Pater Kraschl OFM: Gibt es belastbare Gottesbeweise?

2. März 2023 in Spirituelles


Frag den Theologen –„ Schon als Jugendlicher wurde mir irgendwann klar: Wenn es überhaupt vernünftige Antworten auf die Fragen nach dem Woher, dem Wohin und dem Sinn gibt, dann haben sie wohl mit Gott zu tun.“


Salzburg (kath.net/Antonius) kath.net übernimmt den Beitrag von Pater DDr. habil. Dominikus Kraschl OFM aus dem „Antonius“ in voller Länge und dankt der Zeitschrift der österreichischen Franziskaner für die freundliche Erlaubnis zur Weiterveröffentlichung.

P. Dominikus, mich würde die Frage interessieren: Gibt es so etwas wie gültige Gottesbeweise? (Sabine Wolfsegger, 41)

P. Dominikus: Seit meiner Jugend treiben mich drei Fragen um: Erstens, warum gibt es überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts? Zweitens: Warum sind die Dinge so, wie sie sind, obwohl sie allem Anschein nach auch ganz anders sein könnten? Drittens: Gibt es einen Lebenssinn, den wir dem Leben nicht selbst geben, den wir nicht erfinden, sondern nur finden können?

Der antike Philosoph Platon bezeichnete das Staunen als den Anfang der Philosophie. Das Staunen über die großen Fragen eröffnete mir auch einen Zugang zur Bedeutung des Gottesgedankens. Schon als Jugendlicher wurde mir irgendwann klar: Wenn es überhaupt vernünftige Antworten auf die Fragen nach dem Woher, dem Wohin und dem Sinn gibt, dann haben sie wohl mit Gott zu tun.

Im Rahmen meiner akademischen Tätigkeit durfte ich mich wiederholt mit der Frage beschäftigen, was man von den sogenannten Gottesbeweisen halten soll. Um irreführende Assoziationen und falsche Erwartungen zu vermeiden, spreche ich lieber von philosophischen Argumenten für Gottes Existenz. Im Folgenden stelle ich drei Beispiele für solche Argumente vor, die zugleich Antworten auf die oben gestellten Fragen darstellen.

1.    Das kosmologische Argument

Sein Ausgangspunkt ist, dass es einen Grund und eine Erklärung dafür geben muss, dass unser Universum tatsächlich existiert, obwohl es nicht existieren müsste. Daraufhin wird gezeigt, dass als befriedigende Erklärung nur eine vom Universum verschiedene Wirklichkeit in Betracht kommt, die notwendigerweise existiert, d. h. die nicht nicht existieren könnte. Es muss sich um eine notwendigerweise existierende, unvorstellbar mächtige Wirklichkeit geistiger Art handeln, die das Universum hervorgebracht hat. Genau das aber nennt man herkömmlich Gott.

2. Das Finetunig-Argument

Es geht von der Beobachtung aus, dass die Naturkonstanten unseres Universums (z. B. starke und schwache Kernkraft, Gravitation, kosmologische Konstante, Entropie usf.) so fein aufeinander abgestimmt sind, dass bereits minimalste Abweichungen die Entstehung von Leben unmöglich gemacht hätten. Die Feinabstimmung bedarf einer Erklärung. Als Erklärung kommen entweder Zufall, Notwendigkeit oder ein transzendenter Designer in Betracht. Da Zufall extrem unwahrscheinlich und Notwendigkeit extrem unplausibel ist, bleibt nur die Möglichkeit eines unvorstellbar mächtigen und intelligenten Designers, der zugleich sein Schöpfer ist. Genau das aber nennt man herkömmlich Gott.

3. Das moralische Argument

Sein Ausgangspunkt ist, dass die Existenz objektiver Werte wie der Menschenwürde und moralischer Pflichten wie „Es ist stets moralisch verwerflich, Menschen zum Spaß zu quälen“, eines Grundes und einer Erklärung bedarf. Solche Werte und Pflichten liegen gesellschaftlichen Vereinbarungen und staatlichen Gesetzen voraus, weshalb sie nicht durch sie erklärt werden können. Worin aber gründet ihre Existenz dann? Was erklärt ihre das Gewissen bindende Autorität? Es spricht viel dafür, dass objektive moralische Werte und Pflichten in einer vollkommen guten, personalen Wirklichkeit gründen. Denn nur eine solche Wirklichkeit wäre eine absolute moralische Autorität. Und nur eine solche Wirklichkeit kann als absoluter Maßstab des Guten und als moralischer Gesetzgeber fungieren. Genau das aber nennt man herkömmlich Gott.

Freilich gibt es zu jedem der genannten Argumente ganze Regale an Fachliteratur. Soweit ich sehe, lassen sich die drei hier skizzierten Argumente aber überzeugend gegen die Einwände verteidigen, die im Lauf der Zeit gegen sie vorgebracht wurden.

Wenn diese Einschätzung zutrifft, dann gibt es belastbare philosophische Argumente für die Existenz Gottes. So gesehen ist die Frage, ob Gott existiert oder nicht, nicht nur eine Frage des Glaubens, sondern durchaus auch eine Frage der Vernunft.

 


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