Radikale Lebenswende zweier Menschen: Die Eheleute und Künstler Helmut und Helga Dieken

5. Februar 2023 in Kultur


„Sie gingen gemeinsam vom Scheinwerferlicht ins wahre Licht und beiden wurde bewusst, dass ein jegliches Leben nur eine Leihgabe des Schöpfers ist“ - Bekehrungen: Zeugen von Gottes Barmherzigkeit. Gastbeitrag von Sylvia Sobel


Köln (kath.net) Von der radikalen Lebenswende zweier Menschen soll hier berichtet werden: Die Bekehrung der Eheleute Helmut und Helga Dieken. Beide lebten und arbeiteten lange Zeit als Künstler und Innenarchitekten im Umfeld der „High Society“ in Berlin, München und an der Côte d`Azur. International bekannt wurden sie durch ihre Wand- und Trompe-l`Oeil-Malerei (Illusionsmalerei), die ihnen ein weltweites Ansehen und einen ebensolchen Wirkungskreis eröffnete.

Im Rahmen ihrer phantasievollen und künstlerisch wertvollen Arbeiten kamen sie mit Prominenten und Politkern zusammen und erlangten so über die Jahre Ansehen und Wohlstand. Ihrer Frankophilie folgend, ließen sie sich in den siebziger Jahren im Künstlerort Saint-Paul de Vence im Hinterland von Nizza, nieder, erstanden dort ein repräsentatives Haus und gestalteten es als Kunstwerk. Alteingesessene Bewohner erinnern sich noch heute an dieses Juwel. Das Ehepaar führte nun an der Côte d`Azur ein luxuriöses und erfolgsverwöhntes Leben und erstand noch weitere Anwesen direkt am Meer.

Doch im Jahr 1981 gab es einen entscheidenden Wendepunkt in ihrem Leben.

Nach einem politischen Umschwung im Jahr 1981 kam Francois Mitterand mit Hilfe der kommunistischen Partei in Frankreich an die Macht. Die Angst vor der Enteignung ihrer Besitztümer beunruhigte seinerzeit viele wohlhabende Menschen, so auch Helga und Helmut Dieken. Diese Verunsicherung gipfelte schließlich in dem Wunsch, Frankreich mit Hab und Gut den Rücken zu kehren und in die Vereinigten Staaten auszuwandern.

Nachdem die wertvollen Besitztümer mit Verlust verkauft wurden, unternahmen sie die Reise in die Neue Welt. Auch dort erlebten sie Höhen und Tiefen, die sicher für mehrere Leben gereicht hätten, fanden wieder Ruhm und Anerkennung ihres künstlerischen Schaffens, aber auch Enttäuschungen im mitmenschlichen Bereich, die ihnen vor Augen hielten, wie flüchtig menschliche Beziehungen und Werte in der Welt des Reichtums und punktuellen Ruhmes sein können.

Während der Zeit in den USA ereilten sie mehrere Schicksalsschläge: Es kam zu existentiellen Einschnitten wie Börsencrash und Erdbeben, zugleich wurde ein Tumor bei Helga Dieken diagnostiziert.

Dies war nicht nur der Anlass einer erneuten Umsiedlung, dieses Mal zurück nach Deutschland, sondern vor allem der Beginn einer Entwicklung, welche die weitreichendsten Konsequenzen in ihrem bewegten Leben mit sich bringen sollte: Sie bekehrten sich zu einem lebendigen Glauben an den dreieinen Gott und kehrten mit ganzem Herzen in die liturgischen und spirituellen Reichtümer der Katholischen Kirche zurück. Diese Entwicklung vollzog sich freilich nicht parallel, Helga Dieken entdeckte beispielsweise zunächst das Rosenkranzgebet für sich und zog ihrem Mann Helmut durch Geduld und Gebetseifer mit auf ihrem Glaubensweg. Sie gingen nun gemeinsam vom Scheinwerferlicht ins wahre Licht und beiden wurde bewusst, dass ein jegliches Leben nur eine Leihgabe des Schöpfers ist.

