Infame Thesen des Synodalen Wegs

8. September 2022 in Kommentar


„Der Angriff auf das sakramentale Priestertum zugunsten der Laiisierung der katholischen Kirche ist das Programm des Synodalen Irrwegs.“ Gastkommentar von Hubert Hecker


Bonn (kath.net) In Deutschland haben mehr als acht Millionen Deutsche in Kindheit und Jugend Missbrauchserfahrungen gemacht in allen gesellschaftlichen Bereichen. Dafür sind etwa dreieinhalb Millionen Missbrauchstäter verantwortlich, ein erheblicher Anteil davon Katholiken. Die Zahl der übergriffigen Kleriker dagegen liegt im unteren Promille-Bereich. Nach einer französischen Studie sind im kirchlichen Bereich ein Drittel der Missbrauchstäter Laien, Männer und Frauen. In Deutschland dürfte der Anteil ähnlich hoch sein, was das Münchener Gutachten tendenziell bestätigt.

Kleriker als Sündenböcke, Laien-Täter werden geschont und geschützt

In den Medien wird diese objektive Täterverteilung völlig verzerrt dargestellt. Es werden hauptsächlich kirchliche Täter in den medialen Skandalfokus gerückt und von denen wiederum ausschließlich Kleriker. Übergriffige Laien und Laiinnen im Kirchendienst werden von den Medien geschont und geschützt. Das nennt man gewöhnlich Vertuschung.

Die Medien machen Kirche und Klerus zum Sündenbock, dem man alle Schuld der gesellschaftlichen „Kinderschutzkatastrophe“ (Joh. Rörig) auflädt.

Der Synodale Weg ließ sich von Anfang an von dieser Welle der medialen Verzerrung und Vertuschung treiben. Insbesondere pflegt man das Sündenbocksyndrom gegen den Klerus. Die führenden DBK-Bischöfe und die mehrheitliche Laiensynode sind in stillschweigender Vereinbarung darin übereingekommen, die Hunderttausenden übergriffige Laien in und außerhalb des Kirchendienstes von jeglicher Anklage auszusparen. In den Texten und den Redebeiträgen der Synodalen soll alle Missbrauchsschuld allein den Klerikern aufgebürdet werden. Wegen vier Prozent übergriffiger Geistlicher wird der gesamte Klerus in Haftung genommen. Unter dem Generalverdacht des Klerikalismus verfolgt man die Agenda, das kirchlich-hierarchische Leitungsgefüge abzubauen. Im Besonderen soll die von der bischöflichen Lehr- und Leitungsvollmacht abgeleitete Amtsautorität der Priester aufgehoben werden zugunsten der laikalen Partizipation an kirchlicher Macht. Dadurch soll das Amtspriestertum entmachtet werden, um Einfluss und Macht der vermeintlich ‚unbelasteten‘ Laien zu erhöhen. Der Angriff auf das sakramentale Priestertum zugunsten der Laiisierung der katholischen Kirche ist das Programm des Synodalen Irrwegs.

Dieser verzerrte, einseitige, ungerechte und zutiefst unchristliche Ansatz wird in Texten der ersten beiden Foren vertreten.

Dem Grundtext des Forum I ‚Macht und Gewaltenteilung in der Kirche‘ stimmten im Februar d. J. 81 Prozent der Synodalen zu. Im Forumstext heißt es auf den ersten drei Seiten: Die MHG-Studie hätte „eindrücklich und in verstörender Vielfalt gezeigt, dass sexualisierte Gewalt von Klerikern an Kindern und Jugendlichen“ insbesondere „systemische Ursachen“ hätte. Die innerkirchliche Machtordnung würde „kriminelle und übergriffige Handlungen begünstigen“, etwa dadurch, dass „die Macht einseitig an die Weihe“ gebunden sei und „das Amt einseitig überhöht wurde“. Der „systemische Missbrauch“ (sic!) habe die Kirche in die Krise geführt. Deshalb müssten alle ideellen und strukturellen Faktoren, die „Missbrauch von Macht begründen, verursachen und fördern“, beseitigt werden. Das soll durch Kontrolle der Amtsvollmachten des Klerus in Form von Gewaltenteilung und Partizipation der vermeintlich unbelasteten Laien auf allen Ebenen durchgesetzt werden.

Die Grundthese des Synodentextes lautet demnach: Laut MHG-Studie sei der Missbrauch von Minderjährigen auf kirchenspezifische „systemische Ursachen“ zurückzuführen, insbesondere auf klerikalistische Machtkonzentration. Diese Behauptung der Synodalen ist trotz dutzendfacher Wiederholung auch von den Bischöfen Marx, Bode, Bätzing und anderen falsch und nichtig. Ob die unwahren Aussagen der Bischöfe auf Irrtum oder Lüge beruhen, sei dahingestellt.

