenkartellen befürwortet. Das Staatsoberhaupt verurteilte daraufhin Ende Juni die Kirche als "heuchlerisch", da sie sich gegenüber Verfehlungen seiner Vorgänger nicht entsprechend lautstark geäußert habe. Dies wies die Bischofskonferenz umgehend zurück: Mit insgesamt 116 Dokumenten habe man die Sicherheitslage bisher kritisiert, darunter vor allem im Zuge der Hinrichtungswelle 2005, das Massaker an Migranten 2010 sowie beim Verschwinden von 43 Studenten im Jahr 2014, erklärte Bischofskonferenz-Generalsekretär Ramon Castro.

Bemühungen um ein Glätten der Wogen zwischen Kirche und Regierung gab es zuletzt am Sonntag, als Regierungssekretär Adan Augusto Lopez Hernandez den Erzbischof von Guadalajara, Kardinal Francisco Robles Ortega, zu einem Gespräch über Sicherheitsfragen traf. Sowohl die Kirche als auch die Regierung wolle den Frieden für Mexiko, teilte der früher der Bischofskonferenz vorstehende Kardinal anschließend mit.

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