12. Jänner 2023 in Weltkirche
Hat Papst Franziskus die Popularität Benedikts XVI. gefürchtet? Der Journalist Andrea Gagliarducci sieht Anzeichen dafür in den Gesten und Entscheidungen Franziskus’ nach dem Tod von dessen Vorgänger.
Vatikan (kath.net/jg)
Der katholische Journalist Andrea Gagliarducci stellt in seiner Kolumne auf MondayVatican zunächst einige protokollarische Auffälligkeiten um den Tod und das Begräbnis von Papst Benedikt XVI. fest und erlaubt sich dann die Frage, ob Papst Franziskus Angst vor der Popularität seines Vorgängers habe und deshalb zeigen wollte, dass nur er Papst ist. Die Gesten und Entscheidungen von Franziskus nach dem Tod seines Vorgängers könnten laut Gagliarducci als Versuch des amtierenden Papstes interpretiert werden, zu betonen, dass es sich bei Benedikt XVI. nur um den emeritierten und nicht um den regierenden Papst handelt.
Der Journalist stellt fest, dass Papst Franziskus nach dem Tod Benedikts seinen Terminkalender nicht geändert hat, um einen Besuch beim aufgebahrten Benedikt XVI. zu machen, wie es hunderttausende Gläubige getan hätten, darunter viele Bischöfe und Priester. Die Messe am 1. Januar und andere Verpflichtungen hätten nicht verschoben werden können, räumt Gagliarducci ein, sehr wohl aber hätte die Generalaudienz am 4. Januar später beginnen können, ebenso der Besuch bei der Krippe am Petersplatz.
Franziskus sei zwar der erste im Kloster Mater Ecclesiae gewesen, aber bei allen folgenden Anlässen dort nicht mehr erschienen. Er habe keine offizielle Trauer im Vatikan angeordnet, nicht einmal am Tag der Beerdigung von Benedikt XVI. Mit Ausnahme von Italien und Deutschland seien keine offiziellen Delegationen beim Begräbnis vorgesehen gewesen. Staatsoberhäupter hätten daher als Privatpersonen teilgenommen und nicht in ihrer offiziellen Funktion. Er habe den Eindruck gewonnen, der Vatikan habe offizielle staatliche Vertretungen gar nicht dabei haben wollen. Trotzdem seien Vertreter von 21 Ländern gekommen, stellt Gagliarducci fest.
Papst Franziskus habe sich öffentlich immer nur lobend über Benedikt XVI. geäußert. Könne man deshalb davon ausgehen, dass er die Popularität seines Vorgängers gefürchtet habe? Franziskus sei ein Papst der Gesten und kenne deren Bedeutung genau. Ihm sei klar, dass ein Papst ein Leben in der Öffentlichkeit lebe und nicht im Privaten. Er wisse, dass alles, was getan und nicht getan werde, einen Grund habe.
Allerdings sei jeder Versuch die Bedeutung von Benedikt XVI. herunterzuspielen an der überwältigenden Zahl der Gläubigen gescheitert, die aus aller Welt gekommen seien um ihrem Papst die letzte Ehre zu erweisen, betont Gagliarducci.
Ein Papst wie Benedikt XVI. hätte eine bessere Behandlung verdient, sowohl seine Person als auch sein Pontifikat, meint Gagliarducci. Die Entscheidungen, die Papst Franziskus getroffen habe, könnten für ihn kontraproduktiv sein. Ein Pontifikat, das von den Medien hoch gelobt werde, könnte als eines der unbeliebtesten zu Ende gehen, mutmaßt Gagliarducci.
Link zum Artikel von Andrea Gagliarducci auf MondayVatican (englisch): Who’s afraid of Benedict XVI?
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