5. Oktober 2022 in Kommentar
„Eine Spaltung der katholischen Kirche, die inzwischen ja auch längst eigetreten ist, scheint Bätzing völlig gleichgültig zu sein.“ Gastkommentar von Werner Münch
Bonn (kath.net) Vor gar nicht langer Zeit atmeten zahlreiche Gläubige auf, als Kardinal Marx verkündete, dass er die Ämter als Vorsitzender der DBK und damit auch des synodalen Weges niederlegen würde. Viele Mitglieder der Gremien, in denen diese mit ihm zu tun hatten, waren befreit, denn zu oft mussten sie die überzogenen, nicht selten zornigen und unkontrollierten Ausbrüche ihres Vorsitzenden ertragen.
Eine mediale Welle des Lobes und der Sympathie ging dem Limburger Bischof Georg Bätzing voraus, der als Nachfolger von Kardinal Marx für beide Ämter berufen wurde. Seine Führungs-Eigenschaften wurden als verbindlich, versöhnlich und ausgleichend beschrieben. Wenn wir das als Maßstab an seine bisherige Amtszeit anlegen und kritisch beurteilen, dann müssen wir zu dem Ergebnis kommen, dass wir Märchen gehört haben. Bätzing arbeitet nämlich wie ein politischer Funktionär, der nicht von ungefähr von Personen, die mit ihm arbeiten, in seinen Methoden mit „Zuchtmeister Herbert Wehner“ verglichen wird. Er ist von sich selbst überzeugt, beratungsresistent und unbelehrbar. Wenn es um seine Vorstellungen zur Verwirklichung der „richtigen“ Ziele des synodalen Weges geht, dann wird selbst Papst Franziskus nicht ernst genommen. Als der in seinem Brief an das „pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ als wesentliches Ziel des synodalen Weges eine Neuevangelisierung angemahnt hatte, erhielt er von Bätzing die zynische Antwort, genau das sei das Programm des synodalen Weges, was nicht der Wahrheit entsprach, wie jeder weiß. Zum Beweis: Als Bischof Voderholzer und einige andere Bischöfe in der 1. Synodalversammlung den Antrag stellten, ein solches Forum einzurichten, wurde dieses Begehren abgeschmettert. Eine Spaltung der katholischen Kirche scheint Bätzing völlig gleichgültig zu sein, die inzwischen ja auch längst eingetreten ist.
Weitere Beispiele, die beweisen, dass ihm jegliche Selbstkritik fehlt, seien ohne Anspruch auf Vollständigkeit in Erinnerung gerufen:
1. Bätzing versuchte mehrfach öffentlich, Papst em. Benedikt XVI. einer Lüge zu bezichtigen, - auch noch, nachdem dessen Mitarbeiter längst bekannt hatten, dass sie sich in einem Punkt der Recherche für Benedikt geirrt hatten und dieser sich persönlich dafür öffentlich entschuldigt hatte. Diese Attacke von Bätzing hatte das Ziel, Benedikt eine Mitschuld am Versagen der Missbrauchs – Aufarbeitung zu seiner Zeit als Bischof in München nachzuweisen, was kläglich misslang.
2. Bätzing ließ in der causa Kardinal Woelki, den er als seinen entschiedenen Gegner im synodalen Weg ansah, seiner Ungeduld freien Lauf, indem er mehrfach öffentlich den Papst drängte, eine Entscheidung über Woelki zu fällen, sprich: ihn nun endlich als Kardinal aus Köln abzuberufen. Dass dieses Begehren für Bätzing immer peinlicher wurde, schien er nicht zu merken, oder er wollte es nicht.
3. Es mag sein, dass sich Kurienkardinal Kurt Koch in seiner vergleichenden Darstellung zwischen Positionen der Nazizeit und Inhalten des synodalen Weges nicht klar ausgedrückt hatte. Aber entspricht es einem brüderlichen Miteinander unter Hirten, dass Bätzing sofort eine öffentliche Entschuldigung von Koch forderte, und wenn dies nicht „umgehend“ geschehe, dann würde er sofort „eine offizielle Beschwerde beim Papst einlegen“? Kann man nicht versuchen, dies zunächst auf diskretere Weise zu lösen, so wie es denn auch den Ämtern von 2 katholischen Hirten eher entsprechen würde?