Es ist eine infame These des Synodalen Wegs, die apostolischen Vollmachten der kirchlichen Hierarchie von Bischöfen und Priestern, das Herzstücks der sakramentalen Kirche, als missbrauchsverursachend oder -fördernd zu diffamieren.

Auf zwei Diskursebenen ist die genannte These als unhaltbar nachzuweisen:

Erstens: In der Sache gibt es keine wissenschaftlich tragfähige Begründung für die Behauptung von kirchlicher (Voll-)Macht als systemursächlich für Missbrauch.

Jeder kann es in der 15-seitigen Zusammenfassung der MHG-Forschungen nachlesen: Man findet keinen Hinweis auf Systeme und Strukturen, die als ursächlich für Missbräuche nachgewiesen werden. Es gehörte zwar zu den aufgegebenen Projektzielen der Forscher, „die Identifikation und Analyse von Strukturen innerhalb der katholischen Kirche“ aufzuzeigen, „die das Geschehen möglicherweise begünstigt“ hätten (S. 22). Aber im 350seitigen Forschungsbericht konnte selbst die doppelt abgeschwächte Formulierung von ‚möglicherweise begünstigenden Strukturen‘ nicht verifiziert werden.

Zwar wird auf S. 13 auf die einschlägige Arbeit von Doyle verwiesen, bei dem „im Kontext der katholischen Kirche der Begriff des Klerikalismus als eine wichtige Ursache und ein spezifisches Strukturmerkmal genannt“ werde. Aber in der folgenden Passage wird nicht nachgewiesen, dass die allgemeine These des Klerikalismus auch für das infragestehende Missbrauchsgeschehen ursächlich wirksam ist. Jedenfalls sind die entsprechenden Aussagen weitgehend spekulativ oder hypothetisch, insofern drei Behauptungen bzw. Folgerungen nur als Möglichkeiten formuliert sind: Drei Mal wird gesagt, so „kann“ es passieren, so könnte es gewesen sein, also reine Mutmaßungen. Bezüglich des Missbrauchs wird auch kein Hinweis auf ein Teilprojekt gegeben, in dem die Klerikalismusthese empirisch an Fallbeispielen belegt oder erhärtet würde. Im Teilprojekt 6, auf das man verweist, geht es um die Reaktionen der verantwortlichen Stellen. Und selbst dazu werden nur Möglichkeiten angedeutet. Als Resümee bleibt festzustellen:

Die MHG-Studie weist keine kirchenspezifisch systemischen Ursachen für Missbrauch nach.

Die kontrafaktische Behauptung der synodalen Autoren des Textes von Forum I ist reine Spekulation. Damit ist den folgenden 20-seitigen Beschreibungen von ‚tiefgreifenden Veränderungs- und Reformprozessen‘ die Begründung weggebrochen.

Der Forumstext ist auf spekulativen Sand gebaut.

Dieser Befund vom Fehlen „systemischen Missbrauchs“ im Forschungsbericht ist umso höher zu gewichten, als die MHG-Autoren den Auftrag hatten, nach missbrauchsbegünstigenden Strukturen zu suchen. Sie akzeptierten ausdrücklich das entsprechende Projektziel, forschten auch danach, konnten aber außer Mutmaßungen kein positives, belastbares Ergebnis präsentieren. Die Hypothese muss nach den Regeln der Wissenschaft als unhaltbar angesehen werden, da sie nicht verifiziert werden konnte. Offensichtlich sind die vielbeschworenen „systemischen Ursachen“ für sexuelle Gewalt ein reines Phantom, dem Bischöfe und Synodale blindlinks nachlaufen.

Einzelner Machtmissbrauch von Klerikern: weder kirchenspezifisch noch systemisch

Über diesen Negativ-Nachweis hinaus fanden die MHG-Forscher empirische Belege dafür, dass kirchenspezifische Strukturen für Missbrauchshandlungen von Klerikern irrelevant sind, jedenfalls nicht als ermöglichend oder gar verursachend identifiziert werden konnten. Bei einem kleinen Teil von übergriffigen Geistlichen stellte man Ausnutzung der priesterlichen Amtsautorität bei der Anbahnung von Missbrauch fest. Es verbietet sich aber, aus dem schuldhaften Verhalten zu Machtmissbrauch von Seiten der Täter eine Schuld oder Ursache der Verhältnisse und Strukturen zu verdrehen. Außerdem ist Missbrauch von Macht kein kirchentypisches Phänomen, sondern in allen Institutionen mit pädagogischen Ermächtigungen nachweisbar – etwa bei Lehrern und Trainern: Der Wasserspringer Jan Hempel klagte kürzlich in einer ARD-Dokumentation, dass sein Trainer ihn seit seiner Pubertät 14 Jahre lang missbraucht habe.

