21. September 2022 in Deutschland
Die Linguistin Prof. Katerina Stathi verweist darauf, dass sich Sprache bewusst kurz halte, um möglichst viel Information zu vermitteln. Dem widerspricht die Genderpraxis, die nicht von oben verordnet werden könne.
Münster (kath.net/mk) Die an der Uni Münster lehrende Sprachwissenschaftlerin Prof. Katerina Stathi hat sich neben hunderten Kollegen aus ganz Deutschland in einem Papier gegen das Gendern im öffentlich-rechtlichen Rundfunk positioniert. In einem Interview erklärt sie die dahinter stehenden Überlegungen aus linguistischen Ansätzen heraus: Sprache habe nämlich grundsätzlich nicht die Funktion, Gerechtigkeit abzubilden, sondern folge ökonomischen Gesichtspunkten, also in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Information zu vermitteln. Die Befürworter der Genderpraxis, die sich am generischen Maskulinum (zB „Arzt“ für beide Geschlechter) stießen, würden dieses grammatische mit dem biologischen Geschlecht vermengen. Dies sei verfehlt, weil sich die Sprache hier einfach der kürzesten Form bediene und bewusst keine weiteren Informationen (etwa zur Größe, zum Alter, zur Nationalität, zum Geschlecht des Arztes) gebe. Jeder Sprecher, der das weibliche Geschlecht bewusst betonen möchte, könne „Ärztin“ verwenden.
Stathi plädiert dafür, moralisierende Begriffe wie „geschlechtergerecht“ oder „geschlechtersensibel“ nicht zu verwenden und die ideologisch geführte Debatte nicht durch Vorschriften anzuheizen. Wenn man den Menschen auf der Straße, abseits von bestimmten politischen oder akademischen Kreisen zuhöre, sei die Verwendung des generischen Maskulinums nach wie vor der Normalfall. Ein natürlicher Sprachwandel könne nicht abrupt und von oben verordnet geschehen, sondern brauche Zeit. Dass sich die aktuell in manchen Bereichen vorherrschende Genderpraxis auf natürliche Weise in der Bevölkerung verbreiten werde, bezweifelt die Linguistin allerdings, denn das Gendern widerspreche einfach vielen Prinzipien natürlicher Sprache, eben etwa dem Fokus auf Ökonomie. Stathi verweist schließlich darauf, dass der Rat für deutsche Rechtschreibung die künstlichen Formen bisher nicht anerkannt habe: sie seien also nach wie vor als Rechtschreibfehler zu werten.
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