1. September 2022 in Weltkirche
Emeritierter Kurienkardinal gegenüber Zeitung "Il Messaggero": Niemand hat "das sehr ernste Problem unseres Bruders Zen" bei Kardinalsversammlung angesprochen
Rom (kath.net/KAP) Kardinal Gerhard Ludwig Müller hat den Vatikan scharf für sein Schweigen zur Causa Zen kritisiert. Kardinal Joseph Zen Ze-kiun (Archivfoto), früherer Bischof von Hongkong, nahm an der vergangenen Kardinalsversammlung nicht teil. Nach einer Verhaftung sollen seine Dokumente eingezogen worden sein. Nun wartet er auf seinen Prozess Mitte September. Niemand habe "das sehr ernste Problem unseres Bruders Zen" beim Treffen der Kardinäle angesprochen, so der deutsche Kardinal Gerhard Ludwig Müller gegenüber der Zeitung "Il Messaggero" (Donnerstag). Weder der Dekan des Kardinalskollegiums, noch Staatssekretär Parolin, noch der Papst. Es habe kein Dokument der Solidarität, keine Gebetsinitiative für ihn gegeben.
Er glaube, es gebe auf Seiten des Heiligen Stuhls politische Gründe, die solche Initiativen verhindern, so Müller weiter. Zudem sei seiner Meinung nach, "die Angst, sich bei einem solchen Thema, das mit den Beziehungen zu China zu tun hat, einzumischen, offensichtlich". Er hoffe jedoch, dass Zen nicht "im Stich gelassen" wird. Er selbst habe aus Mangel an Gelegenheit bei der Versammlung nicht persönlich die Initiative ergreifen können, erklärte der Kardinal. Es habe zwar einen Austausch zwischen einigen gegeben, die verfügbare Zeit sei aber zu knapp gewesen.
Der 90-jährige Zen zählt zu den kirchenpolitisch prägenden katholischen Kirchenvertretern Asiens. Über seine Amtszeit hinaus gehört der Ordensmann der Salesianer Don Boscos zu den prominenten Kritikern der chinesischen Regierung und ihrer Religionspolitik, zuletzt zunehmend auch des Vatikan und seiner China-Politik.
Im Mai war er mit anderen Demokratieaktivisten festgenommen und angeklagt worden. Die ursprüngliche Anklage von "Zusammenarbeit mit ausländischen Mächten", die laut Sicherheitsgesetz ein Straftatbestand ist, wurde inzwischen reduziert auf den Vorwurf, eine Stiftung zur juristischen Hilfe für verhaftete Demokratieaktivisten nicht ordnungsgemäß registriert zu haben. Der Vatikan hatte sich über die Festnahme "sehr überrascht und besorgt" gezeigt. Der Prozess beginnt am 19. September.
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