Die empirisch begründeten Ergebnisse der MHG-Teilprojekte 2, 3 und 6 widerlegen ‚eindrucksvoll‘ die Klerikalismus-These, dass geistliche Machtdominanz als Ursache, Ermöglichung oder Förderung von Missbrauch eine wesentliche Rolle spielen würde. Die MHG-Studie fasst auf S. 12 zusammen: Aus den Befunden von drei Teilprojekten ließen sich drei Grundmuster von Beschuldigten charakterisieren, „die sich bereits publizierten Typologien sexueller Missbrauchstäter außerhalb des kirchlichen Kontextes zuordnen lassen“, die also nicht kirchenspezifisch sind. Auch die Art der sexuellen Gewalt unterscheidet sich nicht darin, ob sie von Klerikern oder Sporttrainern oder Familienvätern begangen wird. Das bestätigte der MHG-Studienleiter Prof. Harald Dreßling in einem Deutschlandfunk-Gespräch vom 1. 7. 2019.

Im Übrigen ist es nur ein kleiner Teil der klerikalen Missbrauchstäter, die „für die Herstellung von Tatgelegenheiten ebenso wie für die Vertuschung von Übergriffen ihre Amtsautorität instrumentalisieren“, um ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. An der Gesamtheit aller katholischen Geistlichen haben machtmissbrauchende Kleriker nur einen Anteil im Promillebereich.

Neben diesem marginalen quantitativen Aspekt ist auf eine wichtige Begriffsunterscheidung hinzuweisen: In der MHG-Teilstudie wird der Begriff ‚Machtmissbrauch‘ als Tatmerkmal den Klerikern als Subjekten zugeordnet. In dem Synodaltext des Forums I wird klerikale „Macht“ als objektiver struktureller Systemfaktor angesehen, der „Missbrauch begründen, verursachen und fördern“ würde. Die Missbrauchstäter wären nach dieser Sichtweise eher Opfer der Umstände, verführt durch die Machtverhältnisse.

Bei den Tätertypen gibt es ebenfalls eine wichtige Differenz: Der oben beschriebene Geistliche, der seine Amtsautorität zur Anbahnung von Missbrauch einsetzt, entspricht gerade nicht dem Typ des ‚sakral überhöhten Priesters mit klerikalistischer Dominanz‘, den der Forumstext als Buhmann aufbaut, sondern eher dem modernen Jugendseelsorger, der klerikales Auftreten und entsprechende Insignien vermeidet. Auch unter diesem Gesichtspunkt hat das Forum I mit seinen Macht- und Klerikalismusthesen keinerlei Basis und Beleg in der MHG-Studie.

Vernunftüberlegungen sprechen gegen den systemischen Synodenansatz

Zweitens: Nach der Darstellung der MHG-Forschungsergebnisse zur spekulativen These vom „systemischen Missbrauch“ der priesterlichen Macht soll mit weiteren Vernunft-Überlegungen die Untragbarkeit des Synodenansatzes nachgewiesen werden:

- Aus der statistischen Kleinstgröße von 0,6 Prozent machtmissbrauchender Geistlichen (vgl. Beitrag 9) zu schließen, dass die priesterlichen Vollmachten generell systemische Ursache oder Förderung für Missbrauchsverhalten sein sollen, ist ein logischer Fehlschluss.

Viele Laien begrüßen die Falschthese, weil sie von der synodalen Folgerung nach Partizipation und Machtzuwachs profitieren. Aber was treibt die Mehrheit der deutschen Bischöfe und Kleriker an, sich in die Sündenbockrolle einzufügen und ihren priesterlichen Auftrag der Lehre, Leitung und Heiligung leichtfertig zur Disposition zu stellen?

- Die einfachsten Regeln wissenschaftlichen Denkens werden bei dem synodalen Ansatz über Bord geworfen: Die sogenannte „Machtfülle der geweihten Priester“ führt bei 96 Prozent der Kleriker nicht zu Machtmissbrauch. Aus dieser Tatsache ist nach wissenschaftlicher Logik schlüssig zu folgern, dass das angeblich überhöhte priesterliche Weiheamt mit einer überwältigenden Wahrscheinlichkeit keine Ursache für sexuellen Missbrauch darstellt.

