Nicht Moderator, sondern Zeuge

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Synode in Rom: Beim Referat Kardinal Meisners über das Bischofsamt kam erstmals Beifall auf Von Marie Czernin / DIE TAGESPOST


Vatikan (DT)
In der Synodenaula des Vatikans geben die Redner ihre Statements ab – und es war ausgerechnet der Kölner Kardinal Joachim Meisner, beim dem das Auditorium zum ersten Mal Beifall klatsche. Sichtliche Zustimmung lösten am Dienstag morgen in der Synodenhalle die Worte des Erzbischofs von Köln aus, als er die Bischöfe ermutigte, mit mehr Autorität in der Öffentlichkeit aufzutreten und den rechten Glauben mutiger zu verteidigen.

„Der Bischof ist kein frommer Privatmann, der die Gläubigen von seiner Rechtgläubigkeit zu überzeugen hätte“, sagte Meisner. „Vielmehr ist er ein öffentlicher Zeuge.

Deshalb muss er auch die in der kirchlichen Öffentlichkeit vorhandenen Anliegen in seinem Zeugnis zur Sprache bringen, und das nicht nur, um sich selbst zu retten, sondern um den öffentlichen Glauben zu ver-teidigen, die Irrtümer zu korrigieren und die Wahrheit tiefer zu befestigen.“ Er be-stärkte seine Brüder im Bischofsamt darin, ihren Missionsauftrag ernster zu nehmen.

So zeigte sich schon am zweiten Tag der einmonatigen Synode, worum es eigentlich geht: In einer verwirrenden Zeit fragen sich die Bischöfe der katholischen Kirche nach ihrer Identität, um ihrem Auftrag am Beginn des neuen Jahrtausends noch deutlicher gerecht werden zu können. Die Worte des Kölner Kardinals, der sich auch sonst kein Blatt vor den Mund nimmt, haben dies auf eindringliche Weise zum Ausdruck gebracht: Die Vollmacht des Bischofs zum „testimonium fidei“ dürfe sich nicht nur auf die reine Verkündigung beschränken, sondern „mit ihr zuinnerst verbunden ist die Leitungsgewalt des Bischofs“, erklärte Meisner und fügte hinzu, dass die Lehrvollmacht des Bischofs auch einen „jurisdiktionelles Moment“ habe. Dem Bischof komme letztlich auch das aus der Leitungsvollmacht erfließende Lehrurteil zu, „das nach Normierung, nach Rektifizierung und Justifizierung des Glaubens und der Glaubenslehre verlangt.“

Folglich seien die Bischöfe nicht nur berufen, „den Glauben zu bezeugen, ihn zu nähren und zu pflegen, sondern ihn aufgrund ihrer jurisdiktionellen Hirtengewalt auch zu beurteilen, ihn zu regeln und ihn als den rechten Glauben vorzulegen“, meinte der Kardinal. Dies könne jedoch nicht in voller Unabhängigkeit und im Alleingang des Bischofs geschehen, „sondern nur in der Einheit mit dem universalen Richtlinien des Papstes.“ Nur unter dem Rückhalt der universalen Glaubenslehre könne „das Urteil über wahr und falsch“ gesprochen werden, „auch wenn es kein endgültiges wie beim Träger des Petrusam-tes ist.“

Kardinal Meisner sprach auch über das Problem der „Selbstsäkularisierung“ der Kirche und suchte nach deren Ursache. Der Kardinal stellte fest, dass in manchen Ländern das Bischofsamt als „Moderatorenamt“ missverstanden werde und somit einen „Autoritätsverlust“ erleide. Jener Autoritätsverlust komme aber nicht nur von außen, sondern gerade auch von innen, nämlich von Seiten der eigenen Priester her. Das Hirtenamt werde verharmlost, indem man unter Pastoral vornehmlich „menschliche Sorge um die Gläubigen, verständnisvolles Entgegenkommen und Anerkennung der Charismen des Laienamtes“ verstehe. Die Bischöfe würden jedoch oft den „inneren Gehalt dieses Hirtenamtes“ übersehen, mit dem eine „unmissverständliche Leitungspflicht“ verbunden sei.

