Bätzing behauptet: Brief von Papst an das „pilgernde Volk Gottes“ sei wichtige Orientierung gewesen

19. November 2022 in Deutschland


Im Ad-Limina-Schlussstatement des DBK-Vorsitzenden Bätzing erinnert sich Bätzing plötzlich wieder an den vergessenen Papstbrief zur Priorisierung der Neuevangelisierung – UPDATE: Frauenweihe für Rom "rote Linie"


Bonn-Vatikan (kath.net/DBK) kath.net dokumentiert das Statement des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Georg Bätzing, anlässlich der Pressekonferenz  zum Abschluss des Ad-limina-Besuchs der deutschen Bischöfe am 19. November 2022 in Rom in voller Länge – Es gilt das gesprochene Wort – Überschrift und Untertitel des kath.net-Artikels wurden von kath.net, nicht von der DBK entworfen und verantwortet.

Nach fünf Tagen ist mit der Eucharistiefeier gestern Abend in San Giovanni in Laterano der Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe zu Ende gegangen. Wir haben an den Gräbern der Apostel gebetet, den Vatikan über unsere Arbeit in den (Erz-)Diözesen und in unserer Bischofskonferenz informiert und – das war ein ganz besonderer Vormittag – mit dem Heiligen Vater, Papst Franziskus, gesprochen.

Das war mein erster Ad-limina-Besuch – andere Bischöfe hatten da ganz andere Erfahrungen, für einige war es bereits der vierte Besuch. Ich kann ehrlichen und erleichterten Herzens sagen: Ja, es war ein herausfordernder Besuch. Und ja, es sind alle, wirklich alle Themen auf den Tisch gekommen – und zwar an ganz verschiedenen Orten, sei es beim Papst, sei es in den Dikasterien oder beim gestrigen interdikasteriellen Treffen zu einigen Fragen des Synodalen Weges der Kirche in Deutschland.

Die Gespräche mit den Dikasterien waren gut, wenn auch unterschiedlich. Es hat uns Bischöfe beeindruckt, wie intensiv die Kurienreform bereits Fuß gefasst hat, wie professionell sich einige Dikasterien vorbereitet haben und mit welchen inhaltlichen Perspektiven sie ihre Arbeit in den nächsten Jahren gestalten wollen. Ich möchte jetzt nicht einzelne Einrichtungen herausgreifen, aber doch betonen, wie intensiv wir den Sinn von Synodalität in vielen unserer Gespräche erleben konnten. Besonders positiv haben wir wahrgenommen, dass in einigen Dikasterien eine gute und fruchtbare Zusammenarbeit von Bischöfen, Priestern und Laien – und zwar auf allen Ebenen – erkennbar ist.

Wenn ich sagte, dass alle Themen auf den Tisch kamen, dann war es vor allem die Frage, wie eine Evangelisierung in der Herausforderung einessäkularisierten Zeitalters gelingen kann. Es geht immer darum, im Hier und Jetzt die Botschaft zu entdecken und nicht nur auf das Gestern zu schauen. Dabei müssen wir stets mit dem Risiko einer – wie es Papst Franziskus sagt – „verbeulten Kirche“ rechnen.

Das Gespräch mit Papst Franziskus hat uns ermutigt. Auch da sind die unterschiedlichen Positionen in unserer Bischofskonferenz vorgebracht worden. Der Heilige Vater hat uns deutlich gemacht, dass Spannungen notwendig sind, unter welchen Spannungen er steht und dass zur Lösung Mut und Geduld notwendig sind. Wir haben in Rom hart in der Sache und verbindlich im Ton diskutiert und dabei gespürt, dass Dialog auf diese Weise gelingen kann und gelungen ist.

