'Infideles non judicantur, sed jam judicati sunt'

19. März 2023 in Spirituelles


"Die Ungläubigen werden nicht gerichtet, sondern sie sind schon gerichtet" - Was erwartet uns beim Jüngsten Gericht? - Thomas von Aquin hatte bereits im 13. Jahrhundert spannende Antworten - Von Roland Noé


Rom (kath.net)

Das jüngste Gericht, kein passendes Thema für eine Kirchenpredigt oder für den Religionsunterricht? Man möchte doch die Gläubigen nicht verunsichern und "Frohbotschaft" statt "Drohbotschaft" usw. Doch klar ist, dass wir alle auf das Gericht zusteuern, ob wir es wollen oder nicht, auch wenn wir es gerne verdrängen wollen. Doch was erwartet uns beim Gericht. Der Heilige Thomas von Aquin, der neben Augustinus der vielleicht größte Kirchenlehrer, hatte bereits im 13. Jahrhundert verblüffende Antworten. So erinnert Thomas daran, dass beim Endgericht Christus die Richtergewalt habe. Dieser bekam vom Vater die "Gewalt", Gericht zu halten. Neben ihm werden aber die Apostel auf den Richterstühlen sitzen. "Weil das Endgericht wegen des Lohnes und der Strafe der sichtbaren Leiber ergehen wird, ist es sinnvoll, daß dieses Gericht in sichtbarer Weise statthabe. Darum auch wird Christus Gericht halten in der Gestalt seiner Menschheit, die alle sehen können, die Guten wie die Bösen. Die Schauung seiner Gottheit aber macht glückselig, darum wird sie nur von den Guten gesehen werden können. Das Gericht über die Seelen jedoch wird, da es ja über Unsichtbares ergeht, unsichtbar geschehen."

Auch der Ort für das "Letzte Gericht" ist für Thomas klar. Dies werde an dem Orte sei, der "Christus gemäß" ist im Hinblick auf seine Menschlichkeit. Gemeint ist das Tal Josaphats, weil dieses Tal unter dem Ölberg liegt und dort Christus die Todesleiden ertragen musste und dies auch Ort ist, wo Christus in den Himmel aufgefahren ist. Der Theologe erinnert in dem Zusammenhang an die Worte der Apostelgeschichte "Wie ihr ihn in den Himmel habt aufsteigen sehen, so wird er wiederkommen".

Wenn das Endgericht beim Menschen vollbracht ist, dann werde laut Thomas die menschliche Natur von Grund auf in "ihren Endzustand" eingesetzt. Zuvor wird aber durch einen einzigen Machtspruch Gottes einem jeden die eigenen Tagen ins Gedächtnis gerufen. "Und diese Kraft, sofern sie dem Menschen die eigenen Taten ins Gedächtnis zurückführt, wird ‚Buch des Lebens‘ genannt.", schreibt der Theologe dazu und erinnert dann in dem Zusammenhang an das Element des Feuers im Zusammenhang mit dem Fegefeuer. "Weil aber unter den Elemente das Feuer das wirkkräftigste und das am meisten Vergängliches verzehrende ist, wird die Aufzehrung der Dinge, die im künftgen Stande nicht bleiben dürfen, auf die gemäßeste Weise durch Feuer geschehen. Und so heißt es gemäß dem Glauben, daß die Welt am Ende durch das Feuer gereinigt werden wird, nicht allein von den vergänglichen Körperdingen,sondern auch von der Befleckung, die dieser Stätte anhaftet durch."

Doch das Ziel ist für Thomas klar: "Sowohl Gottes wie des Engels wie auch des Menschen letztes Glück und Glückseligkeit ist: Gott zu schauen". Zu den Ungläubigen selbst schreibt der Theologe: "„Die Ungläubigen werden nicht gerichtet, sondern sie sind schon gerichtet" (Infideles non Judicantur, sed jam judicati sunt."

 

Buchtipp:  Thomas von Aquin, Sentenzen über Gott und die Welt, 487 Seiten, 19 Euro

 

 


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