4. Wenn ausländische Bischöfe (aus Polen, Skandinavien, USA, Kanada, Australien, Japan und anderen asiatischen Ländern bis hin zu hoch anerkannten Vertretern des Zisterzienser-Stiftes in Heiligenkreuz in Österreich) sich kompetent und kritisch mit den Inhalten des synodalen Weges in Deutschland auseinandersetzen, ist es dann die richtige Art, sie abzubürsten nach dem Motto: Es ist schade, dass ihr gar nicht versteht, worum es eigentlich geht?! Eine solche Reaktion spricht für Arroganz und Überheblichkeit. Vielleicht ist es deshalb gut, dass nach einer neuesten Umfrage 72% der Befragten antworten, dass ihnen der Name Georg Bätzing unbekannt ist.
5. In der 4. Synodalversammlung vom 8. – 10. Oktober d. J. wurde aufgrund der in der Satzung festgelegten 1/3 – Sperrminorität der Bischöfe bei bestimmten Abstimmungen der Text über die Liberalisierung der katholischen Sexualmoral abgelehnt. Von Teilnehmern wurde berichtet, dass bereits vor der Abstimmung Druck auf sie ausgeübt wurde (Aussage einer Teilnehmerin: „Ich habe seit Monaten Angst gehabt“). Nach der Abstimmung wurden die Bischöfe, die dem vorgelegten Text nicht zugestimmt hatten, hinter verschlossenen Türen einbestellt. Im Plenum gab es „Kopfwäschen, Siegerfäuste, Vorwürfe, Protestplakate, Nervenzusammenbrüche und Beschimpfungen wie Verrat! Heckenschützen! Feigheit! Faulheit“ (s. „Die Tagespost“, 15. 09. 2022). Nach der Ablehnung dieses Textes, der mit der bisher gültigen Sexualmoral der kirchlichen Lehre brach, verkündete Bischof Bätzing trotzig, dass er trotzdem das abgelehnte Papier in seinem Bistum in Limburg umsetzen und es auch in Rom vorlegen werde.
Und ab sofort wurden die Stellschrauben angezogen: Ein Antrag auf geheime Abstimmung, der von mindestens 5 Mitgliedern eingebracht werden muss, wurde in der Versammlung auch eingereicht, aber nach Abstimmung mit großer Mehrheit abgelehnt, obwohl eine Abstimmung über einen Antrag dieser Art ausdrücklich nicht vorgesehen ist. Jetzt konnte man die Abweichler („Verräter“) endlich sofort dingfest machen.
Nun warten wir ab, wie mutig der Papst mit den bischöflichen Häretikern umgehen wird. Der Ad Limina-Besuch der deutschen Bischöfe im November ist für ihn eine gute Gelegenheit, eine klare Position zu beziehen.
Robert Kardinal Sarah hat sich nach dieser Synodenversammlung verbittert wie folgt geäußert: „Was in Deutschland passiert, ist schrecklich. Man hat den Eindruck, als würden die Glaubenswahrheiten und die Gebote des Evangeliums zur Abstimmung gestellt. Mit welchem Recht können wir uns entscheiden, auf einen Teil der Lehre Christi zu verzichten?“ (zit. in: „Die Tagespost“, 15. 09. 2022).
Zusammenfassung:
Das Ergebnis der Amtsführung von Georg Bätzing ist niederschmetternd. Sein Führungsstil ist extrem autoritär, weil er abweichenden Meinungen nicht den geringsten Raum lässt. Es ist nicht ausgemacht, wie lange sich die Bischöfe, Priester und Laien dies noch gefallen lassen werden. Allerdings sind Forderungen der Laien nach Korrekturen hin zu einem synodalen Miteinander kaum zu erwarten, weil sie ja nach dem Prinzip der Garantie einer „säkularen Mehrheit“ ausgewählt wurden. Wenn jetzt nach Ende des synodalen Weges im nächsten Frühjahr die bereits gewählten „Synodalräte“ die Umsetzung der Beschlüsse der Synodalversammlungen – eine steht ja noch aus – überwachen und einfordern, erlebt der katholische Christ in Deutschland eine heterogene Diözesan – Landschaft, in der er sich in einigen in seinen Glaubensüberzeugungen nicht mehr wiederfinden kann. Wir sind in eine schreckliche Falle geraten, weil Bischof Bätzing mit seinen Freunden die katholische Kirche in Deutschland an die Wand gefahren hat.
Prof Dr. Werner Münch, ist Ministerpräsident a. D., und Mitglied im Kuratorium „Freude am Glauben“
Archivfoto Prof. Münch (c) Werner Münch
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