Kurze Zeit nach ihrer Rückkehr wurde ihnen bereits klar: Sie sollen selbst eine christliche Gemeinschaft gründen und so verkauften sie die noch verbliebenen Luxusgegenstände und begannen mit dem Erlös ein neues Leben in der unbedingten Nachfolge Christi. Genauso, wie wir es im Markusevangelium, 10,21, nachlesen können: Verkaufe, was du hast und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben.

Helga Dieken schrieb in einem Selbstzeugnis aus dem Jahr 2002, dass ihre schwere Erkrankung ein wesentlicher Auslöser für die Bekehrung ihres Mannes gewesen sei. Durch die Hinwendung und Entdeckung des christlichen Glaubens im Rahmen der katholischen Rituale und Liturgie eröffnete sich dem Ehepaar der wahre und unvergängliche Reichtum eines menschlichen Lebens und Wirkens: Sie erkannten die mitunter wohltuende und stärkende Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, die wie sie auf dem Weg und in der Nachfolge Jesu waren, der im Johannesevangelium verspricht: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“

Bei allen Hindernissen, denen sie begegneten, verloren sie nicht den Glauben an den Segen Gottes über ihrem Leben und an seine Führung. Sie organisierten und begleiteten Fatimawallfahrten, Firmgruppen und waren aktiv in der Begleitung Aidskranker und ehemaliger Häftlinge.

In Anschluss an ihre 1993 offizielle und von der Kirche anerkannte Gründung der „Apostolatsgemeinschaft der Vereinten Herzen Jesu und Mariens.V.“ (A.V.H.J.M.e.V.) wurden die bereits aufgestellten Statuten mit festen Gebetszeiten, verbindlichen Regeln und dem „Ora-et-Labora -Prinzip“ des Heiligen Benedikt, das Gebet und Arbeit im Wechsel im Verlauf des Tages vorsieht, mit Leben und Begeisterung gefüllt. Wenige Jahre später, im November 1995, konnte die Apostolatsgemeinschaft endlich ein eigenes Haus in Waldbröl-Schnörringen  in Nordrhein Westfalen beziehen.

Wie der Name bereits andeutet, besteht ein Hauptaspekt der Spiritualität dieser Gemeinschaft in der Verehrung der Gottesmutter und in der Liebe und Anbetung des Altarsakraments. Hauptaufgaben der Gemeinschaft sind Katechese, Seelsorge im weitesten Sinne, Organisation von Einkehrtagen und Engagement im Bereich der Ökumene. Dies schließt auch ein Engagement im Bereich des Austauschs zwischen Christen und Muslimen mit ein.

Wie sehr wir heute Seelsorge benötigen, die diesen Namen verdient und die den Menschen als Geschöpf Gottes wahrnimmt, wird jeder aufmerksame Zeitgenosse wahrnehmen und bestätigen.  Der Wert und die Rolle der Familie werden in Frage gestellt, Menschen einander entfremdet und das ungeborene menschliche Leben wird der Selbstoptimierung geopfert. Wie segensreich sind da Gemeinschaften, die ohne Ansehen der Person oder der politischen und religiösen Orientierung, Menschen annehmen, stützen und begleiten. Die darüber hinaus den Wert und die Einzigartigkeit des Lebens vor und mit dem Schöpfergott erkennen und diese Erkenntnis in Liebe weiterverbreiten und leben.

Solche leidenschaftlichen Bekehrungen gab es zu allen Zeiten, denken wir nur an die Umkehr des Saulus zum Paulus im Neuen Testament. Erwähnenswert ist eine jede von ihnen, weisen sie doch auf das Wirken des Geistes Gottes hin und sind somit Licht auf dem Weg des Menschen zu allen Zeiten.

Heute führt Bruder Helmut die Gemeinschaft weiter im Sinne seiner verstorbenen Frau, der Gründerin der Apostolatsgemeinschaft, u.a. mit der Unterstützung der „Schwestern vom unbefleckten Herzen Mariens“ (IHM- Schwesternschaft).

Der Ausspruch der Gründerin, Helga Dieken, die 2007 ihrem langen Krebsleiden erlag, fasst all dies zusammen in dem Satz: „Die Gemeinschaft hat mit Gottvertrauen ihren Weg gefunden.“

Archivfoto Helmut Dieken (c) Helmut Dieken


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