2. Februar 2023 in Aktuelles
Australischer Kardinal in der Kathedrale von Sydney beigesetzt - Erzbischof Fisher bezeichnet Pell vor Tausenden Trauergästen als "Löwe der Kirche" und kritisiert "Kampagne von Medien, Polizei und Politik"
Sydney (kath.net/KAP/red) In einer knapp vierstündigen Trauerfeier in der Marienkathedrale von Sydney hat sich die katholische Kirche in Australien am Donnerstag vom gestorbenen Kardinal George Pell verabschiedet. Pell sei ein "Löwe der Kirche" und "Gigant mit einer großen Vision" gewesen, sagte Sydneys Erzbischof Anthony Fisher laut dem Portal "Catholic Weekly" bei dem Trauergottesdienst. An der Trauerfeier nahmen in der Kathedrale und auf dem Vorplatz der Kirche mehrere Tausend Menschen teil. Anschließend wurde Pell in der Krypta der Kathedrale beigesetzt.
Kardinal Pell war überraschend am 10. Jänner in Rom im Alter von 81 Jahren gestorben. Er war der bislang ranghöchste katholische Geistliche, der wegen angeblichen sexuellen Missbrauchs verurteilt und inhaftiert wurde. Die Vorwürfe wies er stets alle zurück. 2020 sprach ihn Australiens Oberstes Gericht aus Mangel an Beweisen frei; nach 400 Tagen in Haft kam er wieder auf freien Fuß. Als Koordinator des vatikanischen Wirtschaftssekretariates war Pell von 2014 bis 2017 einer der mächtigsten Männer im Vatikan. Zuvor leitete er ab 1996 die Erzdiözese Melbourne und war im Anschluss von 2001 bis 2014 Erzbischof von Sydney.
Pell habe das Evangelium "ohne Scheu, vehement und mutig bis zum Ende" verkündet, sagte Erzbischof Fisher bei dem Trauergottesdienst, an dem auch die beiden ehemaligen Premierminister John Howard und Tony Abbott und der aktuelle Oppositionsführer im australischen Parlament, Peter Dutton, teilnahmen. Die Gerichtsverfahren gegen den Kardinal nannte Fisher australischen Medienberichten zufolge eine "Kampagne von Medien, Polizei und Politik". "Auch nachdem er vom Obersten Gerichtshof Australiens einstimmig entlastet wurde, dämonisierten ihn einige weiterhin. Aber viele schätzen das Vermächtnis dieses einflussreichsten Kirchenmannes in der Geschichte unseres Landes", sagte Fisher.
Eine der Trauerreden hielt David Pell, der Bruder des verstorbenen Kardinals. Er nannte die Vorwürfe gegen seinen Bruder eine "unerbittliche Kampagne zur Verleumdung von Georges Leben". Auch Berichte über mangelndes Mitgefühl des Kardinals gegenüber Missbrauchsbetroffene seien "einfach nicht wahr".
Rufe von außerhalb der Kathedrale Demonstranten "George Pell, fahr zur Hölle" waren in der Kathedrale laut Medienberichten an mehreren Stellen deutlich zu hören. Die Trauergäste reagierten darauf mit Applaus für den verstorbenen Kardinal.
Auch Ex-Premier Abbott, der einer der prominenten Weggefährten Pells war, verteidigte den verstorbenen Kardinal in seiner Rede am Ende des Gottesdienstes gegen Missbrauchsvorwürfe. Begleitet von wiederholtem Applaus der Trauergäste nannte er Pell unter anderem einen "Helden, der zum Sündenbock für die katholische Kirche gemacht wurde". Abbott forderte demnach unter anderem "Pell-Studiengänge, Kurse über die Spiritualität Pells, Pell-Vorlesungen, Pell-Gymnasien".
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