Nicaragua: Internationales Entsetzen über Verfolgung der Kirche

14. Februar 2023 in Weltkirche


Verurteilung von Dissidenten-Bischof Alvarez zu 26 Jahren Haft sorgt weltweit für Empörung - Viele Bischofskonferenzen solidarisch - USA und Spanien bieten exilierten Regimegegnern Visa und Staatsbürgerschaft


Managua (kath.net/KAP) Die weltweite Empörung über das brutale und willkürliche Vorgehen des Regimes in Nicaragua gegen die katholische Kirche und die Opposition hält an. Nachdem Papst Franziskus am Sonntag bei seinem Mittagsgebet seine Betroffenheit über die kurz zuvor bekannt gewordene Verurteilung von Bischof Rolando Alvarez zu 26 Jahren Haft sowie die Ausweisung von 220 Regierungsgegnern zum Ausdruck gebracht hat, meldeten sich auch der lateinamerikanische Bischofsrat CELAM sowie die Bischöfe Chiles und Spaniens zu Wort, berichtet das Portal "Vatican News". Bereits zuvor hatte Kardinal Jean-Claude Hollerich als Vertreter der EU-Bischöfe eine sofortige Freilassung von Alvarez gefordert.

"Solidarität, Verbundenheit und Gebet mit und für das Volk Gottes und seine Hirten" bekundete der Vorsitzende der Bischöfe Perus sowie des Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM), Erzbischof Miguel Cabrejos, der zugleich vor einer "Schwächung der Rechte der katholischen Gläubigen" warnte. Ähnlich kritisierten die chilenischen Bischöfe in einem Schreiben, dass in Nicaragua die "grundlegende Würde der Person und die Religionsfreiheit" verletzt würden. Das Urteil gegen Bischof Alvarez sei "ungerecht, willkürlich und unverhältnismäßig". Spaniens Bischofskonferenz äußerte Sorge um ihre Amtsbrüder, "die von der Regierung verfolgt werden, weil sie die Freiheit der Nicaraguaner verteidigen", und drängten auf eine Freilassung der politischen Gefangenen. Ähnlich äußerte sich auch die Kirche der Nachbarländer Panama und El Salvador.

26 Jahre wegen "Landesverrat"

Am Freitag (Ortszeit) war Bischof Alvarez in einem Schnellverfahren zu 26 Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der zuständige Richter bezeichnete ihn als "Landesverräter", der sich des "Ungehorsams" schuldig gemacht, die nationale Sicherheit untergraben und "Fake News" verbreitet habe. Zusätzlich zur Haftstrafe wurden dem 56-Jährigen die nicaraguanische Staatsbürgerschaft und seine zivilen Rechte entzogen. Machthaber Daniel Ortega selbst hatte am Freitag in einer Fernsehansprache das Urteil verkündet und bekanntgegeben, dass Alvarez in die Haftanstalt La Modelo überführt worden sei. Der Bischof hatte das Angebot einer Ausreise ausgeschlagen, um die Gläubigen und den Klerus seines Landes nicht im Stich zu lassen.

Alvarez war bereits im August unter Hausarrest gestellt worden; mit ihm wurden zahlreiche weitere Priester festgenommen. Sie hatten - ebenso wie er - wiederholt die herrschenden Zustände in Nicaragua offen angeprangert. Im Jahr 2022 hatte die nationale Regierung den Apostolischen Nuntius, Erzbischof Waldemar Stanislaw Sommertag, und 18 Nonnen des Ordens der Missionare der Nächstenliebe ausgewiesen. Außerdem wurden sieben Priester und zwei Mitarbeiter in der Diözese Matagalpa inhaftiert, neun katholische Radiosender geschlossen, drei katholische Sender aus dem Abonnementfernsehen gestrichen und Prozessionen und Wallfahrten verhindert.

Kirche kämpft für Menschenrechte

Im Fadenkreuz des Ortega-Murillo-Regimes steht die nicaraguanische Kirche deshalb, da sie der Mitschuld am friedlichen Aufstand vom April 2018 beschuldigt wird. Sie soll versucht haben, die Demonstranten vor der brutalen Repression zu schützen, die 350 Menschenleben gekostet hat. Bischof Alvarez hatte damals ein Treffen des Regimes mit den Bischöfen verlangt, erklärte Präsident Ortega in seiner jüngsten Ansprache vom Freitag, in der er diese Forderung als "absurd" zurückwies. Der ehemalige sandinistischer Guerillaführer war Ende 2021 in Scheinwahlen - nach Dutzende von Verhaftungen von Dissidenten und sieben Präsidentschaftskandidaten - für eine vierte Amtszeit wiedergewählt worden.

Noch vor Bekanntwerden des hohen Strafausmaßes für Alvarez hatte sich in der Vorwoche der Präsident der EU-Bischofskommission COMECE, Kardinal Hollerich, solidarisch mit der katholischen Kirche in Nicaragua gezeigt und die sofortige Freilassung von Bischof Alvarez und der anderen Inhaftierten gefordert. "Wir verfolgen aufmerksam die Entwicklung der Situation in Nicaragua, die durch die Verfolgung der katholischen Kirche und ihrer Gläubigen gekennzeichnet ist. Als Bischöfe der COMECE verpflichten wir uns, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit in Nicaragua durch unseren regelmäßigen Dialog mit den Vertretern der EU-Institutionen zu fördern", hieß es in dem Schreiben.

Spanien bot Staatsbürgerschaft an

Auch die Vereinigten Staaten, die die übrigen Gefangenen mit humanitären Visen versehen und deren Freilassung ausgehandelt hatten, forderten am Wochenende erneut die Freilassung des regimekritischen Bischofs Alvarez. Die spanische Regierung gab indes bekannt, den 222 in die USA abgeschobenen politischen Gefangenen, die nunmehr staatenlos geworden sind, die spanische Staatsbürgerschaft anzubieten. Außenminister Jose Manuel Albares versprach dazu ein "schnelles Verfahren". Unter den Freigelassenen ist auch die ehemalige Präsidentschaftskandidatin Cristiana Chamorro und ihr Bruder und ehemaliger Minister Pedro Joaquin Chamorro - beide sind Kinder der ehemaligen Präsidentin Violeta Barrios de Chamorro (1990-1997) - sowie andere Politiker, die Ortega bei den letzten Wahlen herausfordern wollten.

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Archivfoto: Bischof Alvarez bei seiner Verhaftung


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