Nigeria. Mehr als 60 Christen in zwei Monaten im Bundesstaat Benue getötet

23. Juli 2022 in Weltkirche


„Kirche in Not“ „ist eine Quelle des Lichts in einem Tal der Finsternis“, sagt Bischof Wilfred Anagbe.


München-Wien (kath.net/KIN)

In den letzten zwei Monaten wurden allein in einem Bundesstaat in der Zentralregion Nigerias mindestens 68 Christen getötet und viele weitere entführt oder vertrieben.

In einem Bericht an das Hilfswerk „Kirche in Not“ (ACN) beklagt der Bischof von Makurdi, einer der Diözesen im Bundesstaat Benue, die Untätigkeit der nigerianischen Bundesregierung und zählt die dringenden Bedürfnisse von Tausenden der 1,5 Millionen Menschen auf, die aus ihren Häusern vertrieben worden sind. “Natürlich ist es für mich und mein Volk schrecklich, in einer solchen Situation leben zu müssen, um es vorsichtig auszudrücken“, sagt Bischof Wilfred Chikpa Anagbe.

Im Mittelpunkt des Problems stehen die anhaltenden Angriffe von Terroristen des mehrheitlich muslimischen Fulani-Stammes auf die mehrheitlich christlichen Bauerngemeinden in der Zentralregion Nigerias. Die Gründe für diese Angriffe sind komplex. Die Konflikte zwischen nomadischen Hirten und sesshaften Bauern reichen Jahrhunderte zurück, aber die Einfuhr hochwertiger Schusswaffen in den letzten Jahren hat die Angriffe noch tödlicher und zerstörerischer gemacht.

Der religiöse Aspekt verschlimmert die Situation in einem Land, das zwischen dem mehrheitlich christlichen Süden und dem mehrheitlich muslimischen Norden geteilt ist, wobei die meisten Zusammenstöße in der zentralen Region stattfinden, die auch das fruchtbarste Land besitzt. Dem Bischof zufolge tarnen sich die Terroristen als nomadische Hirten, um die wahre Absicht ihrer Angriffe zu verschleiern, nämlich die Christen von ihrem Land zu vertreiben.

Lebensmittelversorgung, Bildung und Seelsorge betroffen

Die Situation hat laut dem Bischof zu einer „unerträglichen Lebensmittelknappheit“ geführt. „Der Bundesstaat Benue ist bekanntlich der Nahrungsmittelkorb der Nation, aber der Terrorismus trifft die Lebensmittelversorgung.“ Infolgedessen müssen die Bauern, die sich und ihre Familien normalerweise selbst versorgen könnten, nun von Almosen leben.

„Die Notsituation hat viele in einen menschenunwürdigen Zustand versetzt, da sie oft auf Lebensmittelrationen angewiesen sind, die von anderen gespendet werden, deren wirtschaftliche Lage nicht viel besser ist.“

Makurdi beherbergt derzeit 80 % der Vertriebenen im Bundesstaat Benue, und trotz finanzieller Schwierigkeiten tut die örtliche Kirche ihr Bestes, um das Leid und die Not zu lindern, indem sie Nahrungsmittel und lebensnotwendige Güter bereitstellt. Kürzlich verteilte die Kommission für Gerechtigkeit, Entwicklung und Frieden Lebensmittel und Kleidung an über 1800 Menschen allein in einem Lager. Die Diözese vergibt auch Stipendien an Dutzende von vertriebenen Kindern, damit sie die Chance auf eine Schulbildung haben.

Die Instabilität der Region macht dies jedoch manchmal schwierig. Der Bischof selbst sagt: „Ich bin seit einigen Jahren nicht mehr in der Lage, in Teilen meiner Diözese pastorale Aktivitäten durchzuführen.“

„Neben den oben genannten Initiativen haben wir auch die seelsorgerische Betreuung dieser Menschen nicht vergessen. In einigen der Siedlungsgebiete gibt es eine Pfarrei, die sich um die spirituellen Bedürfnisse der Binnenvertriebenen kümmert“, so der Bischof abschließend. Er fügt hinzu, dass er immer noch hofft, eine mobile Klinik anschaffen zu können, damit sich besser um die gesundheitlichen und psychosozialen Bedürfnisse der Vertriebenen gekümmert werden kann.

Eine Quelle des Lichts in einem Tal der Finsternis

Die Probleme mit den Fulani-Hirten, bewaffneten Gruppen und islamischen Extremisten in Nigeria bestehen schon seit mehreren Jahren, aber die Kirche beklagt, dass die Untätigkeit der Regierung die Situation verschlimmert hat.

Nach Ansicht des Bischofs „unterstreicht das Ausmaß der Tötungen, der Vertreibung und der mutwilligen Zerstörung von Eigentum durch diese dschihadistischen Fulani-Milizen nur den nun offenbar gewordenen Plan, christliche Gemeinden in Nigeria zu entvölkern und ihr Land zu übernehmen. Es ist bezeichnend, dass die derzeitige nigerianische Regierung nichts gegen diese anhaltenden Angriffe unternimmt, und dafür Begründungen wie den ‚Klimawandel‘ oder dass auch einige Muslime manchmal bei Angriffen von so genannten Banditen getötet werden, vorbringt.“

Von den örtlichen Behörden im Stich gelassen, ist die Kirche dankbar für die Unterstützung, die sie von "Kirche in Not" erhalten hat, das Bischof Anagbe als „eine Lichtquelle in einem Tal der Finsternis“ bezeichnet.

"Kirche in Not" unterstützt weiterhin die lokale Kirche, die in vielen Teilen des Landes unter Armut und Verfolgung leidet. Im Jahr 2021 finanzierte das internationale Hilfswerk 105 Projekte in Nigeria in verschiedenen Bereichen. "Kirche in Not" bietet auch eine Plattform für Informationen über das Leiden der Christen und hilft den örtlichen führenden Geistlichen, sich bei internationalen Veranstaltungen zu Themen wie Religionsfreiheit und Christenverfolgung zu äußern.  

Weitere Informationen zur Lage der Christen in Nigeria enthält der Bericht „Religionsfreiheit weltweit“, den „Kirche in Not“ alle zwei Jahre herausgibt: zum Bericht über Nigeria

Foto: Ein bewaffneter Fulani-Hirte mit seiner Herde ©  Secretariat of Nigeria (CSN) Directorate of Social Communications


© 2022 www.kath.net