Deutsche Kaltschnäuzigkeit führt die Kirche in die Spaltung

25. Juli 2022 in Kommentar


Die Kirche in Deutschland zerbröselt in der Lehre, in der Leitung und in der Glaubenspraxis. Wie blind muss man eigentlich sein, um nicht zu kapieren, dass es keine synodalen Kaspertheater braucht - Der Montagskick von Peter Winnemöller


Rom (kath.net)

Endlich ist die katholische Welt wieder in Ordnung. Rom spricht und die üblichen Verdächtigen empören sich. Inzwischen ist alles gesagt, aber noch nicht von jedem, darum gibt es täglich weitere Stellungnahmen zu jenem kurzen Text aus dem Vatikan, der als kurze Note im täglichen Bulletin der vatikanischen Pressestelle erschien. Man wollte es offensichtlich nicht so hoch aufhängen, aber vor der Verabschiedung von Texten, die einen Bruch mit der Einheit darstellen, noch eine Duftnote setzen. So weit, so gut.

Die Stellungnahmen reichten von „in die Tonne treten“ über „sich auf dem sogenannten synodalen Weg bestätigt fühlen“, bis hin zu Dankbarkeit für die römische Wortmeldung. Am Ende steht man den Stellungnahmen ebenso ratlos gegenüber, wie jener kurzen Erklärung vom 21.7.2022 die ohne Vorwarnung und ohne weitere tiefergehende Hinweise aus Rom über uns hereinbrach. Inhaltlich gibt es nichts auszusetzen. Der synodale Weg von DBK und „ZdK“ darf uns weder eine neue Leitungsstruktur aufs Auge drücken, noch darf er neue Glaubensinhalte einführen. Das sollte eigentlich jedem klar sein. Jedem mit Einschränkung jener Superreformer, die ein neues Superleitungsgremium mit Haushaltshoheit für Deutschland einführen wollen, sowie jenen, die den Katechismus in Fragen der Moraltheologie umstricken wollen und jenen, ein in der Kirche unmögliches Frauenpriestertum einführen wollen. Ups. Lag Rom vielleicht doch gar nicht so sehr daneben, wie man uns glauben machen wollte?

Das eilige Bemühen des Präsidiums des synodalen Weges von DBK und „ZdK“ schleunigst eine devote Dankesnote an Rom zu verfassen, wirkte jedenfalls lächerlich. Dank gleichzeitiger Verabreichung einer Ohrfeige, dass sich der Heilige Vater immer noch nicht bemüßigt hat, deutschen Laienfunktionären zuzuhören, wie die Kirche gefälligst zu sein hat, kann diese Pressemeldung jeden Comedy-Preis gewinnen. Chapeau! Leider war es nicht gelungen, alle Sprecher rechtzeitig einzunorden, denn gerade von den Universitäten kamen Stimmen, die zu Recht feststellten, dass der synodale Weg damit nur noch Makulatur ist. Freilich hält man an dem Framing fest, der synodale Weg gelte der Aufarbeitung des - oder der Aufarbeitung der Ursachen des – sexuellen Missbrauchs durch Kleriker an Minderjährigen. Was die Umsetzung jahrzehntealter, samt und sonders längst als Irrtümer zurückgewiesener Forderungen damit zu tun haben soll, erschließt sich auch unter dem Framing „systemischer Ursachen“ nicht. Wie die Abschaffung moralischer Leitlinien zur Vermeidung moralischer Verfehlungen beitragen soll, ist noch immer ein Geheimnis der selbsternannten Kirchenreformer.

Alle Synodalisten können aufatmen, Päpstin Irme I. hat mit dem Jurisdiktionsprimat des letzten deutschen Zentralkomitees angeordnet, dass die kommende Synodalversammlung stattfinden wird. Es ist nicht anzunehmen, dass man auch nur einen Millimeter von den geplanten „Reformvorhaben“ abweichen wird. Den Synodalismus in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf. Und wem hier etwas anderes als beißende Satire einfällt, mag sich melden. Meine Nüchternheit endet hier.

Ordnet man an dieser Stelle die im Vergleich zum Schreiben von Papst Franziskus an das pilgernde Gottesvolk in Deutschland doch sehr kurze und harsch wirkende Erklärung ein, dann kann man von einer gelben Karte mit einem deutlichen Stich roter Farbe reden. Obwohl man sich inhaltlich noch ein wenig mehr Konkretisierung hätte wünschen können, darf man diese Erklärung als eine Warnung lesen, dass Rom offensichtlich durchaus bereit ist, eine Spaltung festzustellen. Die Warnung gilt hier zweierlei: Der Häresie und dem Schisma, indem festgestellt wird, dass niemand zur Annahme „neuer Ausrichtungen der Lehre und der Moral“ sowie „neuer Formen der Leitung“ verpflichtet werden dürfe. Wer darin nicht eine eindeutige Absage an den geplanten „synodalen Rat“ sieht, mag sich einen Termin beim Optiker holen. Gleichfalls wird schon vorab allen Bestrebungen, die sowohl die Sexualmoral zu verändern als auch zu einer sogenannten Neubewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen zu gelangen, eine deutliche Absage erteilt.

Nach der zahlreichen Kritik aus der Weltkirche, die von deutscher Seite mit einer verheerenden Kaltschnäuzigkeit abgebügelt wurde, setzt nun auch der Heilige Stuhl einen unüberhörbaren Warnschuss ab, der mit gleicher Kaltschnäuzigkeit abgebügelt wurde. In der Gesamtschau der bisherigen und der zu erwartenden Beschlüsse des synodalen Weges mit den bisherigen kritischen Wortmeldungen aus der Weltkirche und den deutschen Reaktionen auf selbige, kann man leider nur zu einer sehr pessimistischen Einschätzung kommen. Die faktisch längst eingetretene schismatische Situation in Verbindung mit zahlreichen nachhaltig vertretenen mutmaßlichen Häresien, die nur deshalb noch keine Spaltung ist, weil von Rom kein Schisma und keine Häresie formell festgestellt hat, läuft jedoch nahezu unaufhaltsam und mit deutscher Gründlichkeit auf eine Spaltung in Lehre und Leitung zu. Eine weniger düstere Einschätzung – wiewohl sie mehr als wünschenswert wäre – lässt sich derzeit nicht treffen, da sie den realen Gegebenheiten einfach nicht entspricht.

Die damit einhergehenden Signale der Auflösung der Kirche in Deutschland verstärken diesen finsteren Eindruck nur noch. Die hohen Austrittszahlen und die wöchentlichen Kirchbesucherzahlen sollten Bischöfen schlaflose Nächte bereiten. Die langsam in Serie gehende Praxis von Priestern einfach ihren „Job“ hinzuwerfen, die mit Andreas Sturm (Speyer) und Holger Ungruhe (Münster) wohl nur einen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben, dürften ihnen auch die letzten Sekunden Schlaf rauben. Die Kirche in Deutschland zerbröselt in der Lehre, in der Leitung und in der Glaubenspraxis. Wie blind muss man eigentlich sein, um nicht zu kapieren, dass es keine synodalen Kaspertheater braucht sondern ganz schlicht und ergreifend jede, wirklich jede noch verbliebene Kraft in die Neuevangelisierung zu stecken ist?


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