29. Juli 2022 in Kommentar
Die „franziskanische“ Kirche wird eine Reformkirche sein, dachte man vor allem in Deutschland, bis Franziskus verlauten ließ: Die Kirche wird nicht in Deutschland regiert, der Papst ist kein Erfüllungsgehilfe „teutscher“ Reformer. Von Joachim Heimerl
Wien (kath.net/joh) Sowohl der Synodale Irrweg in Deutschland als auch die weltweite Befragung im Vorfeld der Bischofssynode 2023 haben eines klar gemacht: Es gibt unter Klerikern wie Laien ein defizitäres Verständnis davon, was die Kirche im Allgemeinen und der Papst im Besonderen ist.
Zwar hat Franziskus einerseits immer wieder darauf verwiesen, dass eine Synode kein Parlament sei und dass es schon deshalb keine Mehrheitsvoten gibt; andererseits hat die weltweite Umfrage den gegenteiligen Eindruck verstärkt: Die Synode zum Thema „Synodalität“ ist schon vorab zur einer Art „Reformsynode“ geworden und ein Lehrstück darüber, wie tief der Protestantismus in die Kirche eingedrungen und wie nachhaltig der Glaube in ihr verdunstet ist.
Am deutlichsten wird dies daran, dass die Kirche kaum noch als göttliche Stiftung und heilige Gemeinschaft verstanden wird, sondern als maroder Club Ewiggestriger, der dringend überholt werden muss. Von ewigen Wahrheiten ist keine Rede mehr, der offenbarte Glaube scheint relativ geworden zu sein. Gott selbst ist vielen nur noch eine Metapher, eine Projektionsfläche „theologischer“ Kopfgeburten oder eigener Wünsche. Für sie gibt es den Glauben der Kirche nicht mehr, stattdessen glauben sie heute dieses, morgen jenes, ein jeder nach seiner Facon. Was gestern „katholisch“ war, ist heute relativ geworden; kein Wunder, wenn selbst Bischöfe derlei verkünden und dabei den schwarzen Peter geflissentlich Rom zuschieben.
Freilich ist Rom den Reformkräften schon immer verhasst, dennoch meinten sie unter Franziskus dort endlich Gehör zu finden: Die „franziskanische“ Kirche wird eine Reformkirche sein, dachte man vor allem in Deutschland, bis Franziskus zuletzt verlauten ließ: Die Kirche wird nicht in Deutschland regiert, der Papst ist kein Erfüllungsgehilfe „teutscher“ Reformer. Regiert wird die Kirche allerdings auch nicht in Rom, sondern im Himmel. Wir erinnern uns: Nur Jesus Christus ist der Herr Kirche, nicht der Papst.
Das abwegige Kirchenverständnis der „Synodalkatholiken“ wird aberwitzigerweise nirgendwo sichtbarer als gerade hier: An die Stelle Christi ist für sie der Papst gerückt, den sie lediglich als „politische“ Größe dabei gründlich missverstehen. Der Papst ist ja weder ein Monarch noch ist er ein Diktator. Er kann den Daumen nicht heben oder senken; er kann nicht nach seinem Gutdünken Reformen durchwinken oder blockieren, und er kann noch weniger dem Druck irgendeiner „Basis“ nachgeben, da seine einzige Basis Jesus Christus ist.
Mit dem Amt, das der Herr dem Petrus verliehen hat, hat dieser den Päpsten nicht weniger als sein Martyrium vermacht: Die rückhaltlose Zeugenschaft für die Wahrheit, die nur Christus ist und die ER in seine Kirche eingestiftet hat, nicht weniger und auch nicht mehr.
Aus diesem Grunde sind wir auch nicht „franziskanisch“-katholisch oder „synodal-katholisch“, wie manche wohl meinen, sondern wir sind „römisch“-katholisch und bleiben es. Genau deshalb lässt sich der gegenwärtige Papst nicht vor den Karren jener Kirchenfeinde spannen, die unter dem Deckmantel der „Synodalität“ die Kirche in ihrem Inneren bekämpfen und dabei noch behaupten, „katholisch“ zu sein. Dass hierzu nicht nur deutsche und österreichische Verbandskatholiken zählen, sondern auch Priester, Bischöfe und Kardinäle, lässt erahnen, wie weit es inzwischen gekommen ist.
Allerdings – und dies wird der Anfang der Erneuerung der Kirche sein – werden sie alle in der Weise von der Kirche abfallen, wie sie Jesus Christus bereits aufgegeben und sich dem Ungeist der Zeit angedient haben. Ohne Frage wird dies in der allernächsten Zeit geschehen und nach dem Vorbild der Reformation wird der Abfall von der Kirche ein zweites Mal von Deutschland ausgehen.
Niemand kann aufhalten, was sich nicht aufhalten lässt, der Papst vermutlich am wenigsten.
Aber auch von Jesus Christus sind viele abgefallen, und dies obwohl sie die Wunder sahen, die er getan hat. Letztlich blieb nur eine kleine Gruppe verunsicherter Apostel um Petrus zurück. Das war der Anfang der Kirche und ein neuer Anfang der Kirche wird auch in dieser Zeit nicht anders sein. Wer daran nicht glaubt, braucht im Grunde gar nichts mehr zu glauben; die Kirche ist und bleibt eben nicht von dieser Welt. Gerade deshalb kämpfte sie über die Jahrhunderte hinweg gegen Verweltlichung und Sittenverfall und hat sich trotz mancher Defizite in den eigenen Reihen nie der Welt angeglichen, sondern hat im Gegenteil die Welt überwunden. Immer blieb sie sich ihrer göttlichen Stiftung bewusst und bewahrte den Auftrag ihres Herrn und Meisters „Licht der Welt“ und „Salz der Erde“ zu sein. Als „Stadt auf dem Berge“ gelang es ihr so, die Welt mit dem Licht Christi zu erfüllen und das Dunkel hell werden zu lassen. Dafür braucht es keine teutschen Reformatoren. Dafür braucht es nichts anderes als die Ausrichtung auf Jesus Christus.
Um es mit Bernanos zu sagen: Die Kirche braucht keine Reformer. Sie braucht Heilige!
Dr. Joachim Heimerl (siehe Link) ist Priester der Erzdiözese Wien und Oberstudienrat.
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