Über den fortschreitenden Prozess der Sekularisierung sprach am Nachmittag zuvor auch der Präsident des Päpstlichen Rates für die Pastoral im Krankendienst, Erzbischof Javier Lozano Barragàn. Die Säkularisierung der Welt stehe im Kontrast zur Tugend der Hoffnung, daher werde vom Bischof verlangt, dass er ein eindeutiges Zeugnis der Auferstehung Christi geben müsse. Nur die Hoffnung auf die Auferstehung sei die „einzige definitive Lösung“, um die Krankheit und den Tod zu überwinden.

Immer wieder haben Bischöfe in ihren Beiträgen die Betroffenheit über die Tragödie vom vergangenen 11. September durchklingen lassen und ihre Solidarität mit dem amerikanischen Volk zum Ausdruck gebracht.

Mehr als rein symbolisch muss daher auch das kurze Treffen am vergangenen Donnerstag zwischen Papst Johannes Paul II. und dem Vater des derzeitigen amerikanischen Präsidenten, George Bush Senior, bewertet werden, der auf eine Begegnung mit dem Heiligen Vater während seines Blitzbesuches in Rom nicht verzichten wollte. Da der Papst während der ganzen Synode bei allen Vorträgen der Bischöfe anwesend ist, konnte das Gespräch nicht, wie üblich in seiner Bibliothek stattfinden, sondern in einem der Nebenräume der Synodenaula während einer Kaffeepause. Daam kommenden 11. Oktober in aller Welt ein Gedenktag für die Opfer von New York weltweit gefeiert wird, fragte Bush den Papst, ob an diesem Tag nicht auch im Vatikan auf eine besondere Weise der Opfer gedacht werden könne. Der Papst erklärte sich bereit, diesen Vorschlag an die Bischöfe weiterzuleiten, und versprach, dass sicher etwas geschehen werde.

So erwähnte auch der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, am Mittwoch das Attentat und meinte, man müsse es differenzierter betrachten. In einer solchen Situation müsse der Bischof wie „ein Prophet sein, der das richtige Wort sowohl den Bedrückten als auch den Be-drücker zukommen lässt.“ Denn von Jerusalem gehe das Wort Gottes aus, aber auch Krieg oder Frieden. Die Stadt, von der vor 2000 Jahren das Heil ausstrahlen begonnen hat, verfüge über einen starken Symbolcharakter und müsse daher zu einem Zentrums des Friedens und der Wiederversöhnung werden. Natürlich habe es ein paar verrückte Muslims gegeben, die nach dem Angriff auf das World Trade Center gefeiert hätten, aber man müsse sich im Klarem sein, dass die Mehrheit der muslimischen Palästinenser mit enormen Anstrengungen versuchen, gegen den Terror vorzugehen. Durch diese schwierige Situation werde man gezwungen, sich auf einen interreligiösen Dialog einzulassen. Er geschehe schon, aber sei schwierig und nehme viel Zeit in Anspruch.

Über die Lage der Christen im Nahen Osten sprach auch der Apostolische Vikar von Istanbul, Bischof Louis Pelâtre. Er er-wähnte mit Bewunderung die orthodoxen Christen des Mittleren Ostens, die „bis heute die Glaubenswahrheiten und die göttli-che Struktur der Kirche bewahrt haben.“ Jene orientalischen Kirchen seien zwar mit Rom nicht in Gemeinschaft, jedoch teilten sie „mit uns gemeinsam die apostolische Sukzession.“ Bischof Pelâtre fragte sich daher, warum man nicht die lange Tradition jener antiken Kirchen, die „oft auf den ersten ökumenischen Konzilien gründen“, als Vorbild nehmen könne, „da ihre orientalische Disziplin legitim ist, sofern sie die Ausübung des Bischofsamtes betrifft und im besonderen, die Organisierung der Kollegialität.“ Es seien „weder brillante Theo-logen, noch eine auf menschliche Art organisierte und mächtige Struktur gewesen, die diese ununterbrochene Kontinuität (der orientalischen Kirchen) gesichert hat.“ Die Übermittlung der Tradition sei vielmehr von „demütigen Hirten und von einer kirchlichen Hierarchie, die treu gegenüber der Lehre der Apostel und jener der Kirchenväter ist“, garantiert worden, so der Apostolische Vikar von Istanbul


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