29. Jänner 2023 in Kommentar
Die Art der Bestattung ist keine Nebensache. Der katholische Glaube drückt sich in der Erdbestattung aus. Durch Urnenbestattung wird der Glaube geschwächt. Das geschieht unmerklich, aber wirksam-Gastkommentar von Pfr. i. R. Wolfgang Tschuschke.
Bamberg (kath.net)
In den letzten Jahrzenten ist die Zahl der Feuerbestattungen bei uns in Deutschland stetig angewachsen. Das ging einher mit einer fortschreitenden Entfremdung der Menschen vom christlichen Glauben. Zunächst waren es Atheisten, Protestanten oder kirchenferne Katholiken, die sich für eine Leichenverbrennung entschieden haben. Dann aber haben sich mehr und mehr „ganz normale“ Katholiken angeschlossen. Neuerdings kann man auch in Todesanzeigen von Priestern das Wort „Urnenbeisetzung“ finden. Ist es also gleichgültig, auf welche Weise wir uns bestatten lassen?
Früher war es einfach. Für Katholiken kam nur die Erdbestattung in Frage. Bei einer Verbrennung des Leichnams gab es kein kirchliches Begräbnis. Das hat sich geändert. Seit 1964 hält die Kirche das Verbot der Leichenverbrennung nicht mehr aufrecht. Jetzt heißt es im kirchlichen Gesetzbuch: Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, daß die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen; sie verbietet indessen die Feuerbestattung nicht, es sei denn, sie ist aus Gründen gewählt worden, die der christlichen Glaubenslehre widersprechen (CIC, 1176,§ 3). In dem letzten Satz ist daran gedacht, daß jemand die Verbrennung seines Leichnams als ein Zeichen gegen den Glauben anordnet. Dann würde ihm das Begräbnis versagt. Aber das versteht sich ja von selbst. Wer den Glauben nicht hat, will ja gar nicht kirchlich begraben werden. Ohne Schnörkel gesagt: Man kann sich verbrennen lassen und bekommt dann auch ein kirchliches Begräbnis.
Unsere katholische Kirche gibt uns also in dieser Frage keine klare Weisung mehr. Leider. Jetzt muß jeder selber entscheiden. Hören wir noch einmal auf das, was im kirchlichen Gesetzbuch gesagt ist: Nachdrücklich empfiehlt die Kirche, daß die fromme Gewohnheit beibehalten wird, den Leichnam Verstorbener zu beerdigen. Die Beerdigung des Leichnams ist also ein fromme Gewohnheit. Was ist daran fromm?
1. Wir schließen uns damit dem Beispiel des Herrn an. Nach seinem Tod am Kreuz wurde sein Leichnam nicht verbrannt, sondern beerdigt. Der Fromme will seinem Herrn im Leben ähnlich werden und auch im Sterben. Deswegen möchte er, daß man es mit seinem Leichnam so hält wie bei Christus. Denn die Art der Bestattung ist keine Äußerlichkeit und keine Nebensache.
2. Die Kirche hat den Brauch der Beerdigung jahrhundertelang geübt. Es ist ein Zeichen von Frömmigkeit, sich den überlieferten Bräuchen der Kirche anzuschließen.
3. Unser Leib ist ein Tempel des Heiligen Geistes, sagt der Apostel Paulus (1 Kor 6,19). Deswegen halten wir unseren Leib in Ehren. Es stimmt nicht, wenn immer wieder behauptet wird, die Kirche sei leibfeindlich. Das Gegenteil ist der Fall. Deswegen hat sie jahrhundertelang ihre Gläubigen angeleitet, den Leib, der Tempel des Heiligen Geistes war, ehrfurchtsvoll zu behandeln und nicht etwa gewaltsam im Feuer zu zerstören und zu entsorgen.
4. Wir können nicht sagen, was bei der Auferstehung mit den Bestandteilen des Leibes im einzelnen geschieht. Das wäre Spekulation. Aber unsere Auferstehungshoffnung ist nicht vage und unbestimmt. Wir erhoffen die Auferstehung des Leibes. „Carnis resurrectio“ heißt es in unserem Glaubensbekenntnis, „Auferstehung des Fleisches“. Die älteren unter uns haben diese wörtliche Übersetzung noch aus ihrer Jugendzeit im Ohr. Christus ist mit verklärtem Leib im Himmel, seine Mutter ist mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen worden, und wir hoffen, daß auch wir mit verklärtem Leib bei Christus sein werden. Dieser Leib – nicht mehr gebrechlich und hinfällig, sondern verklärt – aber eben dieser Leib. Gott kann auch Menschen auferstehen lassen, wenn ihr Leib verbrannt ist. Aber können wir angesichts einer Aschenurne wirklich an die Auferstehung des Fleisches glauben?
5. Zur Frömmigkeit gehört auch, daß wir mit der Heiligen Schrift leben. Dort aber, in der Bibel, steht das Feuer durchgängig für das Gericht Gottes, für Vernichtung und Verderben. Für die vielen Stellen aus der Heiligen Schrift sollen hier nur zwei angeführt werden. Im Matthäusevangelium sagt Christus: Wie nun das Unkraut aufgesammelt und im Feuer verbrannt wird, so wird es auch am Ende der Welt sein: Der Menschensohn wird seine Engel aussenden, und sie werden aus seinem Reich alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und werden sie in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt. Dort werden sie heulen und mit den Zähnen knirschen (Mt 13, 49 f.).
Beim Propheten Jesaja findet sich das tröstliche Wort des Herrn: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir! Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißen sie dich nicht fort. Wenn du durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen. (Jes 43, 1.2).
Freilich handelt es sich hier nur um Bilder. Aber was heißt „nur“? Unsere Seele braucht Bilder für das Unvorstellbare. Und wir müssen sorgfältig mit diesen Bildern umgehen. Sie sollen uns im Herzen erreichen und prägen können. Das unterlaufen wir, wenn wir unsere Toten verbrennen.
6. Schließlich noch ein Hinweis aus seelsorgerlicher Erfahrung. Bei einer Feuerbestattung wird der Trauerprozess empfindlich gestört. Die Trauerfeier, so haben mir Menschen gesagt und ich habe es als Trauernder selbst erlebt, findet keinen rechten Abschluß, wenn der Sarg hinter einem Vorhang verschwindet oder wenn er auf ein Auto geladen wird, und das Auto fährt davon. Wie anders die Beerdigung: Der Sarg wird in die Erde gesenkt, an den endgültigen Ort, und die ersten Schaufeln Erde bedecken ihn. Damit ist ein gewisser Abschluß erreicht. Das ist hilfreich für die Trauernden, wenn sie sich wieder ihrem Alltag zuwenden sollen. Eine Urnenbeisetzung erfolgt meistens nach geraumer Zeit. Sie kommt für die Trauernden eigentlich immer zu spät. Und es fällt nicht leicht, einen Zusammenhang zwischen der Urne und dem Verstorbenen herzustellen. Der Verstand kann das. Aber das Herz?
Die Art der Bestattung ist keine Äußerlichkeit und keine Nebensache. Der christliche, katholische Glaube drückt sich in der Erdbestattung aus. Durch Verbrennung und Urnenbestattung wird der Glaube geschwächt. Das geschieht unmerklich, aber wirksam.
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