Wir arbeiten unter utopischen Bedingungen – von Bildung kann keine Rede sein

13. November 2022 in Österreich


Bedürfnissen von Kleinkindern wird zu wenig Rechnung getragen. Eltern fordern echte Wahlfreiheit. Katholischer Familienverband Kärnten lud zum Podiumsabend mit Birgit Kelle.


Klagenfurt (kath.net/ pm)

Für unsere Kinder nur das Beste - Wie sieht gute Kleinkindbetreuung aus. Das diskutierten am 8. November die Publizistin und Autorin Birgit Kelle, Naomi Matthews, Pädagogische Leiterin des IDC/Villach, Susanna Fugger, Mama von vier Kindern, sowie Christina Patterer, Abgeordnete zum Kärntner Landtag.

„Worin besteht Familienfreundlichkeit, wenn die Mitglieder der Familie immer weniger Zeit miteinander verbringen, weil die Kinder möglichst früh und möglichst lang außer Haus betreut werden?“, fragt Bestsellerautorin Birgit Kelle. „Jeder sagt, dass das, was in den Familien geleistet wird, wertvoll und wichtig ist. Aber wie wird es honoriert und sichergestellt, dass es weitergeht, wenn es keine finanzielle Absicherung gibt?“

Die vierfache Mutter, die „aus freien Stücken und als gut ausgebildete, emanzipierte Frau sehr bewusst vom Lager der berufstätigen ins Lager der Hausfrauen gewechselt sei“ regt an, mittels einer Umfrage zu ermitteln, wie viele Frauen mehr sich entschließen würden, ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren selbst zu betreuen, sofern man Sie vor die Entscheidung stellen würde, die Gelder, die von der öffentlichen Hand für die Kinderbetreuung außerhalb der Familie eingesetzt werden, für die geborenen Kinder nicht an die Institutionen auszuzahlen, sondern an die Mütter selbst.

„Wenn wir Feminismus ernst nehmen, müssen wir Frauen eine Wahl lassen“, so Kelle, die sich dafür ausspricht, das hohe Gut der Vielfalt auch familienpolitisch anzuerkennen. Der geschätzte Gesamt-Kostenaufwand pro Kind/Monat belaufe sich auf weit mehr als € 1.500.

„Wir arbeiten unter utopischen Bedingungen – von Bildung kann keine Rede sein“, so Naomi Matthews, pädagogische Leiterin des Internationalen Daycare Center Villach. „Um frühkindliche Bildung für Kinder unter 3 in einer Bildungseinrichtung sicherstellen zu können, bedarf es wichtiger Kriterien und Rahmenbedingungen. Unter den momentan herrschenden Bedingungen, wie ständiger Personalausfall, Fluktuation, Fachkräftemangel, und dem enormen psychischen Druck, kann pädagogisches Fachpersonal nicht altersgerecht und bedürfnisorientiert arbeiten!“ Sie lädt die politisch Verantwortlichen ein, sich das gern vor Ort einmal anzuschauen. „Wir betreiben Krisenmanagement!“, so die engagierte Pädagogin und zweifache Mutter.

Susanna Fugger, Mama von vier Kindern, die sie selbst betreut, zeigt sich empört über die Ungleichbehandlung in der Kinderbetreuung. Während ein Betreuungsplatz von der öffentlichen Hand voll finanziert werde, erhält sie für die Betreuung ihrer Kinder keine vergleichbare Unterstützung. Zudem stehe sie gesellschaftlich unter Rechtfertigungsdruck, warum sie bei den Kindern bleibe, statt „arbeiten zu gehen“. Die Germanistin, die gemeinsam mit ihrem Mann einen Forstbetrieb führt, fragt: „was lernt ein Kleinkind in einer sogenannten frühkindlichen Bildungseinrichtung, was es zu Hause in der Geborgenheit einer Familie nicht lernt?“

„Wir möchten Kärnten zum familienfreundlichsten Land Europas machen“, so Christina Patterer, Landtagsabgeordnete und Bereichssprecherin der SPÖ Kärnten. Wichtiger Beitrag dazu sei das neue „Kinderstipendium“. Der Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen sei ein wichtiger Meilenstein. Es gelte für jedes Kind, auch im frühkindlichen Bereich, einen Platz sicher zu stellen, damit alle Kinder die gleichen Bildungschancen haben. Sie verweist auf das in Begutachtung befindliche Kärntner Kinderbildungs- und Betreuungsgesetz.

Andreas Henckel Donnersmarck, Vorsitzender des KFV-Kärnten, weist darauf hin, dass dem nachgewiesenem Bindungsbedürfnis von Kleinkindern, das „zeitgemäßes Dogma“ gegenüberstehe, „dass moderne Eltern beide berufstätig zu sein haben und schon die Kleinkinder außer Haus betreut werden müssen.“

„Erstmalig in der Geschichte wird nicht mehr auf Familie als Keimzelle gebaut“, so der vierfache Vater. „Die Herausbildung von Identität findet neuerdings in Betreuungseinrichtungen statt. Dabei wird praktisch wie ideologisch die Familie untergraben und in Wirklichkeit als Erziehungsinstanz aufgehoben.“

Diese aber sei systemrelevant, denn die „Zukunft des Gemeinwesens hängt von der Familie ab.“ Klaus Schöffmann führte durch den spannenden Diskurs, und verwies auf die Kinderbetreuungs-Ampel, einer Orientierungshilfe mit der Eltern sich vergewissern können, dass, bzw. ob Kinderbetreuungseinrichtungen grundlegende Qualitätskriterien erfüllen.

Der Einladung zur gut besuchten Veranstaltung ins Kärntner Landesarchiv Klagenfurt folgten viele interessierte Eltern, Vertreterinnen von Bildungseinrichtungen sowie Abgeordnete des Kärntner Landtags.

Der Katholische Familienverband Kärnten ist die größte überparteiliche Familienorganisation in Kärnten und setzt sich seit Jahren zum Wohl der Kinder und auf Basis des Gleichheitsprinzips für echte Wahlfreiheit finanzielle Gleichbehandlung in der Kinderbetreuung ein.


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