- Wenn in einem Sportverband vier Prozent der Trainer ihre pädagogische Machtstellung ausnutzt, um Kinder und Jugendliche zu missbrauchen, kommt niemand auf die Idee, generell die Amtsautorität der Trainer als ‚einseitig überhöht‘ infrage zu stellen, seine Leitungsmacht durch Kontrolle einzuschränken und die Coachingaufgaben im Sinne partizipativer Gewaltenteilung auf viele Übungsleiter demokratisch aufzuteilen.

P. Mertes zeigt, wie von den Organisationsprozessen der Zivilgesellschaft zu lernen ist

Der Forumstext fordert, die Kirche müsse von der umgebenden Zivilgesellschaft lernen, insbesondere von ihren „sozialen Prozessen und Organisationsstrukturen“ (S. 7). Doch an dem aufgezeigten Beispiel zeigt sich, dass die Synodalen gar nicht an der Praxis und den Erfahrungen sozialer Organisationen interessiert sind, sondern sich am grünen Tisch eine utopisch-demokratische „Systemstruktur“ ausdenken. Die wird dann anschließend mit ausgesuchten und isolierten Konzilszitaten garniert.

P. Klaus Mertes, Theologe und praktizierende Pädagoge, hat in einer Passage seines FAZ-Interviews vom 18. 2. 2022 in luzider Fachlichkeit die falsche Richtung der vermeintlich systemischen Missbrauchsursache ‚Macht‘ aufgeklärt und die Notwendigkeit von institutioneller Machtstellung aufgezeigt:

„Seit Beginn meiner pädagogischen Tätigkeit war meine Frage: Welche (Macht-) Asymmetrien sind unvermeidlich und obendrein gut? Ärzte, Eltern, Lehrer oder Seelsorger handeln notwendig im Rahmen eines Machtgefälles. Es ist falsch, wenn ich versuche, diese Asymmetrie abzubauen, weil ich dann den Dienst nicht leisten kann, den ich als Pädagoge oder Seelsorger leisten muss: den Schülern zu ermöglichen zu wachsen. Bei uns im Orden heißt es, der geistliche Lehrer soll Distanz zum Schüler halten, damit dieser zu einer eigenen geistlichen Erkenntnis kommen kann. Die eigentliche Solidarität mit den Schülern besteht eben gerade darin, diese Distanz zu wahren.“

Übrigens war die Aufhebung dieser Distanz zu einem distanzlosem Näheverhältnis zwischen Lehrern und Schülern eine der Ermöglichungsbedingungen für Missbrauch in der Reformpädagogik der Odenwaldschule. Daraus folgt:

Die strikte Einhaltung der Autoritätsdistanz hat eine Schutzfunktion vor Missbrauch.

Die grundlegende Macht-Asymmetrie bei Pädagogen und Seelsorgern ist „unverzichtbar und obendrein gut“ (P. Mertes). Nach diesem zwingenden Grundsatz der Institutionensoziologie ist es ein offensichtlicher Irrweg der Synodenversammlung, pädagogische oder spirituelle Machtstellungen unter den Generalverdacht des „systemischen Macht-Missbrauchs“ zu stellen. Ebenso falsch sind die Folgerungen, Vollmachten in der Kirche durch partizipative Gewaltenteilung abbauen zu wollen und sie zusätzlich einer ständigen institutionellen Kontrolle zu unterwerfen.

Das politologische Missverständnis des Forumtextes I

Wenn die Synodenautoren die staatlichen Grundsätze von „Gewaltenteilung, Kontrolle und Partizipation“ (S. 3) auf alle Ebenen der Kirche einführen wollen, so sind sie einem weiteren laienhaften Missverständnis der politischen Wissenschaft auf den Leim gegangen:

Die politisch-demokratische Staatsmacht ist in legislative und exekutive Gewalt geteilt, letztere steht zusätzlich unter parlamentarischer Kontrolle. Doch die Partizipation der Bürger geschieht nicht durch Teilhabe an der Regierung und nicht durch Mitbestimmung an Regierungsprogrammen, sondern durch Wahlen, Parteien und Interessenvertretungen.

Diese staatspolitische Rahmenregel der Gewaltenteilung kann und wird nicht auf untere staatliche Institutionen wie Behörden, Verwaltungen, Schulen etc. angewandt, etwa dass die Amtsmacht von Behördenleitern oder Schuldirektoren auf parlamentarische und kontrollierende Verwaltungs- oder Schulgremien aufgeteilt würde. Ebenso wenig ist die These von Gewaltenteilung auf zivilgesellschaftliche Vereinigungen (Sport, Freizeit etc.) sowie in Unternehmen anwendbar – und eben auch nicht auf die Kirche.

