Weiter Hoffnung auf ein Treffen von Kyrill und Franziskus

15. September 2022 in Weltkirche


Papst tauscht sich in Nur-Sultan auch mitrussisch-orthodoxer Delegation aus - Metropolit Antonij: Angestrebtes Treffen von Kyrill und Franziskus im Juni allein vom Vatikan abgesagt - Kurienkardinal Koch: Tischtuch mit Moskau nicht zerschneiden


Nur-Sultan  (kath.net/KAP) Der Außenbeauftragte des orthodoxen Moskauer Patriarchats, Metropolit Antonij (Sevrjuk), hält ein Treffen von Patriarch Kyrill I. und Papst Franziskus weiterhin für möglich. Das wichtigste sei, dass am Ende eine gemeinsame Erklärung, ein Appell stehe, so wie beim ersten Treffen der beiden auf Kuba 2016, bekräftigte Antonij. Er äußerte sich am Rande des Weltkongresses der Religionen in Nur-Sultan am Mittwoch. Das Treffen müsse gut vorbereitet werden. "Hoffen wir, dass es eines Tages die Möglichkeit für dieses Treffen gibt."

Ein Treffen der beiden sei für die russisch-orthodoxe Kirche "sehr wichtig", so der Metropolit weiter, der sich zuvor etwa 15 Minuten persönlich mit Papst Franziskus ausgetauscht hatte. Das angestrebte Treffen von Kyrill und Franziskus in Jerusalem im Juni sei allein vom Vatikan abgesagt worden, so Antonji weiter. "Wir waren bereit für dieses Treffen."

Dass der Papst in einem Interview, in dem er die Absage aus vatikanischer Sicht begründete, auch den Patriarchen kritisiert habe, sei "sehr unerwartet" gewesen. Papst Franziskus hatte in einem Interview Kyrill unter anderem als "Staatsdiener" betitelt. Diese Aussagen des Papstes seien "nicht hilfreich für die christliche Einheit" gewesen, so Antonji. "Aber wir müssen vorangehen", betonte der Metropolit.

Zum Weltkongress der Religionen in Nur-Sultan, an dem in diesem Jahr auch Papst Franziskus teilnimmt, sind etwa 100 Delegationen aus 50 Ländern angereist. Seit 2003, auch als Reaktion auf den islamistischen Terroranschlag vom 11. September 2001 in den USA, lädt die kasachische Regierung alle drei Jahre zu einem "Kongress von Führern der Welt- und traditionellen Religionen".

Patriarch Kyrill I. hatte sein Kommen im August abgesagt. Als Vertretung ist Metropolit Antonji in Nur-Sultan. Kyrill beklagte in einer von Antonij verlesenen Botschaft an die Kongressteilnehmer eine "falsche Darstellung historischer Ereignisse" und rief dazu auf, "klaren Verstand und friedvolle Seele" zu bewahren, insbesondere in schwierigen Zeiten für die Menschlichkeit. Der Glaube könne dazu beitragen, so Kyrill.

Es gebe zudem im öffentlichen Raum immer mehr Worte des Hasses gegen ganze Völker, Kulturen und Religionen. "Der von einigen Regierenden in dieser Welt gewählte Kurs von Diktatur, Rivalität und Konfrontation ist ein Beitrag zur Zerstörung der Menschheit", so Kyrill wörtlich. Welche Regierenden er damit meinte, ließ er offen. Er sei sicher, dass der "Frieden stiftende Dialog der Religionsführer dazu beitragen könne, die gegenwärtigen Herausforderungen zu überwinden, Harmonie in die zwischenstaatlichen Beziehungen zu bringen und eine gerechte Weltordnung herzustellen."

Papst Franziskus hatte sich zuvor als Hauptredner in einem umfassenden Friedensappell an die Teilnehmer des Weltkongresses gewandt. Religionen sollten sich niemals in den Dienst weltlicher Macht stellen und niemals zu Gewalt aufrufen, mahnte der Papst in seiner Ansprache. "Rechtfertigen wir niemals Gewalt. Lassen wir nicht zu, dass das Heilige vom Profanen instrumentalisiert wird", so der Appell des Papstes. "Das Heilige darf nicht zur Stütze der Macht werden und die Macht darf sich nicht auf das Heilige stützen! Gott ist Frieden und führt immer zum Frieden, niemals zum Krieg", führte Franziskus weiter aus.

Kurienkardinal Koch: Tischtuch mit Moskau nicht zerschneiden

Der Ökumene-Beauftragte des Papstes, Kardinal Kurt Koch, bekräftigte am Mittwoch das vatikanische Dialogangebot an die russisch-orthodoxe Kirche. Bei allen Schwierigkeiten dürfe der Dialog nicht aufgegeben werden; "sonst hat man überhaupt keine Möglichkeiten mehr, miteinander im Gespräch zu sein und nach Lösungen zu suchen in dieser schwierigen, verfahrenen Situation", sagte Koch in Nur-Sultan auf Anfrage der Nachrichtenagentur Kathpress. "Man darf das Tischtuch nicht durchschneiden."

Wie dieser Dialog jetzt geführt werden könne, müsse sich zeigen, erklärte Koch. Patriarch Kyrill habe in der in Nur-Sultan verlesenen Botschaft an die Kongressteilnehmer deutlich gemacht, dass er am "interreligiösen Dialog" interessiert sei. Eine Antwort angesichts der konkreten Situation habe er jedoch nicht gehört. "Und auf die warte ich an sich", so der Kurienkardinal weiter. Mit Blick auf Kyrills Klage, dass Ereignisse "falsch dargestellt" würden, sagte Koch, dass er dies immer wieder höre. Darüber müsse man "intensiv sprechen und sich austauschen".

Die orthodoxe Tradition habe ein anderes Verständnis der Beziehung zwischen Kirche und Staat. "Im Westen haben wir durch Jahrhunderte mühsam gelernt, dass das adäquate Verhältnis von Kirche und Staat eine Trennung bei gleichzeitiger Zusammenarbeit ist", so Koch weiter. Er begrüße, wenn der Moskauer Patriarch eine Trennung von Religion und Politik betone. Aber dann müsse auch erklärt werden, "was das für die russisch-orthodoxe Kirche genau heißt".

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Archivfoto: Papst Franziskus und Kyrill in einer früheren Begegnung


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