Jesus als Vorbild der Verkündigung

18. Jänner 2023 in Aktuelles


Franziskus: ohne diese Liebe, die leidet und Risiken eingeht, laufen wir Gefahr, nur uns selbst zu hüten. Von Armin Schwibach


Rom (kath.net/as) „Wenn einer von euch hundert Schafe hat und eins davon verliert, lässt er dann nicht die neunundneunzig in der Wüste zurück und geht dem verlorenen nach, bis er es findet? Und wenn er es gefunden hat, nimmt er es voll Freude auf die Schultern, und wenn er nach Hause kommt, ruft er die Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir, denn ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war! Ich sage euch: Ebenso wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben“ (Lk 15,4-7).

Dritte Generalaudienz 2023, Papst Franziskus setzte seine neue Katechesenreihe unter dem Thema „Eine Leidenschaft für die Evangelisierung“ fort. Die zweite Katechese war  dem Thema gewidmet: „Jesus als Vorbild der Verkündigung“.

In der Katechese über den Eifer für die Evangelisierung blickte der Papst heute auf das Vorbild der Verkündigung schlechthin: Jesus Christus.

Seine Mission habe ihren Ursprung in der innigen und einzigartigen Beziehung zu seinem göttlichen Vater, mit dem er durch das Gebet im ständigen Austausch stehe. Er sei das Wort Gottes, das ewige Wort des Vaters, das an uns gerichtet sei und Mensch geworden sei, um in unser Leben einzutreten und es zu teilen.

So sage er selbst von sich, dass er nicht gekommen ist, „sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen“ (Mk 10,45). In diesem Sinne sei er auch der gute Hirte, der sein Leben für die Schafe, für uns, hingebe (vgl. Joh 10,11).

Er habe ein „pastorales Herz“, wie im Gleichnis vom verlorenen Schaf (vgl. Lk 15, 4-7) deutlich werde. Der Herr leide und riskierw etwas, indem er aus Liebe und Sehnsucht jenen nachgeht, die sich von ihm entfernt haben.

„Fragen wir uns daher in der Seelsorge“, so der Papst, „in der pastoralen Arbeit, ob wir wirklich in inniger Vertrautheit mit Gott, aus dem Gebet und in Einklang mit seinem Herzen leben“. Denn das mache die „Seele eines jeden Apostolats“ aus, das die Freude der Gotteskindschaft vor der Welt bezeugen und alle Menschen daran teilhaben lassen wolle.

Wenn wir nun seine Lebensweise mit einem Bild darstellen wollten, so sei es nicht schwer, es zu finden: „Jesus selbst bietet es uns an, indem er von sich als dem Guten Hirten spricht, der – wie er sagt – „sein Leben für die Schafe hingibt“ (Joh 10,11)“. Tatsächlich sei das Hirtendasein nicht nur ein Beruf gewesen, der Zeit und viel Engagement erfordert habe, sondern eine echte Lebensweise: vierundzwanzig Stunden am Tag mit der Herde leben, sie auf die Weide begleiten, bei den Schafen schlafen und sich um die Schwächeren kümmern. Mit anderen Worten: „Jesus tut nicht etwas für uns, sondern er gibt sein Leben für uns. Er hat ein pastorales Herz“.

Jesus spreche im Gleichnis vom verlorenen Schaf auch von der verlorenen Münze und dem verlorenen Sohn. „Wenn wir unseren apostolischen Eifer üben wollen, sollten wir Lukas Kapitel 15 immer im Hinterkopf behalten“, so der Papst. Dort entdeckten wir, dass Gott nicht auf den Zaun seiner Schafe schaue und sie auch nicht bedrohe, damit sie nicht weggehen. Wenn man hinausgehe und sich verirre, gebe man es nicht auf, sondern suche es. Er sage nicht: „sie ist weg, ihre Schuld, ihre Sache“. Das pastorale Herz reagiere auf eine andere Weise: „es leidet und riskiert. Es leidet: ja, Gott leidet um die, die weggehen, und während er um sie trauert, liebt er sie umso mehr. Der Herr leidet, wenn wir uns von seinem Herzen entfernen. Er leidet für diejenigen, die die Schönheit seiner Liebe und die Wärme seiner Umarmung nicht kennen. Aber angesichts dieses Leidens verschließt er sich nicht, sondern geht Risiken ein: Er verlässt die neunundneunzig Schafe, die in Sicherheit sind, und macht sich auf den Weg, um das eine zu suchen, das fehlt“.

Er tue also etwas Riskantes und sogar Irrationales, aber es entspriche seinem seelsorgerischen Herzen, das sich nach denen sehne, die nicht mehr da sind: „nicht aus Zorn oder Groll, sondern aus einer nicht reduzierbaren Sehnsucht nach uns. Es ist der Eifer Gottes“.

„Vielleicht sehen wir diejenigen, die die Herde verlassen haben“, so Franziskus, „als Widersacher oder Feinde. Wenn wir ihnen in der Schule, bei der Arbeit oder auf der Straße begegnen, warum sollten wir dann nicht daran denken, dass wir eine gute Gelegenheit haben, ihnen die Freude eines Vaters zu bezeugen, der sie liebt und sie nie vergessen hat?“. Es gebe ein gutes Wort für sie, und es sei unsere Ehre und Last, es zu tragen. Denn das Wort, Jesus, verlange dies von uns. Vielleicht „sind wir Jesus schon so lange nachgefolgt und haben ihn geliebt und haben uns nie gefragt, ob wir seine Gefühle teilen, ob wir im Einklang mit seinem seelsorgerischen Herzen leiden und riskieren“.

Es gehe nicht darum, andere zu bekehren, damit sie „zu uns“ gehörten, sondern darum, „sie zu lieben, damit sie glückliche Kinder Gottes sind. Bitten wir im Gebet um die Gnade eines seelsorgerischen Herzens. Denn ohne diese Liebe, die leidet und Risiken eingeht, laufen wir Gefahr, nur uns selbst zu hüten“.

Die Pilger und Besucher aus dem deutschen Sprachraum grüßte der Heilige Vater mit den folgenden Worten:

Herzlich heiße ich die Pilger deutscher Sprache willkommen. Bitten wir den Herrn, er möge unser Herz dem seinen ähnlich machen, auf dass auch wir unser Leben für das Wohl und das Heil unserer Brüder und Schwestern einsetzen können.

 


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