Versagen vom Präsidium und Synodalen: Abstimmung unter falschen Voraussetzungen

• 81 Prozent der synodalen Vollversammlung haben dem Forumstext I auf der dritten Vollversammlung im Februar 2022 zugestimmt im Vertrauen darauf, dass die Basisthese von den „systemischen Ursachen von Missbrauch“ wahr und richtig sei, auch im Glauben an Belege in der MHG-Studie. Da das nicht zutrifft, hat die Abstimmung unter falschen Voraussetzungen stattgefunden. Die Forumsteilnehmer haben es in eineinhalb Jahren nicht geschafft, die MHG-Studie gründlich zu lesen und damit die Falschthese des Synodentextes in Frage zu stellen. Das Synodenpräsidium hat versagt, indem es den defizitären Text zur Abstimmung freigegeben bzw. empfohlen hat. Die Synodalen der Vollversammlung sind mit ihrer Mehrheitszustimmung zu einer unhaltbaren Falschbehauptung düpiert.

• Außerdem haben vier Fünftel der Synodalen dem falschen Konstrukt zugestimmt, dass die staatlichen Grundsätze von Gewaltenteilung, Kontrolle und Partizipation auf allen Ebenen der Kirche eingeführt werden soll. Damit hat das Synodalpräsidium die abstimmenden Synodalen mit einem laienhaften Missverständnis der politischen Wissenschaft auflaufen lassen.

• Weiterhin ist zu sagen: Wenn die Basisthesen nicht stimmen, dann sind auch die darauf aufbauenden Reformschritte zu Abbau und Einschränkung kirchlicher Macht durch Gewaltenteilung und Partizipation nicht realitätsbasiert in der Institutionensoziologie und können deshalb auch nicht in der Realität sinnvoll umgesetzt werden. Dass viel Arbeit und Mühen der Forums-Synodalen in die falsche Richtung gelenkt wurden, dafür ist die DBK- und ZdK-Führung verantwortlich.

• Schließlich ist festzustellen: Die Fehlleitung des synodalen Ansatzes besteht darin, dass man bei der Fokussierung allein auf den kleinen Sektor der Kleriker-Täter und ihre Missbrauchsopfer (ca. 0,5 Prozent) im Tunnelblick geschaut hat, die Millionenzahl der Opfer von kirchlich bediensteten Laien sowie von Katholiken aus dem Blickfeld ausblendet. Auch die riesigen Dimensionen der gesellschaftlichen „Kinderschutzkatastrophe“, also die mehr als zwei Million nicht-klerikale Missbrauchstäter und acht Millionen Missbrauchsopfer sollten der Kirche und dem Synodalen Weg nicht egal sein.

• Aus dieser kritischen Analyse folgt zum Schluss: Die deutschen Bischöfe sollten ihr Bemühen um Missbrauchsbekämpfung und Kinderschutz neu ausrichten:  Sie sind einzubetten in die gesamtgesellschaftliche Dimension „pandemischen Ausmaßes“, als ein anthropologisch-moralisches und nicht klerikales Problem einzuschätzen und natürlich innerhalb der Kirche im Klerus und bei Laien mit besonderem Engagement anzugehen.

Kirchliche Ressourcen zum Kinder- und Jugendschutz

Die Kirche hat in der Bibel und ihrer Geschichte starke geistliche Ressourcen zu Achtung und Schutz der Kinder. Das beginnt mit verschiedenen Jesusworten: Wer Kinder aufnimmt, nimmt Jesus / Gott auf; die spirituelle Haltung des Kindwerdens und Kleinwerdens; der Geist echter Kindschaft vor Gott; schließlich das Fluchwort von dem Mühlstein gegen Kindesverführer und Knabenschänder. Kirche und Katholiken haben vor Gott, von den Vorgaben der Bibel her und nach ihrem eigenen Selbstverständnis die besondere Pflicht, Kinder vor Missbrauch zu schützen und Täter einer harten, gerechten Strafe zuzuführen. Bei diesem Vorgehen können sie sich an der frühen Kirche orientieren:

Die frühen Christen duldeten in ihren Reihen keine der antiken kinderverachtenden Praktiken wie Abtreibung, Aussetzung behinderter Kinder, Kinderverkauf an Menschenhändler zur Prostitution, Verpfändung von Kindern sowie in Homosexualität eingebettete Knabenliebe. Aus dem Geiste Christi sollte die Kirche die Missbrauchs-Verfehlungen von Klerikern und Laien streng ahnden. Aus der urchristlichen Wertschätzung von Kindern könnte sie dabei Vorbild sein für den Kinderschutz in allen gesellschaftlichen Bereichen.


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