Debatte um Feder-Kopfschmuck für Papst Franziskus in Kanada

28. Juli 2022 in Weltkirche


Symbolisches Geschenk und auch die vom Papst ausgesprochene Vergebungsbitte lösen unter Indigenen unterschiedliche Reaktionen aus


Ottawa/Wien (kath.net/KAP) Das symbolische Geschenk eines Feder-Kopfschmucks an Papst Franziskus zum Auftakt seiner "Bußreise" in Kanada ist unter Indigenen umstritten. Franziskus hatte am Montag den traditionellen Federschmuck nach seiner Entschuldigung im Namen der katholischen Kirche für die Zwangsassimilierung von rund 150.000 indigenen Kindern in katholischen Internatsschulen von Wilton Littlechild, Bürgerrechtler und Grand Chief der Indigenenvereinigung Treaty Six First Nations, erhalten.

"Mit der Übergabe des Kopfschmucks wird ein Mann als Ehrenhäuptling geehrt und damit zu einem unserer Gemeinschaft", verteidigte der Stammesälteste der Samson Cree, John Crier, das Geschenk laut örtlichen Medienberichten (Mittwoch). Es sei eine Anerkennung der Arbeit, die Franziskus geleistet habe, so Crier, der wie auch Chief Littlechild selbst Schüler einer "Residential School" war. Littlechild hatte nach der Begegnung mit dem einem sehr wichtigen Schritt auf dem Weg der Versöhnung gesprochen. Man müssen aber weiter miteinander arbeiten und "gemeinsam in Richtung Frieden und Gerechtigkeit schreiten", sagte er in einem Radio-Vatikan-Interview.

Ganz anders fiel die Reaktion der Aktivistin für die Rechte indigener Völker, Riley Yesno, auf die Übergabe des traditionellen Federschmucks aus. Es sei "frustrierend", dass dem Papst eine so hohe Ehre zuteil werde. "Die Kirche befindet sich in dieser Position, weil sie sich nicht sehr ehrenhaft verhalten hat", so Yesno. Und sie verhalte sich auch weiterhin nicht ehrenhaft, erklärte sie mit Blick auf noch nicht eingelöste Forderungen der Indigenen.

Eine ähnliche Position vertrat die Professorin für indigene Studien der Universität Manitoba, Niigaan Sinclair. Franziskus habe zwar guten Willen gezeigt, aber dafür allein noch nicht verdient, "ein uns heiliges Geschenk erhalten".

Auf die unterschiedlichen Reaktionen in Kanadas indigener Bevölkerung auf den Papstbesuch und Franziskus' Vergebungsbitte hatte zuletzt auch der Historiker Manuel Menrath von der Schweizer Universität Luzern im ORF-Radio aufmerksam gemacht. "Die Indigenen sind selbst sehr heterogen", sagte er im Ö1-Mittagsjournal (Dienstag). So sähen manche Indigene einen ersten Schritt in die richtige Richtung, andere hätten sich bei mehr gewünscht. Auch symbolische Handlungen wie die Übergabe des Federkopfschmuckes seien bei manchen nicht gut angekommen, bestätigte Menrath.

Die Indigenen hätten sich im Rahmen des Papst-Besuches vor allem die Widerrufung der 1493 veröffentlichten päpstlichen Bulle "Doctrine of Discovery" gewünscht, welche eine Assimilierung der Indigenen zum Christentum vorsah, erklärte der Experte. Viele wären zudem enttäuscht davon, dass sich Franziskus nicht explizit im Namen der gesamten römisch-katholischen Kirche für die Übergriffe auf indigene Kinder in den von der Kirche geführten Internaten, den sogenannten "Residential Schools", entschuldigt habe. "Ich bitte demütig um Vergebung für das Böse, das von so vielen Christen an den indigenen Bevölkerungen begangen wurde", hatte Franziskus am Montag vor Überlebenden früherer Residential Schools auf dem Gelände einer der größten dieser Internatsschulen in Maskwacis/Alberta gesagt.

Menrath betonte weiters, dass es der indigenen Bevölkerung nicht nur um die Residential Schools, sondern um den gesamten Kolonialismus und die damit verbundenen Traumata gehe. Es könne nicht mehr wieder gut gemacht werden, aber man "muss die Geschichte weitererzählen und man darf nicht vergessen", sagte der Schweizer Universitätsprofessor. Hierfür kämen etwa Gedenktage infrage, welche auch von der Kirche anerkannt und kommemoriert werden müssten.

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