Das gestrige interdikasterielle Treffen war wichtig und auch da sind alle Themen vorgebracht worden. Sie kennen das gemeinsame Kommunique des Heiligen Stuhls und der Deutschen Bischofskonferenz, dass wir gestern veröffentlicht haben. Ich möchte einige Aspekte ergänzen: Diese Begegnung war – wie es einer unserer Bischöfe ausdrückte – „der Ernstfall von Synodalität“: Hinhören, Abwägen und den anderen mit seiner Auffassung bestehen lassen. Es geht nicht um Deutungshoheit, sondern um die ehrliche Reflexion, wo wir als Kirche stehen und wie die Sichtweise des jeweils anderen ist. Ich bin dankbar, dass die Bedenken, die es in Rom gibt, offen vorgetragen wurden. Und ebenso dankbar bin ich, dass die Sorgen und Auffassungen aus unserer Bischofskonferenz – quer durch alle Themen – gehört wurden. Das interdikasterielle Treffen war für mich ein Zeichen, dass wir – trotz widersprechender Auffassungen – gemeinsam auf dem Weg bleiben. Die Kirche in Deutschland geht keinen Sonderweg und sie wird auch keine Entscheidungen treffen, die nur im universalkirchlichen Kontext möglich wären. Aber die Kirche in Deutschland will und muss Antworten geben auf jene Fragen, die die Gläubigen stellen. Das erleben wir bei unserem Synodalen Weg und das haben wir versucht, in Rom zu vermitteln. Mir war es wichtig, deutlich zu machen, dass durchdie Aufdeckung von Missbrauch und Missbrauch begünstigenden Strukturen in der Kirche das Vertrauen so erschüttert und die Autorität der Bischöfe so in Frage gestellt ist, dass neue Wege notwendig sind, um dieser Krise der Kirche zu begegnen. Der Brief von Papst Franziskus an das „pilgernde Volk Gottes“ ist dabei eine wichtige Orientierung gewesen, die einer weiteren Vertiefung bedarf. Wir wollen die Anliegen, die wir Bischöfe in der Ortskirche umsetzen können, auf den Weg bringen und die Fragestellungen, die das Lehramt betreffen, in den weltweiten synodalen Prozess einspeisen. Ich betone noch einmal: Die unterschiedlichen Meinungen aus unserer Bischofskonferenz sind ins Wort gefasst worden. Der Ernstfall von Synodalität ist daher sehr konkret für uns, auch in den kommenden Wochen.

Ich bin dankbar, dass auch die Situation im Erzbistum Köln beim Ad-limina-Besuch angesprochen wurde, nicht nur von mir. Dazu war Gelegenheit beim Gespräch mit dem Dikasterium für die Bischöfe und in der Begegnung mit dem Heiligen Vater.

Sie spüren: Zum Abschluss des Ad-limina-Besuchs lege ich keinen Ergebniskatalog vor, das war von unserer Seite auch an keiner Stelle erwartet oder formuliert worden. Es endet ein Arbeitsbesuch von hoher Nachdenklichkeit, einer Vielzahl von Themen und der Tatsache, dass wir in wichtigen theologischen Fragen – gerade mit Blick auf den Synodalen Weg – keine einheitliche Auffassung haben. Das entmutigt mich nicht und es ist auch falsch, vom sogenannten „Showdown“ in Rom zu sprechen. Es geht jetzt an die Phase der Nacharbeit und der Vertiefung des Gesagten und Gehörten: unsere Anliegen, die wir in Rom platziert haben und die Überlegungen, die Rom uns mit ins Gepäck gegeben hat. Ich bin zuversichtlich, dass wir diesen Dialog gut fortsetzen, und ich hoffe, dass wir diesen Dialog bald noch verstärkt auch mit jenen in Rom realisieren können, die den größten Teil des Volkes Gottes ausmachen: den Laien.

Ein erster Moment der Reflexion wird im Ständigen Rat der Deutschen Bischofskonferenz am kommenden Montag in Würzburg stattfinden und dann wenige Tage später im Erweiterten Präsidium des Synodalen Weges. Natürlich müssen die Themen mit allen im Synodalen Weg besprochen werden. Ich fahre mit einer gewissen Erleichterung nach Hause, weil wir Themen benannt haben und niemand sagen kann, er hätte davon nichts gehört oder sich nicht äußern können. Ich fahre mit einer gewissen Sorge nach Hause, weil ich noch nicht abschätzen kann, welche Dynamik die synodalen Prozesse entfalten. Aber vielleicht ist diese Spannung gut:Erleichterung und Sorge. Das drückt in ganz wunderbarer Weise der Titel des Synodendokumentes aus Rom für die anstehende kontinentale Etappe aus: „Mach den Raum deines Zeltes weit“. Hier kommt gut zum Ausdruck, was wir spüren: Der Raum des Zeltes entsteht erst durch die Spannung der Seile, die das Zelt aufspannt. Das ist ein Bild, das vielleicht auch für unseren Synodalen Weg und den Weg der Kirche in Deutschland insgesamt hilfreich ist.

UPDATE - aus einer Darstellung der Katholischen Presseagentur kathpress:

Frauenweihe für Rom "rote Linie"

Seitens der Kurie habe es "klare Ansagen" gegeben, die man ernst nehme. Es seien "rote Linien" benannt worden, die aus Sicht der Kurienchefs nicht überschritten werden dürften, dazu zähle die Frage der Priesterweihe von Frauen.
Die Tatsache, dass Papst Franziskus in der Schlussdebatte zwischen den deutschen Bischöfen und der römischen Kurie wider Erwarten nicht dabei war, bezeichnete Bätzing rückblickend als einen Glücksfall. Zwar habe es zunächst Irritationen gegeben, doch dann habe sich gezeigt, dass die Debatte viel offener und kontroverser verlaufen konnte, weil der Papst nicht dabei war.

 

Weiterführender Link: Der Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland in voller Länge

Foto DBK im Petersdom © Deutsche Bischofskonferenz/Cristian Gennari/Romano Siciliani/KNA


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