20. November 2022 in Aktuelles
Neuer Anfang kommentiert in Pressemitteilung: „Der Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe war ein entscheidender Wendepunkt für den Synodalen Weg. Möglicherweise hat sich sogar bereits entschieden, dass er keine Zukunft hat.“
Neuss (kath.net/Neuer Anfang) Der Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe war ein entscheidender Wendepunkt für den Synodalen Weg. Möglicherweise hat sich sogar bereits entschieden, dass er keine Zukunft hat. Die deutschen Bischöfe haben sich selbst in eine Falle hineinmanövriert.
Das Ergebnis ihres Ad-limina-Besuchs in Rom beim Heiligen Vater lässt sich in folgenden Punkten zusammenfassen:
1. Der Heilige Stuhl hat in allen entscheidenden Lehr- und Verfassungsfragen grundsätzliche Bedenken angemeldet – in den Feldern der bischöflichen Grundstruktur der Kirche, der Anthropologie und der (Sexual-)Ethik. Sie betreffen „Methode, Inhalte und Struktur des Synodalen Weges“ – also im Grunde alles. Weder ein dauernder sogenannter „Synodaler Rat“ mit Leitungskompetenz noch eine Änderung der Anthropologie und Sexualethik, in der man die traditionelle Grundposition der Geschlechterkomplementarität und der Beschränkung humaner Sexualität auf die Ehe zwischen Mann und Frau verwirft, sind in Rom zustimmungsfähig.
2. Die Bischöfe wurden grundsätzlich darauf hingewiesen, dass es auch „Unverhandelbares“ gibt. Man darf annehmen, dass damit u.a. die Frage des Zugangs zum sakramentalen Ordo (Frauenordination) gemeint ist. Sie wurde nämlich in der gemeinsamen Erklärung des Heiligen Stuhls zusammen mit der Deutschen Bischofskonferenz nicht einmal erwähnt.
3. Laut Stellungnahme des Passauer Bischofs Stephan Oster (veröffentlicht auf seinem Facebook-Profil) waren die Interventionen der Kardinäle Luis Ladaria (Glaubenskongregation) und Marc Quellet (Bischofskongregation) eindeutig und ohne irgendwelche inhaltlichen Zugeständnisse an die deutschen Positionen.
Absage an Bischofsernennung durch Laienbeteiligung: Das Staatssekretariat verwies laut Presseberichten außerdem auf gravierende Einwände gegen Änderungen beim Verfahren der Bischofsbestellung, das mit dem bestehenden, deutschen Konkordatsrecht nicht zu vereinbaren sei.
4. Bei Nichtbeachtung der Einwände droht Moratorium des Synodalen Weges: Wie schwerwiegend die Einwände im Vatikan wiegen, wird durch einen Vorgang deutlich, den sowohl die gemeinsame Erklärung als auch Bischof Oster erwähnen: Der Heilige Stuhl stellte die Möglichkeit eines Moratoriums in den Raum – das bedeutet: eine Anweisung an die Bischöfe, den Synodalen Weg auszusetzen, da zu viele Fragen offen seien. Dieses sei nur abgewendet worden, weil die deutsche Seite zugestanden habe, die römischen Einwände zu verarbeiten.
5. Selbstverursachte Falle der deutschen Bischöfe als Folge. Damit sind die Hausaufgaben für die deutschen Bischöfe formuliert. Sie kehren nach Deutschland zurück mit der Pflicht, eine Situation zu bereinigen, die sie selbst verursacht haben. Diese Aufgabe gleicht der Quadratur des Kreises. Widersprüchliches, sich hart im Raum Stoßendes wäre nun zu vermitteln. Hinzu kommt: Die in Rom kritisierten Texte und Beschlüsse des Synodalen Weges erschienen vielen Synodalen sogar als zu schwach – jedenfalls als unverhandelbar. Beide Seiten sprechen also von „Unverhandelbarem“.
