Gedenken für Kaiser Karl im Zeichen seiner Friedensbemühungen

23. Oktober 2022 in Chronik


Generalabt Bayard bei Gottesdienst im Stephansdom: Karl war "kein Ideal-Mensch", und er machte Fehler - Er hatte die Friedensinitiative von Papst Benedikt XV. unterstützt und Sozialreformen zugelassen


Wien (kath.net/KAP) Der vor 100 Jahren gestorbene und 2004 seliggesprochene Kaiser Karl von Österreich (1887-1922) hat sich in der verfahrenen Situation von 1917/18 ernsthaft um den Frieden und um die Befolgung der Friedensinitiative von Papst Benedikt XV. (August 1917) bemüht - wenn auch vergeblich -, was ihm schließlich neben seinen persönlichen Tugenden für die 2004 erfolge Seligsprechung angerechnet worden ist. Das wurde in den Gottesdiensten am Gedenktag des Seligen (21. Oktober) betont. Am Freitag fanden weltweit zahlreiche Gottesdienste zu Ehren des letzten Kaisers von Österreich und letzten Königs von Ungarn statt.  

Karl starb am 1. April 1922 mit nur 34 Jahren auf Madeira. Insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine sind zahlreiche mit dem Seligen verbundene Gruppen, nicht nur in Österreich, bemüht, die Aktualität des Friedensanliegens, für das Karl steht, zu betonen.

Das Hochamt am Freitag im Wiener Stephansdom leitete der Hochmeister des Deutschen Ordens, Generalabt Frank Bayard; die Messe in der Pfarrkirche Schwarzau (NÖ) - Schwarzau war der Hochzeitsort Kaiser Karls und Kaiserin Zitas - feierte der Wiener Weihbischof Franz Scharl. In Rom zelebrierte der Präfekt der Apostolischen Signatur, Kardinal Dominique Mamberti, ein Pontifikalamt zu Ehren des Seligen in der Kirche Santa Maria dell'Anima; eine griechisch-katholische Liturgie feierte Bischof Milan Stipic in der Dreifaltigkeitskathedrale von Krizevci bei Zagreb.

Hochmeister Bayard erinnerte in seiner Ansprache im Stephansdom, wo auch Mitglieder der Familie Habsburg präsent waren, an das Wort von Papst Benedikt XVI., wonach Heiligkeit "nicht das Unnormale, sondern das Normale" sei. Es gehe um ein "Offensein für das zarte Werben Gottes in dieser Welt" und das "Sich-Verändernlassen von Gott". Kaiser Karl habe wie alle anderen "auch Finsternis im Herzen erleben" müssen, und er sei "kein Ideal-Mensch" gewesen. Er habe Fehler gemacht, etwa dass er die Giftgasoffensive nicht verhindert habe und den Thron nicht habe halten können.  Karl sei "ein normaler Mensch gewesen, der aber auf Gott vertraut" habe. Er sei sich "seiner Verantwortung einer höheren Macht gegenüber bewusst" gewesen. Deshalb habe er die Friedensinitiative des Papstes unterstützt und Sozialreformen zugelassen, so Bayard.

Papst Benedikt XV. hatte in seinem an die Oberhäupter der kriegsführenden Völker gerichteten Schreiben von August 1917 ein Ende des Weltkriegs, wechselseitige Abrüstung, die Rückgabe besetzter Gebiete und vertrauensvolle Konfliktlösungen gefordert. Kaiser Karl wollte diesem Appell entsprechen, scheiterte jedoch. Benedikt hatte danach darunter zu leiden, dass die einzelnen Kriegsparteien meinten, er würde die jeweiligen Gegner bevorzugen.

Am enttäuschendsten dürfte für den Papst die Reaktion der Bischöfe in den kriegsführenden Ländern gewesen sein. Die meisten hatten sich schon 1914 dem allgemeinen Hurrapatriotismus angeschlossen. Statt sich hinter ihr übernationales Oberhaupt zu stellen, wurden viele nun erst recht zu harten Nationalisten. So warnte etwa der deutsche Episkopat in einem Hirtenbrief von 1. November 1917 vor einem Frieden, der "als Judaslohn für Treubruch und Verrat am Kaiser" gegeben werde.

Bei einem Vortrag zum Karl-Gedenktag in Eisenstadt erinnerte der Historiker Hannes Etzlstorfer, er habe bei der Arbeit an seinem kürzlich erschienenen Buch zu Kaiser Karl "mit Schrecken bemerkt", wie aktuell viele Geschehnisse und Äußerungen des damaligen Krieges im Blick auf die Lage heute seien. Etzlstorfer erwähnte u.a. das Beharren auf einem Siegfrieden, die anfängliche Meinung, der Krieg werde kurz sein sowie die Worte eines heutigen Kirchenoberhaupts, wonach der Tod fürs Vaterland eine vollständige Sündenvergebung bewirken könne.

Gebetsliga tagte in Brixen

Im Vorfeld der Gedenkfeiern von 21. Oktober fand an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Brixen die Generalversammlung der "Gebetsliga des Seligen Karl von Österreich für den Frieden unter den Völkern" statt, die mittlerweile mehr als 50 Landesgruppen in Europa, Nordamerika und Lateinamerika umfasst. Der Geistliche Assistent der weltweiten Liga, der Wiener Neustädter Dompropst Franz Xaver Brandmayr, stellte in Brixen in einem Referat für Theologen aus Afrika und Asien das Leben Karls von Österreich, den Seligsprechungsprozess und die Aktualität des Gebets um den Frieden dar.

Erwähnt wurden auch Verbindungen von Kaiser Karl mit Brixen. Als Erzherzog war Karl mehrere Male in Brixen, u.a. einmal auf Kur. In dieser Zeit entstand eine tiefe Freundschaft zu Otto von Guggenberg, der zu dieser Zeit Bürgermeister der Stadt war. Im Weltkrieg verhinderte Karl die geplante Abnahme der Glocken des Brixener Doms und deren Einschmelzung zur Waffenproduktion. Zu Ostern 2018 wurde im Dom zu Brixen eine Reliquie des Kaisers eingesetzt, die die Familie Habsburg im Rahmen einer großen Feier an den Domdekan übergeben hatte.

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