In Münster steht ein Kruzifix

7. November 2022 in Kommentar


Wenn in Deutschland der Wind gegen Glauben und Kirche noch ein wenig schärfer werden wird, was zu erwarten ist, stehen die Gläubigen nach jetzigem Stand mit einem Grußwort in der Hand allein im Regen - Der Montagskick von Peter Winnemüller


Münster (kath.net)

Jetzt weiß es jeder und jeder weiß, wie es aussieht: Im Friedenssaal in Münster steht ein Kruzifix. Münster und Osnabrück waren die beiden Städte, in denen im Jahr 1648 der Westfälische Frieden ausgehandelt wurde. In Münster hatte sich die katholische Delegation versammelt, in Osnabrück tagte die evangelische Delegation. Am 25. Oktober brachten Friedensreiter den unterzeichneten Friedensvertrag von Münster nach Osnabrück. Dort wurde an diesem Tag der Frieden verkündet.

Die Friedenssäle in Osnabrück und Münster gehören nicht nur zu den Sehenswürdigkeiten der beiden Städte, die historischen Säle finden auch zu besonderen Anlässen Verwendung. In Münster war nun der Friedensaal Tagungsort für eine G7- Konferenz, zu der das Auswärtige Amt nach Münster eingeladen hatte. Der Friedenssaal in Münster wird an der Nordseite von einem großen Wandschrank dominiert, in dessen Mitte sehr prominent ein Kruzifix steht. Die Bilder von diesem Kreuz gingen um die Welt. Der Streit um das Kruzifix des Münsteraner Friedenssaales hat gezeigt, wie sehr der Westfälische Friede sowohl für das christliche Erbe Europas als auch für den Frieden in Europa stehen. Nicht umsonst hat der Westfälische Frieden Modellcharakter für eine europäische Friedensordnung. Die Wahl eines der Friedenssäle für internationale Konferenzen ist also sehr wohl angebracht, berücksichtigt man doch damit den Friedensaspekt der historischen Stätte. Dies zu tun und zugleich den anderen Aspekt, nämlich die christlichen Wurzeln Europas zu canceln, geht ganz deutlich schief. Hier hat es zu einem mittelgroßen Shitstorm gegen die Außenministerin geführt. So weit, so schlecht.

Kritisiert wurde zuweilen – besonders in den sozialen Medien – die viel zu sanfte Reaktion der Kirche. Das Bistum Münster hat protestiert, das Katholische Büro Nordrhein- Westfalen bekundete sein Befremden. Im Grunde ist diese Weise der Reaktion ein Kernproblem der Kirche in Deutschland. Bischöfe waren Landesherren. Zwar wurde die Bischöfe mit dem Reichsdeputationshauptschluss politisch entmachtet, tatsächlich waren sie – wie zum Beispiel Bismarck erfahren musste – immer noch eine Macht im Land. Bis heute bezahlen die Länder die Gehälter ihrer ehemaligen Landesherren. Nicht zuletzt darum halten sich Bischöfe bis heute an diplomatische Gepflogenheiten. Man tauscht Noten, um dem Gegenüber den Grad seiner Verschnupftheit kundzutun.

Das wird auf Dauer nicht mehr funktionieren. Die Kreuzabnahme von Münster wie auch der Streit um die Inschrift der Kuppel des Berliner Stadtschlosses zeigen die zunehmende Übergriffigkeit des Staates bei gleichzeitiger Wehr- und Harmlosigkeit der Bischöfe. Im Kulturkampf stand ein wildwütiger preußischer Junker noch starken und mutigen Bekennerbischöfe gegenüber, die notfalls ins Gefängnis gingen. Heute verschanzen sich Exzellenz im Palais und hoffen, dass der Sturm sich legt. Angesichts der Vorkommnisse von Münster wäre es sicher nicht angemessen, zum Sturm auf das Außenministerium aufzurufen. Man hätte sich dennoch außer der schmallippigen diplomatischen Note an Berlin auch noch ein Wort der Zustimmung und Ermunterung an die empörten Gläubigen gewünscht. Man erkennt ein Muster wieder, dass man aus einem ganz anderen Bereich kennt. Nur wenige Bischöfe stellen sich an die Seite der Menschen, die jährlich für den Schutz des Lebens demonstrieren. Im besten Falle bekommt man noch ein Grußwort.

In Ländern, in denen Bischöfe nicht der Tradition ehemaliger Landesherren folgen, sind die Bischöfe deutlich näher an den Gläubigen. Sie stehen neben ihnen bei Demonstrationen und sie stärken ihnen den Rücken, wenn sie politisch für Glauben, Leben und Freiheit streiten. Wenn in Deutschland der Wind gegen Glauben und Kirche noch ein wenig schärfer werden wird, was zu erwarten ist, stehen die Gläubigen nach jetzigem Stand mit einem Grußwort in der Hand allein im Regen. Man wird sehen, wie viele Kreuze, Bibelverse und Heiligenbilder noch gecancelt werden müssen, bis Bischöfe merken, dass es ein Irrweg ist, mit dem politischen Mainstream zu daddeln.


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