6. Es erscheint als unmögliche Mission, diese Positionen zusammen zu führen, an der man nur scheitern kann. Mit anderen Worten: Ein großer Teil der deutschen Bischöfe, besonders ihr Vorsitzender, sitzt jetzt in einer Falle, die sie sich selbst gestellt haben.
7. Kaum Deutungsspielraum durch gemeinsame Erklärung. Bemerkenswert ist nicht zuletzt die Tatsache, dass der Heilige Stuhl den Weg einer gemeinsamen Abschluss-Erklärung mit den Deutschen Bischöfen gewählt hat. Damit ist für jedes weitere – oder gar ein inhaltlich abweichende Fazit – kaum Spielraum. So sollten wohl Kämpfe um die Deutungshoheit und mögliche Beschwichtigung von deutscher Seite über den Ernst der Lage verhindert werden, wo nun versucht wird, Zeit und Handlungsfreiheit zurückzugewinnen.
8. Absage des zweiten Gesprächstermins verdeutlicht Missstimmung. Auch, dass der Papst die deutschen Bischöfe am Freitag bei dem bereits angekündigten, zweiten Treffen kurzfristig versetzt hat, ist aussagekräftig. Aus verschiedensten Quellen wurde deutlich, wie sehr den Papst die faktische (und im Ton teils dreiste) Missachtung seines Briefes vom 29. Juni 2019 durch die Deutschen verletzt und verärgert hat. Am Freitag erfolgte entsprechend eine Antwort des Papstes nur noch durch seine zweite administrative Ebene.
Wie ist das das alles zu bewerten?
1. Keine Kompromisse möglich.
Rom hat dem Synodalen Weg in deutlichster Weise die Grenzen aufgezeigt, die er längst mit vollem Bewusstsein überschritten hatte, in der Hoffnung mit Rom auf irgendeine Weise einen Kompromiss oder einen modus vivendi finden zu können. Diese Hoffnung hat sich mit Wucht zerschlagen.
2. Unhaltbare Hoffnungen geweckt und enttäuscht.
Die Situation der Bischöfe und ihres Vorsitzenden ist damit denkbar schwierig. Sie haben nach der einen Seite versprochen, nach der anderen Seite beschwichtigt. Nun stehen sie vor einem Scherbenhaufen. Rom nimmt sie in die Pflicht, den Haufen nun selbst aufzuräumen. Das ist schwer – aber auch eine letzte Chance.
3. Am Scheideweg: Evangelium oder Gegenwartskultur?
Entscheidend wird sein: Wagen die deutschen Bischöfe und ihr Vorsitzender die Umkehr, die die Besinnung auf das Evangelium und den Glauben der Kirche einschließt, und entdecken sie sie in ihrer Tragfähigkeit gerade heute neu? Oder lassen sie sich weiter radikalisieren durch jenen Flügel, der sein eignes Heil, aber auch jenes der Kirche, in einer radikalen Anpassung an die Gegenwartskultur sucht?
Der Kirche in Deutschland stehen heftige Auseinandersetzungen um diese Alternative bevor.
4. Neuevangelisierung nicht als Facette, sondern als Grundprinzip. Der grundlegende Webfehler des Synodalen Weges – so hat es u.a. Walter Kardinal Kasper ausgedrückt – war die fortgesetzte Missachtung des „Brief des Papstes an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ (vom 29.06.2019) Man hatte in Deutschland offenbar nicht begriffen, dass der Papst mit seiner Forderung nach Neuevangelisierung nicht nur eine zusätzliche Facette auf dem Synodalen Weg sehen wollte, sondern ein Grundprinzip.
Hinter dem Stichwort Evangelisierung verbirgt sich eine erneuerte Sozialgestalt von Kirche. Von hier allein setzt authentische Reform an. Papst Franziskus und seine Mitarbeiter haben in den vergangenen Tagen versucht, den Tanker der Kirche in Deutschland in einem gewagten Manöver in diese Richtung umzulenken. Ob das Manöver und die Kurskorrektur gelingen, bleibt abzuwarten.
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